Der Zusammenbruch
endlich in Bewegung setzten, erschien der Marschall Mac Mahon, verzweifelt, hier immer noch Truppen vorzufinden, von denen er glaubte, sie seien am Morgen schon von la Besace aufgebrochen, da sie nur ein paar Kilometer bis Mouzon zu laufen hatten. Er hatte auch eine lebhafte Auseinandersetzung mit General Douay. Es wurde beschlossen, die erste Division mit dem Troß ihren Marsch auf Mouzon fortsetzen zu lassen; die beiden andern Divisionen sollten aber, um nicht weiter durch die so langsame, schwerfällige Vorhut in Rückstand gebracht zu werden, die Straße nach Raucort und d'Autrecourt einschlagen, um die Maas bei Villers zu überschreiten. Das bedeutete bei der Eile, mit der der Marschall den Fluß zwischenseine Heeresgruppe und den Feind bringen wollte, daß es wieder weiter nach Norden hinaufginge. Koste es, was es wolle, er mußte abends auf dem rechten Ufer stehen. Und die Vorhut war noch in Oches, als eine preußische Batterie von einem entfernten Gipfel aus der Richtung von Saint-Pierremont her mit ihren Schüssen das Spiel vom Abend vorher wieder begann. Zuerst antwortete man dummerweise; dann zogen die letzten Truppen ab.
Bis gegen elf Uhr folgten die 106er langsam der Straße, die sich auf dem Grunde des Passes von Stonne zwischen hohen Hügeln hinwindet. Links steigen die Gipfel nackt und abschüssig an, während von den sanfteren Abhängen rechts sich Wälder herunterziehen. Die Sonne war wieder durchgekommen; es war sehr heiß in diesem engen Tal mit seiner drückenden Einsamkeit. Hinter la Berlière, das von einem hohen, traurigen Kalvarienberg überragt wird, gab es weiter keinen Hof mehr, keine Seele, kein Tier mehr auf den Weiden. Und die Mannschaften, so müde und so hungrig schon vom Abend vorher, hatten kaum geschlafen, nichts gegessen und schleppten die Füße mutlos weiter, während ein dumpfer Zorn in ihnen die Oberhand gewann.
Bei einer Rast am Wegesrande ertönte dann plötzlich von rechts Geschützdonner. Die Schüsse klangen so klar und tief, daß der Kampf nicht weiter als zwei Meilen entfernt sein konnte. Ihre Wirkung auf die Leute, die es so satt hatten, sich immer zurückzuziehen, und von dem vielen Halten so entnervt waren, war außerordentlich. Alle gerieten auf die Beine und vergaßen zitternd ihre Müdigkeit: warum ging es nicht weiter? Sie wollten fechten, sich eher den Schädel einschlagen lassen, als so in Verwirrung weiterfliehen, ohne zu wissen, wohin noch warum.General Bourgain-Desfeuilles war sofort rechts auf einen Hügel gestiegen und hatte den Oberst von Vineuil mitgenommen, um sich über das Gelände klar zu werden. Man sah sie da oben zwischen zwei kleinen Gehölzen ihre Feldstecher gebrauchen; und sofort sandten sie einen sich bei ihnen befindenden Adjutanten mit dem Befehl, die Franktireurs zu ihnen zu schicken, falls sie noch da wären. Ein paar Leute, Jean, Maurice und noch einige, begleiteten sie für den Fall, daß noch irgendwelche Hilfe nötig sein würde.
Sowie der General Sambuc bemerkte, schrie er:
»Was für ein verdammtes Land mit diesen Hügeln und diesen ewigen Wäldern! ... Hören Sie, wo ist das, wo fechten sie?«
Sambuc, dem Ducat und Cabasse nicht von den Hacken wichen, horchte und prüfte einen Augenblick den weiten Horizont, ohne zu antworten. Nahe bei ihm betrachtete Maurice gleichfalls die gewaltig sich hinziehenden Täler und Wälder. Man hätte sagen mögen: ein riesiges, unendliches Meer mit mächtigen, langsamen Wellen. Die Wälder bildeten dunkelgrüne Flecke auf dem gelben Erdboden, während die entfernteren Hänge in der glühenden Sonne in einem rötlichen Dunst versanken. Und ohne daß man irgend etwas sehen konnte, selbst nicht einmal eine kleine Rauchwolke am klaren Himmel, donnerten die Geschütze immerfort mit all dem Lärm eines entfernten, heranziehenden Gewitters.
»Da rechts liegt Sommauthe,« sagte Sambuc endlich, indem er auf einen hohen, grünbekränzten Gipfel wies. » Yonca liegt da, nach links... Sie schlagen sich bei Beaumont, Herr General.«
»Ja, bei Varniforêt oder bei Beaumont«, bekräftigte Ducat. Der General brummelte leise vor sich hin.
»Beaumont, Beaumont, in diesem verfluchten Lande weiß man nie...«
Dann ganz laut:
»Und wie weit liegt dies Beaumont von hier?«
»Etwa zehn Kilometer, wenn man den Weg von le Chêne nach Stenay nimmt, der da unten vorbeigeht.«
Das Geschütz schwieg nicht, sondern schien von Westen nach Osten in einem ununterbrochenen Donnerrollen fortzuschreiten. Und Sambuc setzte
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