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Der Zusammenbruch

Der Zusammenbruch

Titel: Der Zusammenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Fehlern hatte in ihren Gehirnen kein anderer Gedanke mehr Platz, um eine solche Reihe von Unglücksfällen zu erklären, als der an Verrat.
    »Wir sind verkauft!« ertönte es überall wie närrisch.
    Und Loubet kam eine Ahnung.
    »Da liegt das Schwein von Kaiser mit seinem Gepäck, da unten auf der Straße und hält uns auf,«
    Das verbreitete sich sofort. Ganz sicher wußten sie, das Hindernis bestände in dem Durchzug des kaiserlichen Haushalts, der ihre Abteilung abschnitte. Es erhob sich ein Gefluche in scheußlichen Worten, in denen sich all der Haß gegen die unverschämten Leute des Kaisers ausdrückte, die die Städte belegten, in denen sie übernachten sollten, und ihre Vorräte, ihre Weinkörbe, ihr Silbergeschirr vor den von allem entblößten Soldaten auspackten, die die Küchen zum Glühen brachten, während sie arme Teufel sich den Bauch zusammenschnüren könnten. Ach! dieser elende Kaiser, ohne Thron jetzt und ohne Befehlsgewalt, einem ausgesetzten Kinde gleich in seinem Reiche, den man wie einen unnützen Packen zwischen dem Gepäck seiner Truppen mitschleppte, dazu verurteilt, das Trugbild seines kaiserlichen Hofstaates hinter sich herzuschleppen, seine Hundertgarden, seine Kutschen, seine Pferde, Köche, Gepäckwagen, den ganzen Glanz seines mit Bienen bestickten Krönungsmantels, der nun von den Straßen das Blut und den Schmutz der Niederlage auffegen konnte!
    Schlag auf Schlag fielen zwei weitere Granaten. Die eine nahm Leutnant Rochas beim Bersten sein Käppi mit weg. Die Reihen preßten sich zusammen, es bildete sich ein mächtiger Andrang, eine plötzliche Welle aus, deren Rücklauf sich weithin bemerkbar machte. Die Stimmen erstickten, Lapoulleschrie wie ein Besessener, sie sollten vorwärts gehen. Vielleicht noch eine Minute, und es wäre zu einem furchtbaren Unheil gekommen, zu einem Rette-sich-wer-kann, das die Leute auf dem Grunde dieses engen Hohlweges in fürchterlichem Gemenge zerdrückt hätte.
    Ganz blaß wandte der Oberst sich um.
    »Kinder, Kinder, noch ein wenig Geduld! Ich habe schon jemand geschickt, der nachsehen soll ... Es geht schon weiter.«
    Es ging nicht weiter, und die Sekunden wurden zu Jahrhunderten. Jean hatte schon Maurice in seiner schönen Kaltblütigkeit bei der Hand genommen und ihm ins Ohr geflüstert, daß, wenn die Kameraden drängten, sie beide nach links springen und zwischen den Wäldern am andern Flußufer heraufklettern wollten. Seine Blicke suchten die Franktireurs in dem Gedanken, daß diese die Wege kennen müßten; aber es wurde ihm gesagt, sie wären beim Durchzug durch Raucourt verschwunden. Und mit einemmal ging es weiter, sie kamen um eine Ecke des Weges und waren von da an unter Schutz vor den deutschen Batterien. In der Verwirrung dieses Unglückstages erfuhren sie späterhin, daß es die vier Kürassierregimenter der Brigade Bonnemain gewesen seien, die das siebente Korps derartig durchschnitten und aufgehalten hatten.
    Die Nacht kam herauf, als die 106er durch Angecourt zogen. Rechts zogen sich weitere Gipfel hin; aber der Paß erweiterte sich links, in der Ferne erschien ein bläuliches Tal. Endlich sah man von den Höhen von Remilly in den Abendnebeln ein blaßsilbernes Band zwischen endlos weit sich hinziehenden Wiesen und Feldern. Das war die Maas, die so heißersehnte Maas, von der her ihnen der Sieg zu winken schien.
    Und indem Maurice den Arm gegen die kleinen Lichter in der Ferne ausstreckte, die fröhlich im Grünen auf dem fruchtbaren Talboden funkelten, von köstlichem Reiz in der sanften Dämmerung, da sagte er in der freudigen Erleichterung jemandes, der ein geliebtes Land wiederfindet, zu Jean:
    »Siehst du da unten... das ist Sedan!«
     

7.
    An Remilly verstopfte ein fürchterliches Gewirr von Menschen, Pferden und Wagen die abschüssige Straße, die sich in Windungen nach der Maas hinunterzieht. Auf halber Höhe vor der Kirche hatten sich Geschütze mit den Rädern ineinandergefahren und konnten trotz Fluchen und Schlagen nicht weiter fortgebracht werden. Unten bei der Spinnerei, wo ein Fall der Emmane rauscht, versperrte ein ganzer Schwanz von gescheiterten Gepäckwagen den Weg; ein unaufhaltsam anwachsender Strom von Soldaten schlug sich währenddessen vor dem Wirtshaus zum Malteserkreuz, ohne auch nur ein Glas Wein erhalten zu können.
    Dieser wütende Andrang verlor seine Kraft erst am äußersten südlichen Ende der Stadt, wo eine Baumgruppe sie vom Flusse trennt, über den die Pioniere am Morgen eine Schiffsbrücke

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