Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.
entlassen werden. Aber Dr. Mele will kein Risiko eingehen. Er rätselt noch immer über das Todes-Gen. Deshalb läßt er Mary Frances nach Boston in eine Spezialklinik bringen. Dort werden an dem Kind alle erdenklichen Tests, auch genetische, vorgenommen. Das Ergebnis ist negativ: Möglicherweise habe eine nicht erkannte Stoffwechselstörung die Erkrankung verursacht. Deshalb soll das Kind an einen Apnoe-Monitor angeschlossen werden. Dieses Gerät alarmiert die Mutter bei drohendem Atemstillstand.
Mit dieser Sicherheitsvorkehrung wird Mary Frances nach Hause entlassen.
Vier Wochen später wiederholt sich alles – diesmal aber mit tödlichem Ausgang.
Wieder stürmt Marybeth weinend mit dem leblosen Kind in die Klinik. Als das Alarmsignal des Apnoe-Monitors ertönte, so berichtet Marybeth, habe das Kind bereits bewußtlos im Körbchen gelegen. Dr. Mele stellt Herzstillstand fest. Eine Wiederbelebung hat Erfolg. Aber das Gehirn ist geschädigt, weil es zu lange ohne Sauerstoff geblieben war. Mary Frances wird an ein Atemgerät angeschlossen.
In den Gängen der Klinik läuft eine verzweifelt schluchzende Mutter hin und her, fragt immer wieder Ärzte und Schwestern, ob ihr Kind nicht doch noch zu retten sei. Oder ob es in eine andere, besser ausgestattete Spezialklinik gebracht werden könnte.
Nein, erhält sie immer wieder zur Antwort, das Kind sei nicht zu retten, das Hirn sei zerstört. Marybeth möge mit ihrem Mann beraten, ob die Geräte, die Mary Frances noch an bewußtlosem Leben erhalten, nicht abgeschaltet werden sollten. Marybeth protestiert energisch gegen diesen Rat. »Und wenn ich jahrelang an Mary Frances' Bett wachen müßte!« ruft sie zornig. Man hält ihr entgegen, sie habe noch ein Kind daheim, im gleichen Alter wie Mary Frances, das brauche jetzt ihre Fürsorge.
Einige Tage später willigt Marybeth schließlich ein, das Lebenserhaltungssystem von Mary Frances abzuschalten.
In diesen Tagen herrscht in der Klinik eine unheilvolle Stimmung. Gerüchte gären, Marybeth habe ihr Kind getötet. Aber wie? Mit elektrischem Strom? Mit Gift? Mit einer Plastiktüte erstickt?
Dem Chefkinderarzt Dr. Lobovits kommt das Geflüster zu Ohren. Er hört sich Dr. Meles Hypothese von einem Todes-Gen an und ist nicht bereit, sie zu akzeptieren. Er veranlaßt Tests auf Gifte und Stoffwechselerkrankungen. Die Analysen sind negativ. Daraufhin ordnet er eine Obduktion an.
Die Obduzentin Dr. Christman, zuvor mit dem Verdacht auf einen Mord vertraut gemacht, sucht bei der Obduktion außerordentlich gründlich nach der Todesursache. Sie findet keine Anzeichen für die Einwirkung von elektrischem Strom, keine für eine Vergi ftung, auch nicht für eine Erstickung. Dabei ist ihr bewußt, wie schwierig es ist, eine Erstickung festzustellen, besonders dann, wenn sie mechanisch erfolgt ist. Wenn also jemand dem Opfer von außen durch einen weichen Gegenstand, ein Kissen etwa, die Atemwege verschließt. Das hinterläßt meist keine äußerlichen Spuren. Die inneren Anzeichen, die ein solcher gewaltsamer Erstickungstod hervorruft, sind aber auch bei einer nicht gewaltsamen Erstickung zu finden, wie sie bei natürlichem Tod entstehen kann. Gewaltsame und innerlich bedingte Erstickung lassen sich also nicht immer klar gegeneinander abgrenzen.
Dr. Christman kommt zur Schlußfolgerung, daß sich bei einem Baby wie Mary Frances eine gewaltsame Erstickung nicht nachweisen läßt und plötzlicher Kindstod nicht auszuschließen sei. Im Obduktionsbefund gibt sie an: »Keine anatomisch erklärbare Todesursache.«
Dr. Mele hat den Abschlußbericht zu schreiben. Dabei verändert er die von der Obduzentin offen gelassene Todesursache in die definitive des »plötzlichen Kindstodes«. Trotzdem verstummen die Mordgerüchte nicht. Zwei Kriminalisten erfahren davon. Sie suchen den zuständigen Staatsanwalt auf und fordern eine Untersuchung. Das sei der sechste rätselhafte Todesfall in der Familie Tinning.
Der Staatsanwalt fragt den amtlichen Leichenschauarzt Dr. Sullivan um Rat. Dr. Sullivan liest die Berichte und erklärt dann, es läge plötzlicher Kindstod vor, das erfordere keine weitere Untersuchung.
Die Leiche von Mary Frances darf bestattet werden. Marybeth begibt sich zum Bestattungsunternehmen Daly. Auch für Daly ist Marybeth keine Unbekannte. Er hat die Särge für die zuvor verstorbenen Kinder geliefert und die Beerdigungen arrangiert. Auch er hat sich über die Todesserie gewundert, von der die Tinnings heimgesucht werden. Er
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