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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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Natur. Aber der Hauptantrieb für seine Morde war wohl doch die Habgier. Schon zur Zeit, als er noch Chefarzt und Bürgermeister war, wurde Petiot überführt, das städtische Elektrizitätsnetz angezapft und auch ständig Benzin für seinen Privatbedarf gestohlen zu haben. Später betrieb er unter Mißbrauch seines ärztlichen Berufes Rauschgifthandel.
    Bis er sich dann mit dem Serienmord eine anscheinend unversiegliche Quelle des Reichtums erschloß. Wahrscheinlich hat das Morden als Nebeneffekt seinen Sadismus befriedigt. Typisch auch für einen Serienmörder, daß er »klein« anfängt – mit Diebstahl, und »groß« endet, mit Mord. Und daß er den einmal »erlernten« modus operandi beibehielt: wie er seine Opfer auftrieb, anlockte, tötete und beseitigte.
    In seiner Gesamtheit zeigt der Fall Petiot, der mit einem Todesurteil endete, sehr deutlich das Zusammenspiel objektiver Bedingungen und subjektiver Antriebe.
    Petiot inszenierte perfekt sein Doppelleben. Seine Patienten ahnten hinter der Maske des verständnisvollen Arztes, die Bürger hinter der Larve des Bürgermeisters und Menschenrechtlers, die Mordopfer hinter seiner Rolle als rettender Engel nichts von seiner verbrecherischen Habgier. Der Täter Petiot war in dieser Hinsicht selbst wieder ein Opfer jener Macht der bürgerlichen Gesellschaft, die Marx die »verkehrende Macht des Geldes« nannte: »Was das Geld kaufen kann, das bin ich, der Besitzer des Geldes selbst. So groß die Kraft des Geldes, so groß ist meine Kraft. Die Eigenschaften des Geldes sind meine seines Besitzers – Eigenschaften und Wesenskräfte. Was ich in der Eigenschaft als Mensch nicht vermag, was also alle meine individuellen Wesenskräfte nicht vermögen, das vermag ich durch das Geld. Das Geld macht also jede dieser Wesenskräfte zu etwas, was sie an sich nicht ist, d. h. zu ihrem Gegenteil.« Habgier, die Gier, Geld zu haben, ist das Mittel, die eigene arme Individualität zur Allmacht aufzublähen. Sie hat auch Petiots Menschlichkeit, zu der ihn sein ärztlicher Eid verpflichtet hatte, ins Gegenteil verkehrt, in die Unmenschlichkeit des Mörders.
    Niemals jedoch hätte Petiots Habgier dieses mörderische Ausmaß angenommen, hätte nicht die nazistische Judenverfolgung ihm die Opfer zugetrieben. Die französische Polizei war in ihrer Ermittlung gehemmt. Die Presse durfte über Vorgänge, die Juden betrafen, nicht berichten. Es gab keine verläßlichen Listen über Vermißte. Die Verwandten der Opfer wagten nicht, bei den Behörden nachzufragen. Petiots Opfer waren Verfolgte, Rechtlose. Ihrem Verschwinden nachzuforschen war gefährlich oder sogar unmöglich.

2. Kapitel

    Die Beleidigten

    Wut

    »Mein Kind! Mein Kind stirbt!« ruft die Frau, die sich in der Notaufnahme durch die Menge wartender Patienten einen Weg bahnt. Die Frau trägt einen leblosen Säugling im Arm.
    Eine Schwester erscheint. »Mein Gott, Mrs. Tinning!
    Nein! Nicht schon wieder!« Sie bringt Mutter und Kind sofort zu Dr. Mele. Daß beide dem Leiter der Kinderabteilung persönlich vorgestellt werden, verdankt Mrs. Tinning ihrer langjährigen Beziehung zum St.-Clare-Hospital Marybeth Tinning ist für Dr. Mele keine Unbekannte. Im Verlauf von sieben Jahren sind ihr fünf Kinder gestorben, im Säuglingsalter an plötzlichem Kindstod.
    Der plötzliche Kindstod ereilt bis dahin scheinbar gesunde Säuglinge, meist im Alter von zwei bis drei Monaten. Er wird durch plötzlichen Sauerstoffmangel hervorgerufen. Eine Fehlfunktion des Gehirns bewirkt den Ausfall der Atmung. Der plötzliche Kindstod tritt äußerst selten auf.
    Voll tiefen Mitgefühls blickt Dr. Mele die Mutter an, als er ihr den Säugling abnimmt. Noch nie in seiner jahrzehntelangen Praxis hat Dr. Mele eine Familie kennengelernt, die ein so düsteres, ja tragisches Schicksal erdulden muß. Und nun schon wieder, wenn der erste Augenschein nicht trügt, ein neuer, vielleicht der sechste Todesfall!
    Während er das Baby, ein Mädchen, untersucht, berichtet die Mutter schluchzend: »Ich fand Mary Frances bewußtlos in ihrem Körbchen. Und brachte sie sofort hierher.«
    Dr. Mele vermutet die Gefahr plötzlichen Kindstodes. Er ordnet Wiederbelebungsversuche an. Der Atemstillstand führt zur Erstickung, die unrettbar das Hirn schädigen würde.
    Es gelingt, Mary Frances wiederzubeleben. Das Baby soll zur Beobachtung noch einige Tage in der Klinik bleiben. Die Mutter ist sehr unglücklich, ihr Kind so lange entbehren zu müssen. Deshalb gestattet ihr Dr.

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