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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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psychischen Störungen? Die Antwort haben die Psychiater bereits gegeben: Tschikatilos Taten entspringen einem komplexen Geflecht von Ursachen.
    Einige dieser Ursachen, wenn auch nicht alle, sind in Tschikatilos Lebenslauf sichtbar geworden. Jeder Mord, so schrieb die Psychologin Alice Miller, erzähle etwas über die Kindheit des Mörders. Auch Tschikatilos Kindheit erzählt etwas über den späteren Täter.
    Da ist die Bettnässerei bis ins Alter von zwölf Jahren. Bettnässen gilt als ein neurotisches Zeichen. Oskar Pfister deutet sie als Handlung eines »unbewußt Genußsüchtigen, eine nächtliche Zärtlichkeitserpressung« zum Zweck erhöhter Aufmerksamkeit und Zuwendung durch die Mutter. Vermißte Tschikatilo die Mutterliebe?
    Da sind die Erzählungen der Mutter über Hungersnot und Menschenfresserei: der eigene Bruder Opfer von Kannibalen. Das Grauen war in die Familie des Kindes eingedrungen, hauste noch schemenhaft im eigenen Heim.
    Da ist die extreme Kurzsichtigkeit, die ihn in der Schule verunsicherte und ihm den Spott der Mitschüler eintrug.
    Da ist seine körperliche Schwäche als Kind, die ihn hilflos den Stärkeren auslieferte.
    Da ist die Abwesenheit des Vaters, erst während des Krieges, später während seiner Verbannung. Vielen Serienmördern, so stellte der amerikanische Kriminologe R. Ressler fest, hatte während ihres Heranwachsens der Vater gefehlt.
    Da ist die Lektüre über die Heldentaten der Partisanen. Und zugleich die Schande, Sohn eines Deserteurs zu sein.
    Da ist die Flucht in den Wald, in dem er den einsamen Partisan spielt und seine »Feinde« tötet. Später beging Tschikatilo die meisten seiner Morde im Wald.
    Da ist die Ablehnung seines Studienwunsches.
    Da sind seine organisch (und wohl auch psychisch) bedingten sexuellen Störungen, die ihm ein Gefühl der Minderwertigkeit und zugleich maßloser Wut bereiten.
    Da ist sein gescheiterter Versuch, leichter mit Kindern sexuelle Befriedigung zu finden.
    Da ist seine wachsende Isolierung von den Menschen: Als Lehrer verspottet, von Schülern verprügelt, als Leiter im Betrieb nicht ernstgenommen und aus der Arbeitsstelle entlassen.
    Da ist der sexuelle Frust in der Ehe, seine Flucht in das halbverfallene Haus, die Last seines Doppellebens.
    Kein einzelner dieser Lebensumstände macht einen Mann zum Massenmörder, nicht einmal, wenn sich mehrere solcher Situationen zusammenballen. Aber Tschikatilos physische und psychische Struktur war so beschaffen, daß er in einen permanenten Zustand der Demütigung und Beleidigung geriet, der zum schwelenden Haß auf sich selbst und seine Umwelt führte. Dieser Haß wurde zu seinem quälenden Lebensgefühl, das er nur noch durch Mord – durch das Erlebnis schrankenloser Macht – vorübergehend dämpfen konnte: »Ich ließ meine ganze Wut und meine Rachegefühle an den Genitalien meiner Opfer aus. Manchmal hat mich auch das nicht erleichtert, so daß ich in letzter Wut neben der Leiche meines Opfers einen Baum verwundete.« Dann, wenn die Wut gloriosem Machtrausch gewichen war, kam es vor, daß er die Toten umtanzte und ihr zartes Fleisch kaute. Er fühlte sich als Sieger über »Abschaum und klassenfeindliche Elemente«, seine Morde waren für ihn eine patriotische Tat.
    Dann wieder bezeichnete er sich selbst als eine Bestie, ein andermal als »liebevoll und sensibel und vollkommen schutzlos gegenüber seinen Schwächen«.
    Ein Wahnsinniger? Die Psychiater verneinen es trotz aller bei ihm festgestellten – auch organisch bedingten – Schäden. Er sei voll verantwortlich für seine Taten, denn er habe nicht unter einem unwiderstehlichen Zwang, sondern geplant und vorsätzlich getötet. So hatte er stundenlang seine Opfer beobachtet und ausgewählt, und zwar solche, die er ohne Risiko ermorden konnte: Frauen und Kinder, niemals einen Mann. Er trug das Mordmesser stets bei sich. Er lockte die Opfer an einen für ihn sicheren Tatort. Er beseitigte alle verräterischen Spuren. Mehrmals ließ er ein ausgewähltes Opfer unbehelligt, wenn er Gefahr witterte – konnte also jederzeit seine Mordlust zurückdrängen. Auch während der Tat handelte er nicht in einem psychischen Dämmerzustand. Seine Erinnerung war ungetrübt.
    Tschikatilo wurde zum Tode verurteilt. Die Öffentlichkeit, besonders die Hinterbliebenen der Opfer, nahmen das Urteil befriedigt zur Kenntnis. Tschikatilo wurde durch Genickschuß hingerichtet.
    FBI-Kriminologe R. Ressler hält es für falsch, »solche Menschen trotz ihrer

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