Der zweite Buddha
sagte sie plötzlich, »sehen Sie mich einmal an ...«
»Lassen Sie das«, knurrte ich.
Aber sie hielt mein Kinn fest und drehte meinen Kopf zu sich.
»So, Donald«, murmelte sie, »sieh mich an und hör mal gut zu.« Sie ließ mich los, und da sie mich im folgenden wieder siezte, wußte ich, daß sie definitiv beim geschäftlichen Teil angekommen sein mußte. »Sie müssen sich über eins im klaren sein: Ich hätte Sie nie hierher gebeten, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, daß Sie mich ebenso- sehr brauchen wie ich Sie.«
»Ach, so ist das also... ich brauche Sie. Und wozu, wenn ich fragen darf?«
»Um Phyllis zu helfen.«
»Könnten Sie mir das nicht ein bißchen genauer erklären?«
Sie lächelte, aber es war kein freundliches Lächeln. »Gern«, sagte sie bereitwillig. »Ich denke mir nämlich, daß es für Sie ganz vorteilhaft sein müßte, wenn ich etwas vergessen würde... wenn ich jetzt plötzlich vergäße, daß Phyllis in das Badezimmer gegangen ist und die Tür hinter sich zugemacht hat; daß ich dann hören konnte, wie sie das Fenster öffnete... Da wurde ich neugierig, verstehen sie; ich wandte mich um und sah aus dem Atelierfenster. Und da...«
Ich unterbrach sie: »Und jetzt wollen Sie mir vermutlich erzählen, daß Sie das Badezimmerfenster beobachten konnten, ja?«
»Nein, das nicht. Ich stand ja noch auf der Plattform und war gerade nur mit einer Zigarette bekleidet. Die Plattform steht zwar dicht am Fenster, aber das hat Mattglasscheiben — aus naheliegenden Gründen. Manche Leute stellen sich bekanntlich an, als hätten sie noch nie im Leben ein nacktes Mädchen gesehen!«
»Vielleicht entspricht dies hier und da den Tatsachen«, meinte ich.
»Dann sind sie aber selber schuld daran«, ereiferte sie sich. »Ich weiß wirklich nicht, was da Besonderes daran sein soll — es ist doch etwas ganz Natürliches ...«
»Sicher, sicher. Wir sollten uns gelegentlich einmal über diesen Punkt aussprechen. Aber vielleicht kommen wir vorher noch kurz auf dieses Badezimmerfenster zurück«, schlug ich vor.
»Ach so, ja... Ich stand also auf der Plattform hinter der Mattglasscheibe. Das Fenster läßt sich aber einen Spalt breit aufmachen, das heißt, die Oberkante klappt ungefähr dreißig Zentimeter zurück, verstehen Sie... Nun konnte ich durch diesen schmalen Spalt das Badezimmer auch nicht sehen, aber... Sagen Sie, macht man sich eigentlich strafbar, wenn man Beweismaterial zurückhält?« .
»Allerdings.«
»Wenn ich Ihnen jetzt erzähle, daß ich etwas Wichtiges gesehen habe, und Sie verschweigen es der Polizei — ist das auch ein Verbrechen?«
»Ich habe ja nichts gesehen«, erklärte ich, »das ist der Unterschied.«
»Ja, ich weiß ...« Langsam geriet sie in Fahrt. »Aber, nehmen wir einmal an, ich habe etwas gesehen; ich erzähle es Ihnen, und Sie verbieten mir, es der Polizei zu sagen — das wäre doch... «
»Das ist eine außerordentlich überflüssige Überlegung«, unterbrach ich sie, »denn das würde ich nie tun.«
»Auch nicht, wenn ich gesehen hätte, wie aus dem Badezimmerfenster...« Sie machte eine effektvolle Pause und fuhr dann fort: »... ein Blasrohr geschoben wurde? Es bewegte sich ein paarmal hin und her, als ob jemand... nun, als ob jemand zielte.«
»Seien Sie doch nicht albern!« erwiderte ich ärgerlich. Die Geschichte hörte sich zu phantastisch an.
»Ich bin nicht albern, Donald, ich versuche, hilfsbereit zu sein.«
»Und warum?«
»Weil ich möchte, daß Sie mir auch helfen.«
»Tut mir leid, Sylvia, da spiel’ ich nicht mit.«
»Was soll das heißen?« fuhr sie hoch. »Wollen Sie mich über Bord gehen lassen bei dem Unternehmen?«
»Ich habe nicht die Absicht.«
»Oder werden Sie zulassen, daß es Phyllis tut?«
»Kann sie das denn? Wie sollte sie das anfangen?«
Sie hatte harte Augen bekommen. »Indem sie Sie für sich allein behält.«
»In dieser Hinsicht kann ich Sie beruhigen. Mrs. Crockett hat mich nicht für sich allein.«
»Ich spreche von Ihren beruflichen Fähigkeiten«, erklärte sie feindselig.
»Das beruhigt mich außerordentlich... Was kann ich Ihrer Ansicht nach tun?«
»Sie können zum Beispiel dafür sorgen, daß sich die gute Phyllis daran erinnert, daß der Diebstahl eine abgekartete Sache war; daß Dean ihr unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt hat, daß ich die Figur in seinem Auftrag genommen habe.«
»Glauben Sie denn, daß er ihr das gesagt hat?«
»Ich bin sicher, daß er das getan hat.«
Ich
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