Der zweite Buddha
sah sie scharf an: »Wieso sind Sie so sicher?«
Sie wich meinem Blick aus. »Na, es ist doch schließlich naheliegend .... Er hat Phyllis eine Menge erzählt. Wenn sie nur ihren hübschen kleinen Kopf ein bißchen anstrengt, dann wird’s ihr schon einfallen.«
»Und...« Ich zögerte, dann fuhr ich fort: »Wenn sie sich nun nicht daran erinnert?«
Sie sprach sehr langsam: »Das wäre außerordentlich bedauerlich...«
»Bedauerlich? Für wen wäre das bedauerlich?«
Sie sah mir in die Augen. Der harte Zug, der eben noch auf ihrem Gesicht gelegen hatte, war wie weggewischt. »Für Sie selbst... und vielleicht auch für mich. Donald, Sie müssen mir einfach helfen — sehen Sie das denn nicht ein? Oder muß ich erst meine sonstigen Vorzüge ins Feld führen, wenn Sie von meinen intellektuellen nicht überzeugt sind?«
Sie kuschelte sich so dicht wie möglich an mich und preßte meinen Arm an sich. Gleich sind wir wieder per Du, schoß es mir durch den Kopf.
»Darf ich fragen, was Sie mit meinem Arm Vorhaben?« erkundigte ich mich und versuchte, von ihr wegzurücken.
Aber sie hielt mich fest und sagte mir ins Ohr: »Das ist noch gar
nichts, Donald... das ist erst der Anfang. Soll ich mal richtig loslegen, ja? Soll ich?«
»Nein«, erklärte ich entschieden, »Sie sollen nicht. Lassen Sie mich gefälligst los.«
»Finden Sie, daß das nett war?« schmollte sie. Aber sie gab meinen Arm frei.
»Ich will Ihnen mal was sagen, Sie Unschuld vom Lande.« Ich rückte von ihr weg und sah ihr in die Augen: »Sie sind ein blutiger Amateur — Sie haben keine Ahnung, was hier gespielt wird. Was glauben Sie, was die Polizei mit Ihnen macht, wenn die Geschichte erst richtig losgeht? Die werden Sie auseinandernehmen! «
»Na und?« trotzte sie. »Sollen sie doch! Ich bin auch nicht von gestern! Ich weiß, daß ich nicht bestraft werden kann, ganz gleich, was ich getan habe — wenn ich in einem Mordfall eine Aussage mache, die ihnen weiterhilft. Aber ich will Phyllis nicht ‘reinlegen — nicht, wenn ich es vermeiden kann.«
Ich stand auf. »Tun Sie, was Sie für richtig halten«, sagte ich leichthin. »Wir werden ja sehen, was herauskommt.«
»Donald! Nein, das können Sie nicht...«
»Sie haben gehört, was ich gesagt habe. Das war mein letztes Wort.«
»Können Sie denn nicht ein kleines bißchen entgegenkommend sein?«
»Um wegen Anstiftung zum Meineid im Kittchen zu landen? Um Phyllis Crockett in die Lage zu bringen, daß ihr Prozeß verloren ist, ehe er überhaupt begonnen hat? Sie verlangen ein bißchen viel, Miss Hadley. Wenn Sie etwas wissen — bitte, gehen Sie zur Polizei und erzählen Sie es dort. Aber denken Sie an mich: Die fragen Sie aus bis aufs Hemd.«
»Das werden sie nicht tun«, widersprach sie trotzig. Sie stemmte sich von der Couch hoch, suchte ihre Schuhe und machte Anstalten, hinter mir herzukommen. Mit einem Schritt war ich an der Tür, schob den Riegel zurück und stand im Treppenhaus. Hinter mir fiel die Tür ins Schloß, und gedämpft hörte ich Sylvia Hadleys Stimme:
»Du Schuft, du dreckiger...!«
15
Phyllis Crockett war selbst am Telefon.
»Hier spricht Donald Lam«, meldete ich mich. »Ich muß Sie sprechen.«
»Jederzeit... Wann wollen Sie denn kommen?«
»Jetzt, wenn das geht.«
»Sicher geht das. Kommen Sie ‘rauf«, lud sie mich ein.
»Gleich«, versprach ich. »Wo stecken Sie denn? Im Atelier oder oben in der Wohnung?«
»Im Atelier. Und ich habe unten beim Portier Bescheid gesagt, daß man Sie hereinläßt, wann immer Sie kommen.«
»Gut. — Und sonst? Wie war’s denn inzwischen?«
»Na —es ging.«
»Schlimm?«
»Erträglich.«
»Freuen Sie sich nicht zu früh«, warnte ich, »es wird noch allerhand passieren... Also, ich komme erst mal ‘rauf.«
Damit legte ich den Hörer auf. Ich fuhr zu dem Apartmenthaus, in dem die Wohnung lag, parkte den Wagen und betrat das Vestibül. Der Portier war ein einziges strahlendes Lächeln und begrüßte mich, als ob ich der Hausbesitzer sei. Der Lift trug mich rasch zum zwanzigsten Stock hinauf. Ich ging den Korridor entlang und klingelte an der Tür von Mrs. Crocketts Atelier.
Sie öffnete in einem schwarzen, trägerlosen Kleid, das zum überwiegenden Teil aus Dekolleté zu bestehen schien. »Hallo, Donald«, begrüßte sie mich. Sie sah übernächtigt und abgespannt aus.
»Was haben Sie denn da an?« fragte ich statt eines Grußes und trat ein.
»Ach, das Kleid... warum? Gefällt es Ihnen nicht?«
»Darauf
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