Der zweite Gral
Gedanken waren noch immer bei Donna.
Auf dem Flughafen kam er dank seiner gefälschten Papiere problemlos durch den Zoll und die Passkontrolle. Er hieß jetzt Brian Fitzgerald und gab an, seinen Urlaub an der Rotmeerküste verbringen zu wollen. Niemand stellte weitere Fragen.
Eine Stunde später ging sein Inlandsflug von Khartum nach Port Sudan. Kurz nach achtzehn Uhr erreichte er das Sea View Hotel. Er gab dem Taxifahrer eine Hand voll sudanesischer Pfund und stieg aus. In den beiden Koffern, die er bei sich trug, befand sich alles, was er in den nächsten Wochen voraussichtlich benötigen würde. Mithilfe der Kreditkarten aus dem Bergversteck hatten Lara und er sich in Glasgow vollkommen neu ausgestattet. Auch Bargeld hatten sie zur Genüge abgehoben.
Von außen wirkte das Sea View nicht sonderlich luxuriös, aber wenigstens schien es sauber und gepflegt. Außerdem bestach es durch seine Lage, denn es befand sich unmittelbar an der Küste. Lediglich die Hafenstraße trennte es vom schmalen Strand und dem Meer.
Als Emmet die gläserne Schwingtür passierte, hoffte er inständig, dass sein hiesiger Besuch ihn weiterbringen würde. Bereits von Glasgow aus hatte er mit dem Hotel telefoniert. Unter einem Vorwand hatte er versucht, die New Yorker Adresse von Anthony Nangala zu erfragen – vergeblich. Der freundliche Rezeptionist hatte seinen Computer bemüht und Emmet in gebrochenem Englisch erklärt, dass im Sea View noch nie ein Gast namens Anthony Nangala registriert worden sei. Emmet hatte noch zwei weitere Namen ausprobiert, von denen er wusste, dass Anthony sie gelegentlich benutzte. Auch diese Namen waren im Buchungscomputer nicht vermerkt. Andere Decknamen seines Ordensbruders hatte er nicht auswendig gewusst. Also war ihm nichts anderes übrig geblieben, als in den Sudan zu fliegen und von hier aus Anthony Nangalas Spur aufzunehmen.
Emmet durchschritt den kleinen Eingangsbereich und stellte fest, dass er menschenleer war. Bestens. Bei dem, was er beabsichtigte, würden Zuschauer nur stören.
Er betätigte die Klingel auf der Theke. Kurz darauf erschien eine junge Schwarze in Dienstkleidung. Ob er ein Zimmer wolle, fragte sie beinahe akzentfrei.
»Das kommt darauf an«, sagte er. »Ich suche jemanden.«
Das Mädchen zog die Stirn kraus.
Emmet schob ein Passbild über den Tresen. Das Foto hatte er in der Berghöhle aus einem gefälschten Führerschein Nangalas ausgeschnitten.
»Kommt Ihnen dieser Mann bekannt vor?«, fragte er.
Das Mädchen nickte, ohne zu zögern. »Mister Baxter war lange Zeit Gast hier.«
Mister Baxter also, dachte Emmet. Derek Baxter. Jetzt fiel es ihm wieder ein.
»Er ist also abgereist?«, fragte Emmet, scheinbar überrascht. »Können Sie mir sagen, wohin?«
Das Mädchen zögerte.
»Das geht schon in Ordnung«, sagte Emmet. Gleichzeitig zog er sein Portemonnaie aus der Innentasche seines Jacketts und legte einen Geldschein auf den Schalter.
Die Augen des Mädchens leuchteten auf. Rasch steckte sie den Schein weg und tippte etwas in den Computer.
»Khartum«, sagte sie mit gesenkter Stimme, obwohl außer ihnen beiden noch immer niemand in der Lobby war. »Dorthin ist Mister Baxter geflogen, nachdem er uns verlassen hat.«
»Hat er eine Adresse hinterlassen?«
»Nein, Sir. Ich bedauere.«
»Wie sieht es mit seinem Wohnsitz aus?«
Wieder tippte das Mädchen auf der Tastatur. »Hier steht nur New York«, sagte sie schließlich. »Keine Straße, keine Hausnummer. Tut mir Leid.«
Emmet stöhnte innerlich auf. Sollte er jetzt schon in einer Sackgasse stecken?
Noch während er überlegte, wie es nun weitergehen solle, sagte das Mädchen: »Möchten Sie für Mister Baxter vielleichteine Nachricht hinterlassen? Er hat sich für kommende Woche wieder bei uns angemeldet. Wenn es also nicht zu sehr eilt ...«
»Er kehrt nächste Woche hierher zurück?«
»Ja. Er hat auch schon im Voraus bezahlt, weil er sicher gehen wollte, wieder dasselbe Zimmer zu bekommen. Mister Baxter legt großen Wert auf die Nummer 421. Er ist der Meinung, dort sei die Aussicht am schönsten.«
Emmets Gedanken überschlugen sich. Nummer 421. Immer dasselbe Zimmer. Weshalb? Bestimmt nicht wegen der Aussicht. Es sei denn, er hatte von dort etwas beobachten können, das man von keinem anderen Zimmer des Hotels aus sehen konnte.
»Für welchen Tag hat Mister Baxter sich zurückgemeldet?«, fragte Emmet.
»Für Samstag.«
»Heute ist erst Sonntag. Könnte ich dieses Zimmer für die nächsten paar Tage
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