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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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man die Sache auf die leichte Schulter genommen und sie den örtlichen Polizeibehörden überlassen. Man hatte geglaubt, Kriminelle, die eitel oder sogar dumm genug waren, auf ihre Taten aufmerksam zu machen, seien schnell zu fassen. Heute umfasste die Akte mehr als zweihundertfünfzig Fälle – hundert, bei denen die Medaillons gefunden worden waren, und weitere hundertfünfzig, die länger als ein Jahr zurücklagen; in diesen Fällen waren keine Medaillons zurückgelassen worden, aber die Handschrift war unverkennbar. Es waren Fälle, in denen Unbekannte mit Waffengewalt gegen Drogenbosse, Hochseepiraten oder Pelztierjäger vorgingen. Interpol mutmaßte, dass in den letzten zehn Jahren über tausend Straftaten auf das Konto der Rosenschwert-Bande gingen. Je weiter man in der Vergangenheit herumstöberte, desto mehr wurden es.
    Seit sechs Monaten widmete Tom Tanaka sich ausschließlich diesem Verbrecherring. Inzwischen empfand er jedes Medaillon beinahe als Verhöhnung, als persönliche Beleidigung. AlsFingerzeig auf seine eigene Unfähigkeit. Vor acht Wochen aber war ihm der Zufall zu Hilfe gekommen. Ein neugieriges Zimmermädchen in einem Teheraner Hotel hatte bemerkt, dass. sich im Gepäck eines Gasts ein auffälliges Medaillon befand. Die Angestellte besah sich das Schmuckstück genauer und erinnerte sich daran, dass sie die Gravur schon einmal als Abbildung in der Zeitung gesehen hatte – im Zusammenhang mit einem Polizeibericht. Also hatte sie Meldung erstattet. Auf diese Weise war Tom Tanaka auf Lara Mosehni aufmerksam geworden. Seitdem folgte er ihr auf Schritt und Tritt in der Hoffnung, dass sie ihn zu ihren Komplizen führe.
    Genau das hatte sie dann auch getan, davon war Tanaka überzeugt. Leighley Castle war die Zentrale, und Layoq Enterprises der Deckname der Rosenschwert-Bande. Leider lag die Burg nun in Schutt und Asche.
    Tanaka vermutete, dass die Zerstörung des alten Gemäuers ein Vergeltungsschlag gewesen war, verübt von jemandem, der mächtig sauer auf Layoq war. Aber offenbar waren nicht alle Bandenmitglieder ums Leben gekommen, denn schon zwei Tage nach dem Anschlag hatte Tanaka einen Anruf von seinem Verbindungsmann in Isfahan erhalten und erfahren, dass Lara Mosehni wieder in ihrer Wohnung aufgetaucht sei. Mehr noch: Sie habe angefangen, Interpol hinterherzuschnüffeln. Daraufhin war Tanaka in den Iran gereist, um die Beschattung der Frau fortzusetzen – noch vorsichtiger als beim letzten Mal. Heute Morgen war er ihr dann nach Saudi Arabien gefolgt. Und nun folgte er ihr in einem alten Ford.
    Sein Handy klingelte. Er zog es aus seinem Umhang und warf einen Blick aufs Display, das die Nummer der Zentrale in Lyon anzeigte. Er nahm das Gespräch an.
    »Hier Tanaka. Was gibt’s?«
    Pierre Dumont war am Apparat, Tom Tanakas Chef. »Es geht um das Bild, das Sie uns vorhin geschickt haben. Miserabler Schnappschuss.«
    »Was hätte ich tun sollen? Den Typen am Flughafen bitten, einen Moment stillzuhalten und freundlich zu lächeln?«
    »Müssen Sie alles persönlich nehmen, Tanaka? Ich wollte damit nur sagen, dass ein besseres Bild ein schnelleres Ergebnis ermöglicht hätte. Aber wir haben den Kerl dennoch identifizieren können. Er heißt Emmet Garner Walsh. Fünfundfünfzig Jahre alt, ein Meter dreiundachtzig groß. Geboren in Edinburgh. Geschäftsmann. Laut Polizeiakte ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Wir haben nur deshalb etwas über ihn herausgefunden, weil er vor acht Jahren am Londoner Flughafen festgenommen wurde. Hatte ein Gewehr bei sich, das zwar vom Detektor nicht erkannt worden war, aber bei einer spontanen Gepäckdurchsuchung zum Vorschein kam. Walsh hatte ein Ticket nach Moskau in der Tasche. Behauptete, er wolle von dort aus weiter nach Archangelsk in Sibirien, zur Jagd auf Rentiere. Natürlich klang das verdächtig, aber niemand konnte ihm etwas anderes nachweisen. Außerdem hatte er einen Waffenschein und eine Jagdlizenz der Moskauer Behörden in der Tasche. Deshalb ließ man ihn laufen.«
    Tanaka bemerkte, dass der Abstand zu dem verfolgten Wagen sich vergrößert hatte, und überholte einen Lkw, um wieder aufzuschließen. Der Motorenlärm, der durchs offene Fenster drang, übertönte Dumonts Handy-Stimme.
    »Können Sie das bitte wiederholen?«, fragte Tanaka, nachdem er sich wieder in seine Spur eingereiht hatte. »Alles ab der Moskauer Jagdlizenz. Hier war es so laut, dass ich nichts verstehen konnte.«
    »Dann haben Sie das Beste verpasst. Ich sagte, dass Walsh

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