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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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ihn. Doktor, bitte erläutern Sie unseren Gästen, welche Fortschritte Sie in den letzten Monaten erzielen konnten.«
    Assad setzte sich, und Goldmann erhob sich von seinem Platz. Auf den ersten Blick war er eine eher unauffällige Erscheinung. Er war mittelgroß, hatte sein weißes Haar glatt zurückgekämmt und trug ständig den Hauch eines Lächelns auf den Lippen. Doch von seinen Augen ging eine ganz besondere Magie aus. Sie funkelten wie dunkle, geheimnisvolle Kristalle. Dabei strahlten sie eine Kälte aus, die einem unter die Haut ging. Diese Augen waren abstoßend und anziehend zugleich. Gefährlich und einladend. Faszinierend. Diese Augen waren es, die Goldmann ein solches Charisma verliehen.
    Sein Blick schweifte von Briggs über Ljuschkin zu Donna Greenwood. »Ich weiß, dass ich mich Ihnen gegenüber oft wie ein Künstler verhalten habe, der sein Gemälde nicht zeigen will, bevor es fertig ist. Das gilt insbesondere für die letzten Monate. Ich möchte mich heute für Ihr Vertrauen bedanken. Mehr noch, ich möchte Ihnen etwas dafür zurückgeben – den vielleicht größten Sieg in der Geschichte der Wissenschaft.« Wieder ließ er den Blick in die Runde schweifen. »Was uns verbindet, ist eine gemeinsame Vision«, fuhr er fort. »Wir mögen für diese Vision unterschiedliche Bezeichnungen verwenden, sei es Elixier des Lebens, heiliger Gral, Jungbrunnen ... im Grunde verfolgen wir jedoch dasselbe Ziel: Wir suchen nach einem Weg zur Verlängerung des Lebens. Wissenschaftlich betrachtet handelt es sich dabei um eine Art Puzzle, das zusammenzusetzen ich bereits vor über dreißig Jahren begann, in meiner luxemburgischen Klinik für Geriatrie. Doch erst hier, in Scheich Assads Labor, ist es mir gelungen, frei von gesetzlichen Zwängen und staatlicher Kontrolle, die entscheidenden Teile des Puzzles zusammenzufügen. Noch fehlen ein paar; dennoch ist das große Ganze schon deutlich zu erkennen.
    Bei meinen Forschungen wurde ich unter anderem durch das alte Testament inspiriert. Sie alle kennen den Namen Methusalem, den Inbegriff für hohes Alter. Glaubt man der Bibel, so lebte er beachtliche 969 Jahre lang. Er ist übrigens kein Einzelfall. Methusalems Vater Enoch brachte es immerhin auf 365 Lebensjahre, Lamech, Stammvater der Nomaden, auf 777, und sein Sohn Noah auf runde 500 Jahre. Was immer man von den biblischen Überlieferungen halten mag, für mich waren sie Denkanstoß und Ansporn.
    Tatsächlich ist es mir gelungen, die Lebensspanne diverser Organismen drastisch zu verlängern. In Tierversuchen konnteich bereits eine Verzehnfachung der natürlichen Lebenserwartung erreichen. Auf den Menschen übertragen, würde das ein Alter von etwa 800 Jahren bedeuten. Aus naheliegenden Gründen fehlt es uns dabei noch an Erfahrungswerten, aber ich bin überzeugt, dass dieser Wert realistisch ist. Übrigens gibt es eine ganze Reihe von Experten, die meine Meinung teilen – nur sind deren Forschungen noch nicht so weit fortgeschritten.«
    Donna spürte, wie ihr warm ums Herz wurde. Der heilige Gral. Das ewige Leben. Zumindest ein erster, wichtiger Schritt dorthin. Die moderne Wissenschaft ließ einen uralten Mythos Realität werden. Und sie selbst würde als eine der Ersten davon profitieren.
    Ljuschkin, offenbar ebenso fasziniert, warf in die Runde: »Hätte die Alchimie dieses Kunststück schon früher fertig gebracht – stellen Sie sich vor, was ein einzelner Mensch in seinem Leben alles hätte erleben können! Die Kreuzzüge, den dreißigjährigen Krieg, die Französische Revolution ...«
    »Kaum anzunehmen, dass Sie bis heute überlebt hätten, wenn Sie an sämtlichen großen Schlachten seit dem Mittelalter teilgenommen hätten«, krächzte Bloomfield belustigt. »Aber ich gebe Ihnen Recht. Es ist ein faszinierendes Gedankenspiel, Zeitzeuge mehrerer Jahrhunderte zu sein. Man hätte die Politik vieler Könige miterleben können, den Aufstieg und Fall von Nationen, die Entdeckung Amerikas, die Erfindung des Buchdrucks, die industrielle Revolution ...«
    Donna bemerkte ein geradezu seliges Lächeln auf Bloomfields Gesicht. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Ihr war es ähnlich ergangen, als sie sich zum ersten Mal mit der Vorstellung eines so langen Lebens beschäftigt hatte. Für die bemannte Raumfahrt taten sich neue Türen auf, wenn Astronauten in der Lage waren, kosmische Dimensionen innerhalb eines Menschenlebens zu überbrücken. Und Genies wie Leonardo da Vinci oder Albert Einstein würden nicht mehr in

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