Der Zweite Messias
syrische Grenze?«
»Ich hoffe, Sie und Ari finden das heraus.« Weiss stand auf und zog seine Hose hoch. »Der Hubschrauber einer Spezialeinheit wartet auf einem Militärflugplatz in der Nähe auf Sie. Er wird Sie an einem Ort in der Wüste hinter der syrischen Grenze absetzen. Ari erklärt Ihnen alles Weitere. Was ist los? Sie sehen beunruhigt aus, Inspektor.«
»Da wäre noch eine Kleinigkeit, Sir. Es geht um das Einreiseverbot israelischer Bürger nach Syrien. Wenn ich geschnappt werde, besteht das Risiko, dass ich wegen Spionage vor Gericht gestellt werde.«
Weiss lächelte. »Stimmt. Aber wenn meine Menschenkenntnis mich nicht täuscht, werden Sie dieses Risiko eingehen. Sie wollen diesen Fall, in den Ihr alter Freund Cane verstrickt ist, ebenso gern lösen wie wir. Syrien ist ein gefährliches Land mit einem erstklassigen Geheimdienst. Aber Ari hat gefälschte Reisepässe mit Visa für Sie beide und neue Identitäten, die sich Experten des Mossad ausgedacht haben. Ich nehme an, Sie sprechen fließend Arabisch?«
»Ja.«
»Gut. Ari ebenfalls. Er wartet draußen auf Sie. Noch Fragen?«
»Wann fliegen wir los?«
»Sofort. Auf Wiedersehen, Inspektor.«
31.
R OM
19.00 U HR
Das Restaurant L’Eau Vive in der Via Monterone, einer kleinen Gasse in der Nähe des Pantheons, wurde von Touristen kaum besucht. Es gehörte dem Vatikan und sah von außen unauffällig aus, beinahe ein wenig trist. Doch die Inneneinrichtung war beeindruckend: An den Wänden hingen kostbare Gemälde, und auf den schweren Tischen aus Edelholz funkelten Silber und Kristall im Kerzenschein.
Obwohl das L’Eau Vive ein öffentliches Restaurant war, verirrten sich kaum Gäste hierher, die nichts mit der Kirche zu tun hatten. An diesem frühen Abend bestand die Kundschaft fast ausschließlich aus hohen Geistlichen, reichen Geschäftsleuten und Bankern, die wichtige Geschäfte mit dem Heiligen Stuhl abwickelten. Die Preise im L’Eau Vive waren für einen einfachen Gemeindepriester zu hoch.
Als Ryan das Restaurant betrat, sah er, dass es gut besucht war. Eine Nonne kam ihm entgegen. Sie war auffallend hübsch und trug ein elegantes langes Gewand. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich einstudierte Frömmigkeit.
»Haben Sie reserviert?«, fragte sie.
Ryan lächelte charmant. »Monsignore Sean Ryan. Ich glaube, ich werde in einem der Privaträume erwartet.«
»Oh ja, sicher. Folgen Sie mir bitte, Monsignore«, sagte die Nonne in ehrerbietigem Tonfall.
An einer Statue der Jungfrau Maria vorbei, die in einer Nische stand, wurde Ryan zu einem abgelegenen Raum auf derRückseite des Restaurants geführt. Die Nonne schob den schweren roten Vorhang zur Seite. Im Raum dahinter war es schummrig, da nur zwei Kerzen in silbernen Haltern auf einem der Tische Licht spendeten. An diesem Tisch saß ein Mann, dessen Gesicht im Dunkeln lag.
Ryan trat ein, worauf der Vorhang geschlossen wurde. Er ging auf Cassini zu, der einen schwarzen Anzug mit einem goldenen Kreuz auf dem Revers trug. »Schön, dass Sie es einrichten konnten, Sean.«
»Es ist mir ein Vergnügen, Eminenz.«
»Was möchten Sie essen? Ich kann Ihnen das Saltimbocca oder das Entenfilet in Grand Marnier empfehlen. Beides ist ausgezeichnet.«
Ryan entschied sich für eine Portion Fettuccine mit frischem Salat. Cassini bestellte den Wein, einen teuren Barolo, wie es sich für einen hochrangigen Kardinal geziemte. »Nun, was für Neuigkeiten haben Sie für mich, Sean?«
»Die Sicherheitsmaßnahmen wurden in sämtlichen Bereichen verstärkt. Überall stehen zusätzliche Wachen in Uniform und in Zivil. Ich versichere Ihnen, dass niemand die für die Öffentlichkeit gesperrten Bereiche des Vatikans betreten oder verlassen kann, ohne die entsprechenden Papiere vorzuweisen. Selbst die Bereiche, zu denen die Touristen Zugang haben, werden scharf kontrolliert.«
»Ausgezeichnet. Ihre Professionalität beruhigt mich ungemein.« Cassini war sichtlich erfreut, doch ihm entging nicht, dass Ryan plötzlich besorgt aussah. »Was ist? Beschäftigt Sie irgendetwas?«
»Das kann man wohl sagen, Eminenz. Eine beunruhigende Entwicklung …« Ryan verstummte, als der Vorhang raschelte. Die Nonne kam zurück und servierte den Wein. Als Cassinieinen Schluck probiert hatte und zustimmend nickte, füllte die Nonne beide Gläser. Dann kam der Kellner mit dem Essen, das auf silbernen Platten angerichtet war. Als die Nonne den Wein eingeschenkt und der Kellner aufgetragen hatte, zogen beide sich diskret zurück.
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