Der Zweite Messias
Gipfel stufenförmig an den Berghang. Hinter den Fenstern schimmerte das Licht von Öllampen, und auf den Märkten und vor den Verkaufsständen in den engen Straßen drängten sich die Menschen.
Jack sah orthodoxe Nonnen in der Menge und erblickte mehrere Kirchenkuppeln. Auf einer prangte ein blaues Kreuz.
Die vier bewaffneten Soldaten auf der Ladefläche des Lastwagens horchten auf, als die Türen des Fahrerhauses geöffnet wurden und Schritte auf dem Kies zu vernehmen waren. Kurz darauf schlug der syrische Major die Plane zurück, grinste seine Gefangenen an und sagte auf Arabisch: »Endstation. Tut mir leid, wenn die Fahrt ein bisschen holprig war, aber die Wüstenstraßen sind nicht die besten. Wie geht es euch?«
Jack sprang als Erster herunter. Yasmin und Josuf folgten ihm. »Könnte schlimmer sein. Wir könnten jetzt auf dem Weg in ein Gefängnis in Damaskus sein.«
Der Major grinste und schlug Josuf auf den Rücken. »Meine Vorstellung war nicht schlecht, was?«
Josuf rieb sich die Wange. »Deine Ohrfeige hat ganz schön wehgetan, Vetter. Du bist der Bastard eines räudigen Kamels, aber ich vergebe dir.«
Der Major lachte herzhaft. »Ein bisschen Schmerz ist ein kleiner Preis.«
»Als ich dich nicht sofort zwischen den Soldaten entdeckt habe, dachte ich, wir wären erledigt. Was hat dich aufgehalten, Faisal?«
»Meine Männer und ich sind zufällig auf die Patrouille des Leutnants gestoßen. Er bestand darauf, uns wegen einiger Minenfelder in dem Gebiet zu begleiten. Am Ende ist ja alles gut gegangen.«
»Wird der Leutnant nicht misstrauisch, wenn er herausfindet, dass wir nicht im Gefängnis sitzen?«
Der Major grinste ihn an. »Wie soll er das herausfinden? Wenn er auch nur ein bisschen Verstand hat, stellte er eine Entscheidung der Geheimpolizei nicht in Frage. Und meine Männer sind alle aus meinem Stamm. Ich vertraue ihnen blind. Folgt mir.«
Er begleitete sie zu Josufs Pick-up, riss die Fahrertür auf undrief dem Soldaten hinter dem Steuer einen Befehl zu. Der Mann zog den Zündschlüssel heraus, stieg aus und warf Josuf den Schlüssel zu.
Der Major tippte sich an den Hut. »Hier muss ich mich von euch verabschieden. Es ist nicht mehr weit. Fahrt an dem Dorf vorbei, dann kommt ihr geradewegs zum Pauluskloster.«
»Danke, Vetter.« Josuf und der Major umarmten sich und küssten sich nach arabischer Sitte auf beide Wangen.
Der Major drückte Yasmin und Jack die Hände und reichte ihnen eine Karte. »Hier, nehmt das, falls der alte Esel sich auf dem Rückweg in der Dunkelheit verirrt. Die Straßen hier sind nicht gut ausgeschildert.«
Josuf ließ den Motor an. Yasmin und Jack stiegen ein. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Major.«
Der Major schlug mit der flachen Hand zwei Mal auf das Dach. »Fahrt vorsichtig, und möge Allah euch begleiten. Von nun an seid ihr auf euch allein gestellt.«
34.
19.28 U HR
Der Black Hawk ist ein robuster Hubschrauber und einer der meistverkauften, die jemals gebaut wurden. Er verfügt über zwei leistungsfähige Wellenturbinen und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von über zweihundertfünfundsiebzig Stundenkilometer. Der Black Hawk, in dem Lela und Ari Tauber an diesem Abend saßen, war ein älterer Transporthubschrauberfür Spezialaufgaben. Der Pilot hatte den Auftrag, sie an einem Treffpunkt in der Nähe des Paulusklosters abzusetzen.
Lela, die neben Ari auf Schalensitzen im hinteren Teil des Cockpits saß, bemühte sich, den Lärm zu überhören, doch es gelang ihr nicht. Das laute Dröhnen der Rotoren hämmerte in ihren Ohren. Ein kleiner Mann mit beginnender Glatze, Schnurrbart und wachsamen Augen stand in der Nähe der Piloten, etwa zwei Meter von ihr entfernt. Er hielt eine Karte und eine Stifttaschenlampe in der Hand und kommunizierte über ein Headset mit den Piloten.
»Saul ist unser Dispatcher«, rief Ari, um den Fluglärm zu übertönen. »Er sorgt dafür, dass die Piloten uns am Treffpunkt absetzen und nicht irgendwo in der Wüste.«
»Hast du so etwas schon mal gemacht?«, rief Lela zurück.
Ari lächelte. »Kein Kommentar. Die Frage kann ich dir nicht beantworten, sonst bekomme ich Ärger.«
»Wo sind wir jetzt?«
Saul schien die Frage gehört zu haben, denn er schob einen der Kopfhörer vom Ohr und lächelte Lela an. »Wir haben gerade die jordanische Grenze überquert. In fünfundvierzig Minuten erreichen wir unser Ziel. Entspannen Sie sich und genießen Sie den Flug.« Saul wandte sich ab und sprach mit dem Piloten.
»Wie sieht es
Weitere Kostenlose Bücher