Der Zweite Messias
Torbogen auf der anderen Seite des Hofes. Sie schwenkten ihre Waffen nach links und rechts und deckten sich gegenseitig, als sie sich leise dem Kloster näherten.
Lela wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Im Kloster herrschte gespenstische Stille, und sämtliche Räume waren leer.
Sie hatte damit gerechnet, Hilfeschreie zu hören und verzweifelte Mönche zu sehen, die Wassereimer schleppten, um das Feuer zu bekämpfen, doch hier war niemand. Lela und die anderen hörten nur das Knistern des Feuers; ansonsten herrschte schaurige Stille, beinahe wie in einer Gruft.
Sie betraten das Hauptgebäude, in dem das Feuer sich rasch ausbreitete. Dachbalken stürzten herab; Möbel standen inFlammen. Als sie die Treppe hinaufsteigen wollten, wurden sie von Rauchschwaden zurückgedrängt. Ari gab den Befehl zum Rückzug. Sie stiegen die Treppe wieder hinunter und liefen Gänge entlang, die bisher vom Feuer verschont geblieben waren.
Auf einem der Gänge entdeckten sie die bescheidenen Zellen der Mönche. Lela erstarrte, als sie die erste Zelle mit den getünchten Wänden betrat. Der Leichnam eines jungen Mönchs lag ausgestreckt auf dem Bett. Zwei Schüsse hatten ihn getötet. Seine abgetragene weiße Kutte war voller Blutflecken. Eine Kugel war in seine Brust gedrungen, eine andere hatte seine Stirn durchschlagen. Lela hatte schon viele Tote gesehen, doch jetzt hatte sie Mühe, einen Aufschrei des Entsetzens zu unterdrücken.
Sie fühlte nach dem Puls des Opfers, um ganz sicherzugehen. »Lange kann er noch nicht tot sein«, sagte sie zu Ari, der nach ihr die Zelle betrat. »Sein Körper ist noch warm.«
Ari untersuchte die Wunden. »Ein Schuss ins Herz, einer in den Kopf. Das muss ein Profi gewesen sein.«
Sekunden später erschien der Mossad-Agent. »Auf der anderen Seite vom Gang liegen noch zwei Leichen. Dieselbe Handschrift. Eine Kugel ins Herz, eine zweite ins Hirn.«
Sie durchquerten den Gang und sahen die Leichen von zwei älteren Mönchen. »Wir können nichts mehr für sie tun«, sagte Ari. »Okay, schwärmen wir aus. Sucht nach Hinweisen, ob Cane und seine Freunde hier waren.« Er hielt die Sig im Anschlag und kehrte mit den anderen auf den Gang zurück. »Seid vorsichtig. Der Mörder könnte noch hier sein.«
Sie durchsuchten die restlichen Zellen auf dem Gang, doch sie waren leer. Das Feuer breitete sich weiter aus. Rauchschwaden behinderten die Sicht. Sie hielten sich Taschentücher vorsGesicht und eilten zurück zum Hof. Hinter einem Torbogen sah Lela eine Tür, die einen Spalt weit geöffnet war.
Ari sah es ebenfalls. »Bleib du hier, Lela, und gib uns Deckung.«
Ari und Uday näherten sich der Tür. Lela beobachtete die beiden Männer. Ihr Inneres war angespannt bis zum Zerreißen. Einen kurzen Augenblick blieben die Männer vor der Tür stehen und lauschten. Dann stieß Ari sie auf und stürmte in den Raum, gefolgt von Uday.
Lela hielt die Pistole schussbereit in beiden Händen und wartete.
Fast eine Minute verging, ohne dass etwas geschah. Lela wurde unruhig. Warum gab Ari ihr kein Zeichen? Das Blut pochte in ihren Schläfen. Sie schlich an der Wand des Torbogens entlang und richtete die Waffe auf den Raum. Kurz bevor sie ihn erreicht hatte, trat Ari plötzlich mit gesenkter Pistole durch die Tür.
Lelas Herzschlag setzte aus. »Ari! Ich hätte dich erschießen können! Was hat dich so lange aufgehalten?«
Aris Gesicht war aschfahl. »Das musst du dir ansehen.«
Lela betrat den getünchten Raum. Er war mit einem Holztisch und Stühlen spärlich möbliert, und der Boden war mit ausgetretenen Terrakottaplatten gefliest. Uday kniete neben dem Leichnam eines älteren, graubärtigen Mönchs. Seine weiße Kutte war blutdurchtränkt, und er hatte zwei Schusswunden in der Brust. Er lag auf der Seite, den rechten Arm ausgestreckt. Offenbar hatte er versucht, mit seinen blutverschmierten Fingern etwas an die Wand zu malen.Lela betrachtete die beiden Kreuze. Vom senkrechten Balken des rechten Kreuzes zog sich eine Blutspur über die Wand. Die Finger des toten Mönchs zeigten gen Himmel, als wäre er gestorben, ohne sein Werk vollendet zu haben.
Lela zuckte zusammen, als sie ein leises Surren hörte.
Ari hatte eine Digitalkamera auf die beiden Kreuze gerichtet. Der Blitz zuckte auf. Die Kamera surrte erneut, als Ari das blutige Kunstwerk an der Wand und den Leichnam aus einem halben Dutzend verschiedenen Winkeln fotografierte. Als er fertig war, musterte er Lela mit blassem Gesicht. »Was hat das
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