Der Zweite Messias
einen kleinen Garten führte. Sein Blick fiel auf eine Reihe von Beeten mit wunderschönen exotischen Blumen und auf einen sorgfältig gestutzten Irrgarten. Zwischen den Blumen stand ein Mann mit einer Gartenschere in der Hand und einer goldenen Patek-Phillipe-Uhr am Handgelenk. Sein Gesicht war hart und zerfurcht. Er trug eine alte Designerjeans, ein frisch gebügeltes Leinenhemd und abgelaufene Mokassins. »Bruno. Danke, dass du gekommen bist.«
Zedik schüttelte dem Mann die Hand. »Ich freue mich jedes Mal, Sie zu sehen, Boss.«
Sein Boss zeigte mit stolzer Miene auf die Blumenbeete. »Wie findest du meinen Garten? Gefallen dir meine neuen Rosen?«
»Großartig«, sagte Zedik. Er hatte nicht die leiseste Ahnung von Blumen; für ihn dufteten alle gleich. Sein Boss aber war ein leidenschaftlicher Gärtner, und Zedik versuchte jedes Mal, Interesse vorzutäuschen.
Der Boss zeigte mit der Gartenschere auf eines der Beete und sagte zu Zedik: »Da drüben wächst eine spanische Züchtung.Sehr selten. Ich bin froh, dass sie nach drei Jahren harter Arbeit nun endlich blühen wird.«
Wer wartet schon drei Jahre, bis eine Blume endlich blüht?, dachte Zedik. Doch er schaute bewundernd auf die Rosen. »Vielleicht könnte ich ein paar Ableger bekommen. Eine meiner Schwestern ist ganz verrückt nach Rosen.«
Der Boss starrte Zedik an, als wäre der nicht bei Trost. »Meine Blumen sind Raritäten. Ich gebe niemals Ableger ab. Das müsstest du eigentlich wissen.«
Zedik lachte nervös. »War nur ein Scherz.«
Ein flüchtiges Lächeln huschte über das Gesicht des Bosses. »Ich habe gehört, du hast dasselbe Mädchen mitgebracht wie beim letzten Mal. Die mit den Botox-Lippen und den Silikon-Titten.«
Zedik grinste. »Ich fürchte ja. Sie wartet in der Villa auf mich.«
Der Boss legte die Gartenschere aus der Hand. »Komm, setzen wir uns an den Pool. Wir müssen etwas Wichtiges besprechen.«
»Wie Sie wünschen, Mr. Malik.«
47.
Der Butler brachte ihnen Espresso und Mandelplätzchen. Sie saßen an einem Tisch neben dem Swimmingpool im Schatten eines großen Sonnenschirms. Zedik bewunderte den Rollrasen, während er seine Tasse auf den Tisch stellte. »Was gibt es denn so Wichtiges, Mr. Malik?«
»Dir gefällt mein Haus, nicht wahr?«
Zedik nickte. »Es gefällt mir sehr. Ich träume davon, eines Tages selbst ein solches Haus zu besitzen.«
Hassan Malik schaute auf den tadellos gepflegten Garten. »Schon als kleiner Junge wollte ich ein solches Anwesen. Aber meine Eltern waren arme Ziegenhirten, und wir wohnten in einer dreckigen Hütte. Ich hatte einen Bruder und eine Schwester. Wir schliefen alle mit meinen Eltern in einem Raum. Dann starb mein Vater, und bald darauf meine Mutter. Ich war fünfzehn.«
»Das ist tragisch, Mr. Malik.«
»Ich habe gebettelt, gestohlen und jeden Job angenommen, um mich, meinen Bruder und meine Schwester durchzubringen. Manchmal bin ich mit dem Bus nach Jerusalem gefahren und habe die Villen der Reichen bewundert, mit all ihrem Luxus und den wunderschönen Gärten. Damals schwor ich mir, eines Tages auch ein solches Anwesen zu besitzen. Ich habe es geschafft, aber es war nicht einfach.«
»Das kann ich mir vorstellen, Mr. Malik.«
Malik schüttelte heftig den Kopf. »Nein, das kannst du nicht. Du hast keine Ahnung, was wirkliche Armut ist. Wenn man nie genug zu essen hat, nie genug Geld in der Tasche.«
Zedik hatte den Eindruck, als wäre sein Boss heute ein bisschen neben der Spur. Normalerweise kam er immer gleich zur Sache, und er sprach selten über seine Vergangenheit. »Mr. Malik, es tut mir leid …«
Malik hob eine Hand und schaute Zedik ernst an. »Lass uns über das Geschäftliche reden. Ich habe einen Auftrag für dich.« Er zog einen Umschlag aus der Hemdtasche und legte ihn auf den Tisch. »Ich konnte mich immer auf dich verlassen, Bruno, deshalb werde ich dir jetzt ein Geheimnis anvertrauen. Dannwirst du verstehen, warum ich dich heute herbestellt habe und wie wichtig die Sache ist. Aber ich muss mich auf deine Diskretion verlassen können.«
»Sie wissen, dass Sie auf mich zählen können, Sir.«
»Wenn auch nur ein Wort über dieser Sache nach außen dringt, Bruno, bringe ich dich um, langsam und qualvoll.«
Zedik schaute in Maliks eiskalte Augen. In den zehn Jahren, die er seinen Boss nun schon kannte, hatte er in dessen Auftrag schlimme Verbrechen begangen. In manchen Fällen war er äußerst grausam vorgegangen, weil sein Boss es so befohlen hatte. Zedik
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