Der Zweite Messias
geknackt.«
»Jetzt mach’s nicht so spannend.«
Jack klappte sein Notizheft auf und zeigte auf einen Satz, den er sich in Druckschrift aufgeschrieben hatte. »Hier ist die Übersetzung: ›Als er die Wahrheit erfuhr, glaubte Judas jetzt, dass sein Herr ein falscher Messias war und nicht der richtige Messias, der kommen sollte, um die Welt zu verändern.‹«
»Was soll das bedeuten?«, fragte Yasmin verwirrt.
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Jack. »Aber es ist eine weitere unfassbare Behauptung. Judas glaubt, dass sein Herr ein falscher Messias ist …«
»Meinst du, du könntest noch mehr entschlüsseln?«
»Ja, aber es würde lange dauern. Um wirklich weiterzukommen, brauchen wir die Hilfe von Experten. Teile des Textes fehlen, andere sind beschädigt.«
»Dann gibt es keine Chance, ganze Textpassagen zu übersetzen?«
Jack klappte sein Notizheft zu. »Vielleicht doch. Vor ein paar Jahren wurden spezielle Programme entwickelt, um beschädigte Schriftrollen vom Toten Meer zu übersetzen. Diese Programme können manchmal helfen, Lücken im Text mit Hilfe mathematischer Projektionen aufzufüllen. Frag mich nicht, wie das funktioniert, aber wenn es stimmt, was ich gehört habe, ist das einegroße Hilfe für die Übersetzer. Ich habe einen Freund, der Experte für Schonfields Code ist. Er könnt uns dabei helfen.«
»Sagst du mir wenigstens, wen du im Vatikan kennst?«
»Einen alten Bekannten meines Vaters, den ich seit vielen Jahren nicht gesehen habe.«
»Wer ist es?«
»Ein hoher Geistlicher, den ich angerufen habe, bevor wir in Israel abgeflogen sind. Ich glaube, er hat Einfluss genug, um uns Zugang ins Archiv zu verschaffen.«
»Soll das ein Witz sein?«, fragte Yasmin. »Sprichst du über den Papst?«
Jack lächelte. »Nein, in diesem Fall nicht, obwohl ich auch ihn kenne.«
»Du kennst den Papst? «, rief Yasmin, die Augen weit aufgerissen.
»Ja. Er gehörte zur Delegation des Vatikans, die bei den Ausgrabungen meines Vaters in Qumran geholfen hat.«
»Du weißt wirklich, wie man einer Frau imponiert. Was hoffst du im Archiv zu finden?«
»Etwas, was ich mir schon immer ansehen wollte.«
»Und was?«
»Als meine Eltern starben, hat Pater Kubel – einer der beiden Priester, die kurz nach dem Unfall an der Unfallstelle erschienen – einen vertraulichen Bericht verfasst. Den würde ich gerne lesen.«
»Warum?«
»Nenne es einen sechsten Sinn, aber ich habe das Gefühl, dass zwischen dem, was damals passiert ist, und dem, was jetzt passiert, ein Zusammenhang bestehen könnte.«
»Das musst du mir erklären.«
»Menschen sterben in Qumran, und eine kostbare Schriftrolleverschwindet. Das ist zwei Mal passiert. Erst im Fall meiner Eltern, und zwanzig Jahre später im Fall deines Onkels. Da stimmt was nicht, glaub mir.«
»Soviel ich gehört habe, ist der Zutritt zu den Archiven des Vatikans nur mit Genehmigung hoher Geistlicher möglich. Wie kommst du darauf, dass der Bekannte deines Vaters dir helfen kann?«
Jack legte Yasmin eine Hand auf den Arm und führte sie zu dem von Schweizergardisten bewachten Eingang. »Weil ich ihm ein Angebot gemacht habe, das er nicht ablehnen konnte.«
Der silberne Lancia hielt sechzig Meter hinter dem weißen Taxi. Nidal und der Serbe beobachteten das Paar, das ausstieg und zu den Schweizergardisten an der Schranke ging. Sie beobachteten, dass beide zu einer Kontrollstation geführt wurden.
Einer der Wachposten telefonierte und zeigte ihnen dann, in welche Richtung sie gehen mussten. Das Taxi wartete. Nidal kratzte sich am Bart. »Offenbar haben sie eine Verabredung im Vatikan.«
»Was jetzt?« Der Serbe zog eine Maschinenpistole unter dem Sitz hervor, dann nahm er eine Reisetasche aus Leinen vom Rücksitz und schob die Waffe hinein.
Nidals Augen funkelten entschlossen, als er eine Beretta aus der Innentasche zog. »Wir warten. Sie können ja nicht ewig im Vatikan bleiben. Aber vergiss nicht – Cane gehört mir.«
64.
R OM
In dem sonnigen Garten herrschte friedliche Stille. Der Teich war mit Seerosen bedeckt, und aus dem Maul eines steinernen Fisches plätscherte Wasser. Kelly saß in der Mittagshitze und wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirn. Als er leise Schritte hörte, drehte er sich um und sah, dass Papst Coelestin auf ihn zukam. Er trug abgetragene Ledersandalen und eine schlichte weiße Soutane.
Kelly stand auf. »Heiliger Vater. Ich freue mich immer, Sie zu sehen.«
Becket streckte beide Arme aus und drückte Kelly
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