Der zweite Tod
genau nachzudenken.
Sofi ging in Gedanken ihren Besuch bei Kajsa Björklund durch. Das lag schon fast zwei Wochen zurück. Kajsa hatte ihre Rolle so gut gespielt, dass wohl nicht mal Henning Zweifel gekommen wären. Das war auch kein Wunder. Anscheinend hatten Kajsa und Petersson jahrelange Übung darin, ihre Verbindung zu verheimlichen. Aber doch, dachte sie, Kajsa war durchaus erstaunt gewesen. Sie hatte es nur falsch gedeutet. Am Telefon hatte sie geglaubt, Kajsa wundere sich, nach all den Jahren noch einmal von Carl Petersson zu hören, und auf dem braunen Sofa schien Kajsa zu befürchten, dass Lasse ihr doppeltes Spiel zu Anfang ihrer Beziehung wittern könnte. Doch vielleicht war sie über etwas ganz anderes erstaunt gewesen, hatte nicht erwartet, dass die Polizei so schnell auf sie kommen würde. Und sie musste viel eher davor Angst haben, dass die Polizei mehr über ihre Beziehung zu Petersson herausfand als ihr Mann Lasse. War es nur eine wissenschaftliche Beziehung gewesen? Immerhin hatten doch beide inzwischen andere Partner. Doch Mari war erst vor kurzer Zeit in Peterssons Leben getreten. Es sah ihm gar nicht ähnlich, dass er ein ganzes Jahrzehnt niemanden gehabt hatte. Und wen sollte er in seinem ersten Testament begünstigt haben, wenn nicht Kajsa? Vielleicht sollte Lasse prüfen, ob er der Vater seiner Kinder war. Vielleicht sollte er es lieber nicht tun.
»Diese Frau hatte mit Petersson zu tun«, erklärte Barbro Mari. »Wie oft war er denn weg?«
»Recht oft. Auch über Nacht. In Uppsala meist.«
»Du warst ja einmal im Norden an der Küste in dem Sommerhaus.« Barbro holte nun ein Bild von Fohlin hervor.
»Jaja, der war dabei. Das habe ich dem Kommissar schon erzählt.«
»Wie sah es in dem Haus aus? War es eher wohnlich, oder glich es einem Büro?«
»Ein Büro.«
Soft wandte sich an Mari. »Warum hatte Carl kein Mobiltelefon und kein Auto?«
»Der hatte ja ein Telefon. Ein Ericsson. Aber das hatte er nicht immer dabei. Ich habe es nur zweimal gesehen. Es klingelte, und er ging ran.«
»Sofi«, sagte Barbro. »Hast du die Aufnahme von dem Anruf beim Polizeinotruf auf dem Computer?«
Sofi spielte die Aufnahme vor, doch Mari kannte die Stimme nicht.
Sie brachen wieder auf. Im Treppenhaus sahen Barbro und Mari Sofi beim Verschließen der Tür zu.
»Was hast du eigentlich mit deinem Schlüsselbund gemacht?«, fragte Barbro.
»Ich hatte nur die beiden einzelnen Schlüssel zu dieser Wohnung. Die habe ich auf der Fahrt weggeschmissen.«
»Und den Schlüssel zu deiner Wohnung?«
»Meinen Schlüsselbund habe ich liegen lassen.«
»In Peterssons Wohnung?«
Mari nickte. »In der Küche.«
Sofi schüttelte den Kopf. »Das kann nicht sein. Er war nicht hier.«
»Aber es muss so sein. Ich bin von hier zum Haus gefahren, und erst da habe ich gemerkt, dass ich den Schlüssel hier vergessen habe.«
Draußen war die Luft kalt und klirrend. Der Schnee war festgedrückt und rutschig. Wenn er nicht knirscht, macht er keine Freude mehr, dachte Sofi beim Einsteigen. Im Winter war immer klar, dass sie am Steuer saß, weil sie ja aus Värmland stammte. Obwohl sie gerne fuhr, war sie es leid, dass die anderen sich nichts Besseres ausdenken konnten, um nicht selbst ans Steuer zu müssen.
Beim Einsteigen hielt Mari plötzlich inne und sah die Straße hinab. »Der Mann!«, rief sie.
»Wo?«, rief Barbro zurück. Sie sprang aus dem Wagen und sah sich um.
»Nicht hier! Der Mann vom Foto. Er wollte mich in Sevilla überfallen. Ich habe geglaubt, das wäre ein Dieb.«
Mari erzählte, dass der Mann sie durch mehrere Straßen verfolgt hätte.
»Bist du sicher?«, fragte Sofi.
»Ja«, sagte unerwartet Barbro. »Kurz darauf war er in Madrid bei der Kontaktadresse. Dass er in Sevilla war, erklärt auch, warum er erst zwanzig Stunden nach der Entzifferung des Passworts dort angekommen ist. Wie hast du ihn abgehängt, Mari?«
»Ich habe mich in einem Hausflur versteckt und bis zum Morgen gewartet. Dann war ich ihn los.«
Auf der Fahrt schwiegen sie. Sofi war dabei, die Gedanken in ihrem Kopf zu entrümpeln. Barbro tat sicher dasselbe. Zu Beginn der Ermittlung hatte Sofi sehr viel Zeit darauf verwendet, Hintergründe und Verbindungen zu erforschen, für die es zunächst keine sichtbaren Anhaltspunkte gegeben hatte. Dabei hatte sie einen Nachmittag lang alle Telefongesellschaften abgeklappert. Und damals war sie skeptisch gewesen, weil so viele Verbindungen, die normalerweise von einem Menschen in alle
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