Der zweite Tod
Wohnungsverwaltung geholt. Nun stellten sie fest, dass er nicht ins Schloss passte. Damit an Schloss und Klinke keine Spuren zerstört würden, setzten die Polizeischlosser zwei Hydraulikrammen gegen die Stellen, wo die Scharniere saßen. Es gab einen lauten Knall. Die Saugnäpfe an den Rammen verhinderten, dass die Tür durch die Wohnung flog. Per schlug sie in Folie ein und ließ sie ins Präsidium transportieren. Dann machte er sich sogleich an Stellen zu schaffen, die aus der Erfahrung Spuren aufweisen könnten. Kjell und drei weitere Polizisten drängten in die Wohnung.
Sie war leer. Vor dem Fenster, das Linda beobachtet hatte, standen grüne Topfpflanzen, solche, wie man sie in Büros von Sachbearbeitern findet. Aus der Nähe erwiesen sie sich als unecht. Die Pflanzen waren das Einzige, was die Gestalten von gestern Nacht in der Wohnung zurückgelassen hatten.
Die letzte Mieterin war vor zwei Monaten in ein Altersheim gezogen. Bei den Malerarbeiten hatte sich herausgestellt, dass die Küche wegen eines unentdeckten Wasserschadens von Schimmel befallen war, der sich tief ins Mauerwerk vorgearbeitet hatte.
Da es nicht viel zu sehen gab, überließ Kjell die Wohnung der Spurensicherung. Vor dem Haus wartete die Mitarbeiterin der Wohnungsgesellschaft, die die Wohnung betreute.
»Entschuldige, dass wir dich aus dem Bett geholt haben«, begrüßte Kjell sie. »Die Sache ist sehr wichtig.«
Die etwa vierzigjährige Frau lächelte gequält, aber verständnisvoll. Sie hieß Elsa Lumholt und trug eine kurze Fönfrisur. Ihre Haut und sogar ihre Lippen schimmerten grau. Wie lange es wohl bei ihm gedauert hätte, bis er auch so herumlief, wenn Ida nicht gekommen wäre? Sie setzten sich in die Konditorei an der Ecke und bestellten Kaffee und Hörnchen.
»Frau Adell ist zum 1. Oktober ausgezogen«, sagte Elsa. »Ich habe das Übernahmeprotokoll selbst erstellt. Die Wohnung war leergeräumt.«
»Und die Plastikpflanzen?«
Elsa schüttelte den Kopf. »Die Wohnung ist entrümpelt worden. Das Zimmer war leer. In der Küche war es nötig, die Kacheln und die Einbauküche zu erneuern. Die Mieterin hat sogar die Küche von oben bis unten geputzt, obwohl sie wusste, dass wir alles aufreißen müssen. So sind eben alte Leute. Den Wasserschaden haben wir aber erst entdeckt, nachdem die Küchenschränke und die Kacheln entfernt waren.«
»Wer besitzt einen Wohnungsschlüssel?«
»Das kann ich dir genau sagen. Die Tür und den Rahmen haben die Handwerker gleich in den ersten Tagen ausgetauscht. Es gibt vier Schlüssel. Einen hatte die Sanierungsfirma. Die Arbeiten wurden aber bis Mitte Januar eingestellt. Bis dahin haben wir den Schlüssel wieder in Verwahrung genommen.«
»Wann war zum letzten Mal jemand in der Wohnung?«
»Das war am 14. November, einem Dienstag, glaube ich. Ich habe mich mit dem Chef der Sanierungsfirma getroffen und den Kostenplan diskutiert. Dabei haben wir auch den Termin vereinbart, wann die Sanierung beginnen soll. Das ist Montag, der 14. Januar.«
»Du hast also die Wohnung abgeschlossen und bist seit diesem Zeitpunkt im Besitz aller Schlüssel?«
Elsa nickte.
»Bist du sicher, dass dies der richtige Bund ist?«, fragte Kjell und deutete auf den Ring, an dem vier identische Schlüssel hingen.
Sie zeigte ihm das Plastikschild, das auch am Ring hing. »Das bringen wir immer gleich beim Auswechseln des Zylinders an, damit es später keine Unklarheiten gibt. Ich habe sie ja auch mehrmals benutzt.«
Nach Pers Information war der Zylinder, der jetzt in der Tür eingesetzt war, ein übliches Modell, das man in jedem Baumarkt kaufen konnte. Die Wohnungsverwaltung benutzte eine andere Marke. Dass Elsa die Schlüssel verwechselt hatte, war also ausgeschlossen. Nun brauchten sie Fingerabdrücke und DNA aller Arbeiter der Sanierungsfirma, die die Wohnung betreten hatten.
Barbro Setterlind klingelte an einer der Türen im vierten Stock. Eine alte Frau öffnete. Ihre langen weißen Haare waren zu einem nationalromantischen Dutt frisiert. Barbro stellte sich vor und zeigte ihren Dienstausweis. Annie von Krusenstjerna hatte vorher bereits mehrmals die Tür geöffnet und neugierig nach dem Rechten gesehen. Nun war sie sichtlich erfreut, endlich an der Reihe zu sein, und lud Barbro in ihre Küche ein. Sie hatte schon einen Kleiderbügel zur Hand, bevor Barbro über die Schwelle getreten war. Ungefragt goss sie ihr über der mattgescheuerten Spüle Kaffee ein. Jeder Polizist weiß, dass eine Tasse Kaffee bei
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