Der zweite Tod
der Leitung klang. »Wieso erstaunt dich das so?« Jetzt war Henning selbst erstaunt.
»Ich war am Samstag mit Mari dort, weil sie im Sommer mit Petersson dort gewesen war. Und der Mann mit dem Geld war auch dort.«
»Weißt du, was das bedeutet?«, fragte Henning.
»Sag es mir.«
»Dass wir ganz dicht dran sind, ohne es zu wissen.«
»Redest du von der Observierungswohnung?«
»Und vielleicht gibt es noch mehr. Wir haben einige Dinge herausgefunden, und irgendjemand hat nicht damit gerechnet. Ich schwöre dir, wir stehen schon mitten auf der Lichtung.«
»Vielleicht war es in Kairo auch so. Und wir wissen sogar von der Verbindung mit dem Geld. Die Firma heißt SHF. Ich fahre gleich mit Barbro hin.«
»Sollen wir laut oder leise weitermachen?«
»Bist jetzt waren wir laut, oder?«
»Ja«, sagte Henning abgehackt.
»Wir verhalten uns weiter laut und dumm.«
»Noch etwas … In dem Schutt liegt eine Leiche.«
»Wer ist es?«
»Wir sehen bis jetzt nur den verkohlten Rücken tief in der Schlacke. Haare sind keine mehr dran. Per und Hans sind unterwegs.«
»Wisst ihr wenigstens, ob es eine Frau oder ein Mann ist?«
»Nein«, sagte Henning. »Die Leiche liegt zu tief im Ascheschlamm. Wir sind auf dem Weg zu Kajsa Björklund.«
»Ich würde dir empfehlen, vorher mit ihrem Mann Lasse zu sprechen. Der wusste am Samstag nämlich nichts von diesem Haus. Ich habe mir nichts dabei gedacht, die Nähe hätte ja auch Zufall sein können, dort haben so viele Leute Häuser. Nach Sofis Notizen arbeitet er in Norrtälje als Lehrer am Gymnasium.«
Henning und Moa fuhren zum Gymnasium und ließen den Direktor Lasse Björklund aus seiner Klasse rufen. Lasse unterrichtete Gemeinschaftskunde, und Henning war gespannt, was er von Brandstiftung hielt. Lasse trug einen grauen Pulli, der sehr weich aussah, und einen Dreitagebart, an dem sich er hin und wieder kratzte. Sie setzten sich in die Schulcafeteria, wo zwei Damen am Ende ihrer besten Jahre gerade die Unordnung der großen Pause aufzuräumen begannen. Aus der Küche roch man, dass es Weihnachtsschinken zu Mittag geben würde.
»Mein Kollege war ja am Samstag schon bei dir wegen des Hauses in Nysättra«, begann Henning und riss das kleine Zuckerpäckchen mit seinen karottendicken Fingern auf und ließ den Zucker langsam in seinen Automatenkaffee rieseln. »Und dieses Haus ist am Wochenende abgebrannt.« Henning legte das Tütchen auf den Tisch und strich mit der Handkante die danebengegangenen Zuckerstreusel von der Platte. Er rührte langsam mit einem Holzstäbchen im Becher. Von seiner geschiedenen Frau wusste er, wie sehr er Menschen damit zermürben konnte.
Lasse legte seine Stirn in Falten, in der Mitte bildete sich eine senkrechte Kerbe. »Ich habe am Samstag doch bereits gesagt, dass ich dieses Haus gar nicht kenne. Ich weiß also nicht, wieso …«
»Hast du denn deiner Frau oder jemand anders davon erzählt, dass du danach gefragt worden bist?«
In Lasses Blick lag immer noch Unverständnis. »Ich habe Kajsa am Telefon erzählt, dass die Polizei wieder da war. Aber das Haus habe ich vergessen. Das war ja nur eine kleine Nebenfrage gewesen.«
»Du hast ihr also ganz sicher nicht davon erzählt?«
»Nein. Sicher nicht. Ich dachte, es handle sich um eine Verwechslung. Wir haben nur kurz telefoniert. Was ist denn das für ein Haus?«
Immer mit der Ruhe, dachte Henning. Das erzähle ich dir, wenn du deiner Frau gegenüberstehst. Henning freute sich schon darauf. »Ist deine Frau berufstätig?«
»Nur zwei Tage in der Woche. In Uppsala. Sie arbeitet dort in der Universitätsbibliothek. Immer montags und dienstags.«
»Dann ist sie jetzt in Uppsala?«, fragte Henning enttäuscht.
»Dort ist sie schon seit Freitag. Sie fährt sonst immer am Sonntagabend und kommt dienstags nach Feierabend zurück. Sie wohnt dann in der Wohnung ihrer verstorbenen Mutter gleich neben dem Dom.«
Hennings Freude an der List verwandelte sich in Besorgnis. »Ist das so eine Art eheliches Arrangement?«
»Ah, ja, so kann man das nennen. Da kann sie in Ruhe ihren Interessen nachgehen. Ich habe dafür den Mittwoch und Donnerstag. Dann kümmert sie sich um die Kinder.«
Wenn Kajsa noch am Leben war, gab Henning ihrer Ehe noch drei oder vier Jahre. »Und was tut sie dort? Welche Arbeit hat sie?«
»Sie ist für Neuanschaffungen zuständig und Verschlagwortung. Sie bearbeitet nur die Titel ihres Fachgebiets, Alte Geschichte, Archäologie und Orient.«
»Sie hat also Zugang zu
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