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Der Zweite Tod

Titel: Der Zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu warten. Er sah auf die Uhr. Anderthalb Stunden wollte er nicht in einer Studentenbude sitzen.
    Die Sonne schien, also ließ er den Wagen stehen und spazierte durch den Vanadispark zum Antiquariat. Er hielt in einem Cafe und blätterte bei einer Tasse Kaffee in Maris Arbeit.
    Sie begann mit einem Forschungsüberblick zum Paarungsverhalten von Tieren. Jede Tierart besitzt eine gewisse Anzahl an Chromosomen, und nur Tiere der gleichen Art konnten sich paaren. Das Balzverhalten war ein Schlüssel-Schloss-Spiel, mit dem zwei Tiere sicherstellten, dass sie zur selben Art gehörten. Das Weibchen hatte ganz be stimmte Ver haltensmerk ma le, um Männchen anzul ocken und dann zu test en. Auf diese Weise führe die Natur nur solche Männchen und Weibchen zusammen, die auch zueinander passt en, behaupt ete Mari im Vorwort. Kjell war sogleich klar, dass Mari in ihrem eigenen Liebesleben noch völlig am Anfang stehen musste. Es erstaunte ihn, wie schnell sie es bis zum Mord gebracht hatte. Sie war wirklich ehr gei zig.
    Forscher hat ten he raus gefun den, dass Zickig keit und Pro vokation feste Elemente des weiblichen Anlockverhaltens waren. Beides diente dem Zweck, den Trieb des Männchens herauszufordern, anzustacheln und zu prüfen, ob es in richtiger, also artty pischer Weise da rauf re a gierte. Män ner re a gie ren meistens arttypisch, dachte Kjell. Das war wohl das Geheimnis ihrer Unfehlbarkeit.
    Wenn das bei Tieren so war, dann musste das auch bei Menschen so sein. Das war Maris Hypothese. Die Frage war, was am Verhalten von Frauen Anlockstrategie war. Mari hatte dazu ausgiebige Versuchsreihen durchgeführt. In einem Raum hatte sie fünf junge Männer und fünf junge Frauen versammelt. Mari täuschte die Probanden und gab vor, es handle sich um eine soziologische Studie, und bat die Probanden, über Themen wie »Passen Frauen und Männer zusammen?«, »Sind Frauen intelligenter als Män ner?« sowie »Rück wärts Einpar ken als solches« zu diskutie ren. Die Teil neh mer glaubten, es ginge um die statistische Ver tei lung gewisser Ansichten.
    Unabhängig vom Thema warten die Frauen den Männern kurz nach Beginn der Diskussion an den Kopf, »nur mit dem Schwanz zu denken« (44X) und »nur das eine zu wollen« (210X). Niemand von ihnen ahnte, dass auf jede Frau eine Kamera gerichtet war.
    Kjell blätterte zum Ende der Arbeit, wo die Ergebnisse zusammengefasst wurden. Er lachte oft und laut, ging die entscheidenden Szenen in allen seinen bisherigen Partnerschaften durch. Das waren dreiundzwanzig, wenn er die einbis zweiwöchigen mit rechnete.
    Mari hatte nachgewiesen, dass das forsche Anmachen der Männer und das Zurückstoßen der Frauen eine feste Einheit bildeten. Sie fand immer und überall statt und war Teil der Denkhaltung. Der Professor hatte ihm vor hin schon unnötiger weise erklärt, dass fast alles, was ein Mensch denkt, fühlt und tut, ins tinkt- und triebgesteuert sei. Von ei nem freien Intel lekt könne keine Rede sein.
    Mari behauptete in ihrer Arbeit, dass es sich um eine Art Paarungstanz handle, wenn Frauen sich über den Sexualdrang eines Mannes beschwerten. Sie hatte Paare befragt, bei denen die Frau sich so geäußert hatte. Später hatte Mari sich heimlich mit dem Mann getroffen und ihn instruiert, sich in der folgenden Zeit sexuell uninteressiert zu zeigen. Die Frauen waren von dem Ver haltens wechsel ir ritiert, über nahmen dann selbst den treibenden Part, und als das nichts nutzte, wurden die meisten aggressiv. So aggressiv, dass sie schlugen. Eine hatte gebissen. Madeleine hatte ihn nie geschlagen, aber einmal in einem anderen Zusam men hang zugebissen.
    In Kjells Augen machte Maris Entdeckung die Frauen noch liebenswerter. Ihr Paarungsverhalten war in jedem Fall ausge fallener als das der Männer, daran änderte auch Maris Arbeit nichts. Er verließ das Cafe, schlenderte den Sveavägen hinunter und verbarg sich im Eingangsbereich der überfüllten Buchhandlung. Eine Viert elstunde lang sah er Ida beim Kassieren und Einsor tie ren ei ner Er gän zungslie ferung zu. Ein mal blickte sie für einen Moment in seine Richtung und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Sie sah ihn nicht.

18
    Polizeiinspektorin Sofi Johansson saß am Mittag im Schlafanzug am Küchentisch ihrer Wohnung in der Sofiagatan. Der Küchenboden war voller Skizzen und Notizen. Am frühen Nachmittag zog sie sich an und fuhr mit der grünen Linie zu Peterssons Wohnung. Dort versuchte sie, am Computer neue Informationen über den

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