Der Zweite Weltkrieg
zugleich gingen US-Truppen bei Salerno an Land. Der am 3.9. unterzeichnete Waffenstillstandsvertrag konnte nun bekannt gemacht werden. Doch inzwischen hatte die Wehrmacht Mittelitalien mit Rom längst im Griff. Badoglio und dem König gelang nur noch die Flucht nach Bari, wo sie in düsteren Marinequartieren als alliierte Marionetten ihre Amtsgeschäfte fortzusetzen suchten.
Vorgesorgt für den Fall eines Rückzugs Italiens aus dem Krieg hatte OB Süd Kesselring: Posten der Fallschirmjäger beim Einweisen eines in Rom einrückenden Wehrmachtkonvois im September 1943
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(c) dpa/picture alliance
Verwirren und verunsichern
Psychologische Kriegführung
Der seit 1939 tobende Krieg verlangte in einem bisher ungekannten Ausmaß den Einsatz aller Kräfte. Kein Bereich des gesellschaftlichen Lebens blieb verschont, die Front war überall, nicht nur draußen bei den kämpfenden Heeren, sondern auch daheim. Die psychologische Kriegführung mit ihrer Propaganda wurde daher zu einem wichtigen Element der Gesamtkriegführung. Nach innen gerichtet, versuchte sie Moral und Widerstandswillen zu stärken; auf den Gegner gerichtet war ihr Ziel, Verwirrung und Verunsicherung zu stiften.
Man unterschied dabei „weiße“, „graue“ oder „schwarze“ Propaganda. Die weiße nannte klar und erkennbar Auftraggeber oder Produzenten. Dazu gehörten die „Passierscheine“, die von militärischen Behörden ausgegeben wurden und Überläufern gute Behandlung versprachen. Graue Propaganda ließ sich ihrer Herkunft nach nicht sofort identifizieren. Beispiel dafür waren die „Nachrichten für die Truppe“, eine angeblich von der deutschen Wehrmacht herausgegebene angloamerikanische Flugblattzeitung, die als Feindpropaganda jedoch leicht zu durchschauen war. Schwarze Propaganda schließlich arbeitete mit allen Mitteln der Täuschung. So enthielt ein britisches Flugblatt einen gefälschten Brief des Jagdfliegers Mölders, in dem der populäre Kriegsheld seinen christlichen Glauben und seine Ablehnung des Hitler-Regimes bekannte. Das Falsifikat war so gelungen, dass weite Kreise der deutschen Bevölkerung es für echt hielten.
Dutzende von Geheimsendern
Ein weiteres Betätigungsfeld fand die Propaganda im neuen Medium des Rundfunks. Der „Krieg der Ätherwellen“ entwickelte sich zu einer Spitzendomäne der psychologischen Kriegführung, deutsche und englische Rundfunkpropagandisten brachten es zu bemerkenswerter Perfektion, so auf englischer Seite Sefton Delmer oder auf deutscher der als Lord „Haw-haw“ berüchtigte William Joyce. Nach einer Zusammenstellung des Auswärtigen Amtes gab es im Februar 1944 insgesamt 55 Geheimsender der Feindmächte, die ihre Programme in 16 Sprachen ausstrahlten, als einer der gefährlichsten galt der Soldatensender Calais (siehe Kasten).
Die deutschen Geheimsender erreichten ihre Höhepunkte vor dem Hintergrund der „Blitzsiege“ der deutschen Wehrmacht. „Radio Humanité“ und „Voix de la Paix“ erzeugten mit Gräuelpropaganda Panik unter der französischen Bevölkerung und lösten ein Flüchtlingschaos aus, das für die Operationsfreiheit der alliierten Verbände im Frankreichfeldzug zum bedeutenden Hindernis werden sollte. Auf den Kriegsausgang im Großen hatte die Propaganda wohl keinen Einfluss. Der von den Alliierten erhoffte psychische Kollaps der deutschen Zivilbevölkerung trat trotz aller Rundfunksendungen und trotz des Abwurfes von Milliarden von Flugblättern nicht ein.
Soldatensender Calais
An der engsten Stelle des Ärmelkanals zwischen England und Frankreich liegt auf französischer Seite die Stadt Calais. Nach ihr benannten die Engländer einen im Oktober 1943 gegründeten Propagandasender, obwohl die Stadt noch in deutscher Hand war. Der Soldatensender Calais war der stärkste Europas und verbreitet unter Leitung von Denis Sefton Delmer bis zum Kriegsende in deutscher Sprache geschickt gewählte und dosierte Nachrichten und erfolgreiche Unterhaltungssendungen, die deutsche Emigranten und britische Journalisten gestalteten. Da er anders als die offiziellen deutschen Sender meist wahrheitsgemäß berichtete, erreichte er hohe Glaubwürdigkeit. Trotz schwerer Strafen für das Hören von „Feindsendern“, war seine Wirkung auf die deutschen Soldaten wie auch auf die Zivilbevölkerung nie ganz auszuschalten
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Feindliche Agenten könnten überall lauern; das sollte die allenthalben zu lesende Parole „Feind hört mit!“ suggerieren. Eine unnötige Warnung, denn der
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