Derek Landy
die Seite. Ihr Kopf
schmerzte und ihr war übel, aber es gelang ihr, die Beine anzuziehen und sich
hinzukauern. Um sie herum rumste es erneut; es waren eindeutig Kampfgeräusche.
Zwei Gestalten, die sich im Wechsel an die Wände klatschten. Sie tat einen
tiefen Atemzug, dann noch einen und kämpfte gegen die Übelkeit. Mit jedem
Augenblick, der verging, kehrte ihre Kraft zurück. Die Welt wurde klarer. Sie
stand auf.
Fletcher stolperte aus dem Dunkel auf sie zu. Ein Knurren
war zu hören und er drehte sich in dem Moment um, als Caelan sich auf ihn warf.
Danach verschwanden beide.
Walküre runzelte die Stirn und überlegte, was Caelan wohl
hier machte, als ein Schwindel sie erfasste und sie beinahe vornübergekippt
wäre. Es gelang ihr gerade noch, sich auf den Beinen zu halten und auf den Flur
zu stolpern. Dort fiel sie gegen die Wand und blieb erst einmal angelehnt
stehen, um neue Kräfte zu sammeln. Dann zog sie einen kleinen Schlüssel aus der
Tasche, schloss die Handfessel auf und steckte beides ein. Warmes Blut lief ihr
übers Gesicht.
Ihr Handy lag nicht weit entfernt auf dem Boden. Sie
streckte die Hand aus, spürte auch die Luft, aber es dauerte ein paar Sekunden,
bis sie sich so weit konzentrieren konnte, dass sie es zu sich heranziehen
konnte. Das Handy flog ihr in die Hand und sie steckte es in die Tasche. Dann
stieß sie sich von der Wand ab. Sie hatte ihr Gleichgewicht wieder, sie hatte
ihre Kraft wieder. Ihr tat zwar alles weh, aber sie würde es überleben.
Walküre fand das Zimmer wieder, in dem Sanguin wartete. Als
er sie sah, hob er eine Augenbraue, sagte jedoch nichts. Er sank mit ihr in den
Boden, grub sich langsam in die Erde und unter der Straße durch. Dabei atmete
er schwer und kämpfte gegen den Schmerz.
Endlich hörte Walküre Rufe. Hände griffen nach ihr und zogen
sie aus der Erde. Sie waren auf der anderen Straßenseite herausgekommen, in
einiger Entfernung vom Hibernian-Kino. Als sie die Augen öffnete, sah sie Grässlich,
der Sanguin auf die Beine half. Aber er hatte die Faust geballt, bereit
zuzuschlagen. Sie rief seinen Namen und er drehte sich verwundert um.
"Unsere Seite", hustete sie in Skulduggerys Armen.
"Er ist auf unserer Seite."
Grässlich blickte Sanguin stirnrunzelnd an und ließ ihn los.
Der Texaner fiel erschöpft auf die Knie.
Walküre hörte Geschrei.
"Sie haben uns gesehen", stellte Tanith fest.
"Alles in den Van", befahl Skulduggery.
Sie rannten los, die Restanten hinter ihnen her. Grässlich
sprang hinters Steuer und sie preschten mit quietschenden Reifen davon.
"Willst du ins Gebirge fahren?", fragte Tanith.
"Ich weiß ja, dass das Ding schnell ist, aber mir gefällt die Vorstellung
von einem fünfstündigen Autorennen auf vereisten Straßen nicht. Außerdem haben
sie Fletcher. Er könnte die ganze Bande an jeden beliebigen Ort zwischen dem
Kino und Kerry teleportieren und wir würden direkt in sie hineinrauschen."
"Fletcher ist abgelenkt", berichtete Walküre.
"Ich weiß allerdings nicht, für wie lange. Caelan war bei ihm. Er hat mir
geholfen. Kenspeckel ist tot."
Einen Augenblick lang waren alle wie gelähmt, doch
Skulduggery brach rasch das Schweigen. "Wir müssen wenigstens so lange den
Vorsprung wahren, bis wir uns irgendwo verstecken können. Dann lassen wir sie
überholen; sie sollen ruhig vor uns in Kerry ankommen. Wir können uns dann Zeit
lassen und wohlüberlegt handeln."
"Das wird knifflig", murmelte Grässlich. "Ist
es eigentlich immer."
EIN PLAN WIRD DURCHKREUZT
Walküre kaute auf einem Blatt, um den Schmerz zu betäuben,
während Tanith ihr, so gut sie konnte, die Schnittwunde an ihrer Wange nähte.
Als Tanith fertig war, lehnte Walküre sich zurück und schloss die Augen.
Nachdem sie eine Stunde gefahren waren, bogen sie von der
Hauptstraße ab und holperten zwanzig Minuten lang über schmale, vereiste
Straßen voller Schlaglöcher. Dann wandten sie sich nach Norden, wo sich die
Gebirgskette von Ost nach West erstreckte. Walküre hielt den Kopf gesenkt. Es
war warm in dem Van, doch die Wärme tröstete sie nicht. Nach allem, was sie
gesehen und durchgemacht hatte, wollte sie einfach nur die Arme ihres Freundes
um sich spüren. Manchmal ist der größte Trost auf der ganzen Welt eine
Umarmung.
Es wurde dunkel und Grässlich schaltete die Scheinwerfer
ein. Innerhalb von zwei Stunden begegneten ihnen drei Autos und bei jedem
bereiteten sie sich auf einen Angriff vor. Doch die Fahrer waren Menschen und
sterblich und stellten
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