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Derek Landy

Derek Landy

Titel: Derek Landy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebellion der Restanten
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wieder draußen am Pier - und waren nicht umzingelt von
Restanten. Sie bemühte sich, ihren Seufzer der Erleichterung, so gut es ging,
zu unterdrücken.
    "Carol hat eine Panikattacke", verkündete Crystal
und wies mit dem Daumen auf ihre Schwester, die hechelnd im Kreis herumlief.
    "Ich hatte sie doch eben so weit, dass sie damit
aufhört", murmelte Fletcher und ging rasch zu ihr.
    "Ist das dein Freund?", wollte Crystal wissen, als
er außer Hörweite war.
    "Ja."
    "Er ist aber älter als du. Vielleicht ist ihm jemand
wie ich lieber. Ich bin fast so alt wie er."
    "Stimmt. Aber trotzdem. Kann ich mir nicht
vorstellen."
    "Hat er einen Bruder?" "Nö."
    "Er ist super." "Das findet er auch."
"Seine Frisur ist der Wahnsinn." "Sie widersetzt sich der
Schwerkraft und jeder Vernunft."
    "Wo hast du ihn kennengelernt?" "Ich habe
mitgeholfen, ihm das Leben zu retten." "Oh." Crystal nickte, als
sei ihr plötzlich alles klar. "Dann ist er aus reiner Dankbarkeit dein
Freund." Walküre seufzte.
     
    DIE RESTANTEN SIND LOS
     
    Eamon Campbell war ein Milchmann, den weder Regen noch Hagel
noch Eisregen oder Schnee schreckte. Er nahm seinen Job ernst und verrichtete
seine Arbeit mit derselben Hingabe wie sein Vater und wie dessen Vater vor ihm.
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der Eamon noch guter Hoffnung war, dass
die Tradition sich fortsetzen würde, wenn er irgendwann einmal nicht mehr war,
doch inzwischen fürchtete Eamon, dass sich die Zeit der Campbell'schen
Milchmänner ihrem Ende zuneigte - es sei denn, bei seinem Sohn legte sich
irgendwann in nächster Zukunft die Begeisterung für Buchführung. Eamon hatte
keine Zeit für Buchführung. Dabei ging es doch immer nur um Zahlen und Ziffern
und komplizierte Aufstellungen. Er mochte Buchführung nicht und er traute ihr auch
nicht.
    Milch dagegen mochte er. Milch war einfach. Die besten Dinge
im Leben sind einfach, hatte Eamon oft gedacht. Seine Arbeit. Seine Frau. Die
besten Dinge eben.
    Früh aufzustehen machte ihm nichts aus. Im Gegenteil, ihm
gefiel es, vor allen anderen auf zu sein, bei Nacht zu arbeiten und den Leuten
die Milch an die Haustür zu bringen. Er war der Letzte einer aussterbenden Art
und erzählte das gern jedem, der bereit war zuzuhören. Heutzutage konnte jeder
seine Milch in riesigen Supermärkten kaufen. Wo bleibt da die persönliche
Note?, fragte er sich oft. Die Mühe?
    Eamon saß in seinem Milchwagen und bremste vorsichtig auf
der vereisten Straße. Eine Menge Leute beklagten sich über das Wetter. Eamon
nicht. Er war daran gewöhnt. Wer um drei Uhr morgens zu arbeiten beginnt, kann
sich an alles gewöhnen. Er schaltete das Radio aus. Gerade war von Schlägereien
in einem Nachtclub berichtet worden und er schnalzte missbilligend mit der
Zunge. Als er jung war, war noch alles anders gewesen. So viel stand fest.
    Er stieg aus, öffnete die seitliche Klappe an seinem
Lieferwagen, holte drei Kartons Milch heraus und stellte sie auf die Treppe vor
dem Haus Nummer 11. Nummer 12 kaufte die Milch im Supermarkt, weshalb er dieses
Haus nur mit einem finsteren Blick bedachte. Er stellte zwei Kartons vor Nummer
13 ab und ebenfalls zwei vor der Nummer 14. Was ihm bei seiner Arbeit fehlte,
war das Klirren der Milchflaschen. Einige seiner liebsten Kindheitserinnerungen
hatten mit dem Klirren von Milchflaschen in den großen Händen seines Vaters zu
tun.
    Er sah den Jogger auf dem Grünstreifen am Straßenrand auf
sich zukommen und brummte vor sich hin. Seit ein paar Monaten lief der Jogger
nun schon jeden Morgen um dieselbe Zeit hier entlang und grüßte im Vorbeilaufen
mit einem Nicken und einem Lächeln. Er trug reflektierende Bänder an den
Oberarmen und um die Taille und blinkende Lichter an den Handgelenken. Er sah
lächerlich aus, aber das war nicht der Grund, weshalb Eamon ihn hasste. Eamon
hasste ihn aus dem einfachen Grund, weil er ihm seine Alleinzeit gestohlen
hatte.
    Diese Zeit am Morgen zwischen 3 Uhr und 5:30 Uhr gehörte
Eamon. Er war der Einzige, der auf war, der Einzige, der wach war, der Einzige,
der aktiv war. Und dann kam dieser Heini daher, beleuchtet wie ein hoch
aufgeschossener Weihnachtsbaum, und störte seine Routine. Ein Nicken und ein
Lächeln. Eamon wollte nicht, dass irgendjemand ihm zunickte und ihn anlächelte,
schon gar nicht so ein blinkender Hornochse, den man wahrscheinlich noch aus
dem Weltall sehen konnte.
    Eamons Reaktion bestand darin, den Mann einfach zu
ignorieren. In den ersten Wochen hatte das auch gut funktioniert. Der

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