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Derek Landy

Derek Landy

Titel: Derek Landy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebellion der Restanten
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Jogger
joggte vorbei, nickte und lächelte, und Eamon schaute hinunter auf seine
Milchkartons oder er schaute hinauf zu den Sternen oder hinüber zu der Hecke.
Der Jogger musste gemerkt haben, dass er ignoriert wurde, denn er begann, so
dicht an Eamon vorbeizulaufen, wie es eben noch ging, ohne ihn umzurennen, und
als das nichts brachte, fügte er seinem Repertoire ein Winken hinzu und danach
ein "Wie geht's?". Es wurde immer schwieriger, ihn zu ignorieren,
aber Eamon hatte sich vorgenommen, sich von diesem dahergelaufenen Kerl nicht
unterkriegen zu lassen.
    Eamon belud seine Arme mit Milchkartons. Als er hochschaute,
fiel ihm auf, dass der Jogger nicht in seinem üblichen tänzelnden Gazellengang
daherkam. Er rannte. Dass jemand rannte, konnte Eamon verstehen. Man lief
schnell, weil man dringend irgendwohin musste. Dieses Jogging-Zeug verstand er
nicht. Es war wie Rennen, nur langsamer, man hatte es also offensichtlich nicht
eilig, an seinem Ziel anzukommen. Warum also nicht einfach gehen?
    Immer noch vor sich hin grummelnd überquerte Eamon die
Straße und steuerte die Hausnummer 9 an. Eher unbeabsichtigt blickte er noch
einmal zu dem Jogger hinüber, dessen Schritte auf dem mit Raureif überzogenen
Gras knirschten. Er kam in vollem Lauf daher. Nicht wie eine Gazelle, sondern
wie ein Löwe. Ein Löwe, der sich seiner Beute nähert.
    Der Jogger verließ den Grünstreifen und rannte über die
Straße. Er lief direkt in Eamon hinein und warf ihn um. Die Milchkartons flogen
durch die Luft, landeten auf dem Boden und platzten auf. Milch spritzte herum.
Eamon hätte fast geweint.
    "Was fällt dir ein?", brüllte er und versetzte dem
Jogger einen Stoß, damit er von ihm herunterkullerte. "Du hättest mich
umbringen können!"
    Schäumend vor Wut rappelte er sich auf. Der Jogger war
bereits auf den Beinen. Mit seinem Gesicht stimmte etwas nicht.
    Die Hände des Joggers schlossen sich um Eamons Hals und drückten
so fest zu, dass in Eamons Kopf sofort das Blut zu hämmern begann. Er krächzte,
rutschte nach hinten weg und zog den Jogger mit. Sie schlitterten auf dem Eis
herum, doch der Jogger ließ nicht los. Der Druck seiner Hände war
unwahrscheinlich stark. Sein Gesicht war von dunklen Adern durchzogen und er
hatte schwarze Lippen.
    "Ich hab dich nie leiden können, Alter",
verkündete er grinsend.
    Eamon stieß gegen seinen Lieferwagen und tastete nach einer
Waffe. Hätte er seinem Angreifer eine Milchflasche über den Kopf ziehen können,
wäre der Spuk schnell vorbei gewesen. Ein Milchkarton hatte nicht annähernd
dieselbe Wirkung.
    Eamon drückte nun seinerseits, wobei er sich mit dem Rücken
am Lieferwagen abstützte, um wenigstens etwas Halt zu haben. Die Laufschuhe des
Joggers, an deren Absätzen hübsche Lichtlein blinkten, rutschten auf dem Eis
weg. Eamon verstärkte den Druck und dirigierte seinen Gegner auf die
Milchpfütze zu. Dem Jogger riss es die Beine weg und er ließ los. Er stürzte,
Eamon taumelte rückwärts und rang nach Atem. Der Jogger lachte und öffnete
dabei weit den Mund.
    Eamon beobachtete, wie ein schwarzer Schatten sich aus dem
Mund des Joggers zog und hinüberflatterte zum Haus Nummer 9. Der Schatten hob
die Klappe über dem Briefschlitz und verschwand darin.
    Eamon riss die Augen auf. In all seinen Jahren als Milchmann
hatte er so etwas noch nie erlebt.
    Er blickte hinunter auf den Jogger, der aussah, als sei er
eingeschlafen. Da lag er und die ganzen blöden Lichter blinkten weiter. Die
schwarzen Adern waren verschwunden und er stellte für Eamon keine größere
Gefahr mehr dar als ein frisch geschlüpftes Entchen. Doch das Ding, das
Schattending, war jetzt im Haus Nummer 9 und Eamon hatte eine Verantwortung
gegenüber den Leuten, denen er Milch brachte. Er musste helfen. Die Hände zu
Fäusten geballt ging er über die Straße.
    Er war noch nicht in der Mitte angelangt, als das Flurlicht
anging. Einen Augenblick später wurde die Tür geöffnet. Eine junge Frau von
vielleicht fünfundzwanzig Jahren stand barfuß und im Schlafanzug auf der
Schwelle. Eamon zog seinen Hut und wollte etwas sagen, als die Frau die Treppe
herunterstürmte und direkt auf ihn zukam.
    Während er sich schon umdrehte, sah er noch die dunklen
Adern in ihrem Gesicht. Er wollte weglaufen, doch sie sprang ihm auf den
Rücken. Er versuchte sie abzuschütteln, aber sie war stark, stärker als er, und
dabei war sie doch nur eine halbe Portion. Sie lachte über seine Bemühungen und
ihre Hände umklammerten seinen Kopf so

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