Des Abends eisige Stille
durstig.
Mir gefällt es hier nicht. Es ist sehr kalt.
Sind Sie noch da?
Ich will zu meiner Mami.
Können wir jetzt nach Hause fahren, bitte? Ich werd auch nichts erzählen, wenn Sie mich freilassen, ich kann zu Fuß heimgehen. Ich kann sehr gut laufen.
Ich bin ein ziemlich guter Läufer. Das sagen alle. Ich bin gut bei Spielen.
Wo sind Sie?
Können Sie mich hören?
Ich will nicht hierbleiben. Es ist kalt. Es ist furchtbar hier.
Ich bin jetzt durstig. Und hungrig. Ich hab nichts zu essen gehabt. Warum haben Sie mir nichts gegeben?
Werden Sie mich töten?
Ich hab nichts Falsches gesagt. Wenn doch, tut es mir leid.
Ich hab nichts getan. Ich hab überhaupt nichts getan.
Ich weiß wirklich nicht, warum Sie mich hierhergebracht haben.
Ich versteh das alles nicht.
Ich will jetzt zu meiner Mami.
Ich wünschte, jemand wäre hier.
Es würde mir nicht mal was ausmachen, wenn Sie hier wären. Ich mag Sie zwar nicht, aber ich mag auch nicht allein hier sein.
Es würde mir nicht mal was ausmachen, wenn ein Hund hier wäre.
Oder eine Ratte.
Es ist sehr kalt.
Die Dunkelheit macht mir nichts aus. Es ist dunkel, aber das macht mir nichts aus. Ich fürchte mich nicht vor der Dunkelheit. Nicht sehr.
Ich will jetzt nach Hause, bitte.
Ich weine oder schreie nicht, stimmt’s?
Ich werde nicht weinen oder schreien. Wenn Sie mich nach Hause bringen. Oder mich einfach nur rauslassen. Die Tür öffnen. Oder dieses Klappending. Ich kann zu Fuß nach Hause gehen. Ich weiß nicht, wie weit es ist, aber ich kann gut laufen.
Ich will nicht hier sein.
Bitte.
Ich will nicht hier sein.
[home]
22
D a müssen Uniformierte hin, im Turnus, immer zu zweit, rund um die Uhr. Parker wird nach Schutz brüllen, sobald wir ihm den Rücken zukehren, also tun wir das nicht.«
Der DCI legte seine Füße auf den Schreibtisch und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
»Ich wollte mit Ihnen über die Dulcie-Siedlung sprechen, Chef.«
»Kreischende Vetteln.«
»Das ist mein Terrain, meine Gegend. Ich kannte die Hälfte der Frauen, die heute Morgen vor Parkers Haus rumgekreischt haben. Bin mit ihnen zur Schule gegangen.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Vielleicht sollte ich da wegbleiben.«
»Die Tatsache, dass es Ihre Gegend ist, macht Sie dort wertvoller als jeden anderen. Sie haben eine Nase dafür, kennen die Leute, wissen, was in ihren Häusern vorgeht, wer wer ist …«
»Das gefällt denen nicht.«
»Haben die Ihnen zugesetzt? Das können Sie verkraften. Ich kann die Dulcie für Sie nicht zur Tabuzone machen, Nathan.«
»Bei mir machen die den Mund nicht auf. Ich bin ein Verräter, verstehen Sie.«
»Pech.«
»Mir ist da aber noch was anderes aufgefallen.«
»Das hat Zeit. Inzwischen stehen wir mit dem Rücken an der Wand, und die Presse bedrängt mich. Die werden natürlich die Parker-Geschichte ausgraben und Blut lecken. Unternehmen wir genug? Warum haben wir keine Fortschritte gemacht? Tja, warum nicht? Die Spur ist kalt geworden. Nein, stimmt nicht, sie war von Anfang an kalt.«
»Von den anderen Dienststellen ist nichts reingekommen?«
»Nicht ein Piep. Der Junge aus Cumbria ist gefunden worden. Tim Fenton.«
Simon lehnte sich gefährlich mit seinem Stuhl zurück, kippte gegen die Fensterbank. Nathan wartete. Wenn der DCI auf diese Weise schwieg, kam immer etwas nach.
»Gut, das hätten wir schon längst machen sollen. Eine Rekonstruktion.« Er stand auf. »Übermorgen. Ich brauche einen Jungen in Davids Alter, mit seiner Figur, seiner Größe … genauso gekleidet. Ich will, dass alle Eltern, die Kinder auf dieser Route zur Schule bringen, genau das tun, was sie an dem Morgen getan haben, an dem David verschwunden ist. Reden Sie mit der Schule … Bereiten Sie die Nachbarn vor … die ganze Straße. Alle müssen genau das tun, was sie an jenem Morgen getan haben.«
»Geht klar, Chef.«
»Ich fahre zu den Angus und rede mit ihnen darüber.«
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23
D ie Garage war kalt und von einer Neonröhre erleuchtet. An der gesamten Rückwand reichten graue Metallregale vom Boden bis zur Decke. Neben der Tür, die ins Haus führte, war eine Gefriertruhe untergebracht, deren Deckel geöffnet war. Marilyn Angus stand daneben. Sie trug eine alte Schaffelljacke ihres Mannes und schwarze, nach Öl riechende Handschuhe, die sie auf dem Regal gefunden hatte.
Sie hatte die Gefriertruhe abgestellt und vollkommen ausgeleert. Vieles hatte sie zum Wegwerfen in schwarze Säcke gepackt; den Rest hatte sie in
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