Des Abends eisige Stille
Glories gegessen hatten. Wenn Fredos Dad seinen großzügigen Tag gehabt hatte, dann einen für jeden; wenn nicht, einen für sie alle und entsprechend viele Löffel. Dino’s.
»Die Maschine macht immer noch denselben Krach. Sie haben immer noch Kirschen auf der Tapete und Plastikananas als Zuckerstreuer.«
»Lieber Himmel.«
»Das waren sie aber nicht.« Lee Carter stand auf.
»Was?«
»Die Zeiten. Falls du das hättest sagen wollen. Die Zeiten waren scheiße. Jetzt sind die guten Zeiten, Andy, und vergiss das gefälligst nicht.«
Lee Carter schlüpfte in seine Lederjacke und verließ das Pub, ohne sich noch einmal umzuschauen.
Als Andy ihm schließlich folgte, regnete es in Strömen, so heftig, dass er von einem Türeingang zum nächsten huschte und unter Ladenmarkisen stehen blieb, von denen ihm dann Wasser in den Jackenkragen rann. Er besaß keinen Regenmantel – überhaupt keinen Mantel. Er stand da, blickte in das Schaufenster eines Elektroladens auf Konvektoren und Dampfbügeleisen. Er wusste, was er wollte. Er wollte sein eigenes Haus, sein eigenes Vorderzimmer, Sofa, Fernseher, Heizung, Teppiche. Seine eigene Tür, seinen eigenen Schlüssel. Freiheit als solche reichte nicht mehr. Das erregende Gefühl, hinauszugehen und herumzulaufen, wann er wollte, ein Pub, einen Laden oder ein Café zu betreten, wann er dazu Lust hatte, all das hatte sich abgenutzt. Er war eine Stufe weiter. Er hatte begonnen unzufrieden, sogar gereizt zu sein. Mehr zu wollen. Viel mehr.
Wieder duckte er sich in Hauseingänge und wartete auf einen Bus zur Dulcie-Siedlung.
Michelle war nicht da. Pete war in der Küche.
»Wollte mit dir reden«, sagte Pete, stand in der Tür, die Hände in die Seiten gestemmt; sein Bauch hing ihm über den Gürtel hinunter. Er hatte einen dünnen Schnauzer und eine dünne Bartlinie um das Kinn herum und Stoppeln dazwischen. Darunter war seine Haut rosa wie die eines Schweinchens. Andy konnte ihn sich im Gefängnis als einen der Schließer vorstellen, die schikanierten und ihre Lieblinge hatten und hässliche kleine Spielchen spielten. Er hatte nie verstanden, was seine Schwester an diesem Pete fand.
»Ich hoffe, Michelle steht bei dem Sauwetter nicht vor dem Haus von diesem Pädo«, sagte Andy und zog seine Jacke aus.
»Ihre Sache. Wir wollen keine Perversen hier. Das ist eine anständige Gegend.«
»Seit wann?«
»Bis sie dich rausgelassen haben.«
»Kann ich mal durch und das am Herd zum Trocknen aufhängen?«
Unbeweglich wie ein Hackklotz blieb Pete in der Tür stehen.
»Okay, dann eben nicht.«
»Wie lange willst du eigentlich noch hier rumhängen? Ist jetzt schon eine Weile. Kommt mir wie Jahre vor. Ich wollte dir eigentlich sagen, dass es Zeit wär, dir einen Job zu suchen, nur hab ich komischerweise einen für dich gekriegt. Im Lagerhaus an der Culvert Street. Die brauchen einen Verlader. Hab ein Wort für dich eingelegt. Der Vorarbeiter ist ein Kumpel von mir.«
»Ich hab einen Job.«
Andy wandte sich von seinem Schwager ab und ging ins Wohnzimmer, wo der Fernseher vor sich hin schwafelte. Andy blieb stehen und schaute zu. Ein Mann stand in einem Garten und fuchtelte mit den Armen.
»Ich glaub dir nicht. Das hast du grad erfunden.«
»Nein.«
»Als was denn? Was für eine Art Job?«
»Autos.«
»Was soll das heißen, Autos? Du bist kein Mechaniker.«
»Export.«
»Red so, dass man dich verstehen kann.«
»Topmodelle, vorbereiten für den Export.«
Der Mann winkte und ging langsam einen grasbewachsenen Gartenweg zwischen breiten Blumenbeeten entlang. Kletterrosen und Klematis rankten sich an einer alten Ziegelmauer hinauf.
Pete suchte nach Worten. Andy beachtete ihn nicht.
»Wo hast du den Job her? So was kriegt man nicht bei der Jobvermittlung, und wer würde dir einen geben, mit deiner Vorstrafe?«
»Dachte, du sagtest, du hättest einen für mich gekriegt – mit meiner Vorstrafe.«
»Hab’s nicht erwähnt.«
»Ah ja.«
»Was bezahlen die dir?«
»Genug. Kann ich eine Tasse Tee haben?«
Der Mann lehnte sich an die Statue einer nackten Frau. Eine Biene summte um seinen Kopf.
»Wenn du jetzt einen Job hast, suchst du dir auch eine Wohnung?«
Andy drehte sich um und sah Pete an.
»Worauf du wetten kannst.«
Die Hintertür öffnete sich und schlug hinter Michelle zu.
»Bin klatschnass. Pete, hast du den Kessel nicht angestellt?«
Pete wandte sich von der Tür ab. »Er hat einen verdammten Job«, sagte er. »Soll Autos exportieren. Was weiß der
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