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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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und der Planung der Gärten von Seaton Vaux zu arbeiten, würde ein Traumjob sein. Gleichzeitig war es eine beängstigende Aufgabe. Sie würde all ihre Fähigkeiten, ihre Gesundheit und Kraft brauchen.
    »Leben«, sagte sie laut in die Küche hinein. »Leben!«

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    38
    Mein Liebling,
    ich sitze bei einem Glas Sancerre, gekühlt, so wie Du ihn magst. Es ist halb zwei Uhr morgens, und ich kann nicht schlafen. Ich habe kaum geschlafen, seit ich im Eiltempo nach London zurückgefahren bin wie etwas, das in sein Loch zurückflitzt, nachdem Du mich aus Deiner Wohnung geworfen hast. Zu hart? Ja … ich nehme es zurück. »Mir gezeigt hast, wie unwillkommen ich in Deiner Wohnung war.«
    Ich habe mich geschämt. Ich kam mir vor wie ein Trottel. Ich spürte mit der tiefsten Gewissheit meines Lebens, dass ich Dich liebe, schon seit langer Zeit. Ich glaube, es hat alles als freundliches Spiel begonnen, sowohl von meiner Seite als auch von Deiner, nicht wahr? Wir suchten wohl beide einen Gefährten für einen netten Abend, ein bisschen Gesellschaft, sagt man das nicht so? Und ein wenig unbeschwerten Sex. Das hat auch eine Zeitlang funktioniert, aber jetzt ist mir klar, dass es für mich nur eine sehr kurze Zeit war.
    Ich habe mich in Dich verliebt. Ich wollte das nicht, und ich habe es mir lange Zeit kaum eingestanden. Habe es sicherlich Dir nie gestanden. Es verdirbt alles. Es hat alles verdorben. Aber so ist es. Ich bin aus Verzweiflung zu Dir gekommen, nachdem ich die Nachrichten auf Deinem Anrufbeantworter hinterlassen hatte, auf die Du Dich nie gemeldet hast. Ich wollte wissen, was ich empfinde, wenn ich Dich wiedersehe. Vielleicht hatte ich mich geirrt, würde Dich vielleicht nicht mehr lieben und so sehr begehren. Das wäre eine Erleichterung gewesen. Aber so war es nicht. In dem Moment, als Du die Tür geöffnet hast, wusste ich, dass sich nichts in mir geändert hatte, nur gewachsen und stärker geworden war.
    Es war so gut mit uns, aber es könnte noch so viel besser sein. Ich glaube daran. Ich glaube, dass Du ein einsamer Mann bist, der keine Ahnung von der Stärke seiner Gefühle hat. Aber wenn Du sie zulässt, wirst Du schließlich ein freier Mann sein, frei für die Liebe, frei für mich.
    Bei unserem kurzen Zusammensein hast Du erwähnt, dass es eine andere gegeben hätte. Das traf mich wie ein Dolchstoß, bis ich auf der Heimfahrt erkannte, dass es nicht die Wahrheit war. Es hat nie eine andere gegeben, nicht wahr? Ich kenne Dich gut genug, um zu wissen, dass Du nie eine Geliebte hattest. Du wolltest mich loswerden, Du warst in leichter Panik und hast diese »andere« erfunden. Es spielt keine Rolle. Solange Du weißt, wie sehr ich Dich liebe und Du mich wiedersehen willst, spielt nichts eine Rolle. Bitte, Simon, ruf mich an, komm zu mir, was auch immer. Aber strafe mich nicht mit Missachtung. Ich kann das Schweigen und diese Unnahbarkeit nicht ertragen.
    In Liebe, für immer
    Diana
    Simon Serrailler hielt den Briefbogen, als stünde das Papier in Flammen. Nachdem er fertig gelesen hatte, trat er auf das Pedal des Treteimers und ließ den Brief hineinfallen. Der Deckel fiel klappernd zu. Simon ging zur Spüle und trank ein Glas Wasser, dann nahm er die Laphroaigflasche heraus. Es war halb zehn, und er hatte mehrere zermürbende Stunden mit Marilyn und danach mit Alan Angus verbracht. Dann hatte er in der Kantine gegessen und war mit der Absicht nach Hause gekommen, nur noch etwas zu trinken und in aller Ruhe seine Porträtzeichnungen durchzuschauen, um drei für die Einreichung zu einem Preis auszuwählen.
    Er hatte Dianas Handschrift nicht erkannt, sonst hätte er den Brief gleich ungelesen in den Müll geworfen.
    Es erschien ihm wie ein Überfall auf sein Territorium, seine Privatsphäre, ein weiterer Versuch, ihm unter die Haut zu dringen, genau wie ihr Besuch. Er war wütend über ihre Belästigung, noch wütender, dass sie ihm nicht geglaubt hatte, als er Freya erwähnte. Wütend.
    Er zögerte, goss sich noch einen Schluck Maltwhisky ein und schob die Flasche zurück in den Schrank. Das war keine Lösung, und er verachtete Säufer noch mehr als die meisten Verbrecher.
    Er zog eine der flachen Mappen aus der Schublade, wollte die schwarzen Bänder aufknüpfen, hielt dann aber inne. Er konnte sich seine Arbeiten jetzt nicht anschauen, hätte sie nicht beurteilen können. Auch das hatte sie ihm verdorben.
    »Verdammtes Weib.«
    Er würde nicht antworten, und da er nun wenigstens ihre Handschrift kannte,

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