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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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Dicke eines kleinen Taschenbuchs. Er riss es auf.
    In dem Päckchen war ein brauner Umschlag. In dem Umschlag lagen fünfzig Zehn-Pfund-Noten. Keine Nachricht. Nur das Geld.
    Ihm brach der Schweiß aus. Er musste entweder die fünfhundert Pfund in bar erklären oder über den Inhalt des Päckchens lügen. Wenn er lügen wollte, müsste ihm innerhalb der nächsten paar Minuten eine überzeugende Erklärung einfallen. Andererseits, wenn er Michelle einfach zweihundert Pfund gab, nichts sagte, keine Fragen beantwortete, einfach das Haus verließ … was dann?
    Er stand auf und steckte vier Brotscheiben in den Toaster. Warum fürchtete er sich so vor Michelle?
    Er wusste, warum.
    Er nahm das Päckchen und das Geld und rannte nach oben, stopfte alles in seine Nylonreisetasche und schob sie wieder unter das Bett, neben den Karton, in dem das Handy gewesen war.
    Die Hintertür knallte zu.
    Andy öffnete das Fenster, um den Gestank von den Turnschuhen seines Neffen hinauszulassen, und ging wieder nach unten, mit klopfendem Herzen, als wäre seine Mutter nach Hause gekommen, und er wäre neun Jahre alt und hätte etwas angestellt.
    »Was ist hier los?«
    Michelle funkelte ihn an, ihr Rücken an die Spüle gelehnt. Für einen Sekundenbruchteil dachte er tatsächlich, sie wäre seine Mutter.
    Sie ähnelte ihr immer mehr, dünn wie ein Besenstiel, flachbrüstig und mit missmutigem Gesicht. Nur hatte Michelle blonde Haare und eine schlechte Haut. Die Haut ihrer Mutter war immer glatt wie ein Pfirsich gewesen, ihr Haar mausbraun, mit Grau durchsetzt. Aber die Art, wie Michelle dastand, war dieselbe, die Haltung ihres Kopfes, erhoben und zurückgeneigt, das Kinn vorgestreckt.
    Er griff nach seinem Becher Tee, der inzwischen abgekühlt war, und versuchte an seiner Schwester vorbei zur Mikrowelle zu kommen, aber sie trat plötzlich vor, und er plumpste hart auf einen Stuhl, wobei der Tee auf sein Sweatshirt und den Boden schwappte.
    Michelle drehte sich um, nahm einen Lappen vom Abtropfbrett und warf ihn ihm zu.
    »Hast du nicht gehört?«
    »Doch.«
    »Und, machst du endlich den Mund auf? Bring mich nicht auf die Palme, Andy Gunton, lüg mich ja nicht an. Ich will es wissen. Was war in dem verdammten Umschlag?«
    »Das geht dich überhaupt nichts an.«
    »Es geht mich wohl was an, wenn du wieder mit deinen alten Dummheiten anfängst. Du fliegst auf der Stelle hier raus, wenn du irgendwas Unkoscheres machst, irgendwas, ist mir völlig egal, was. Du fliegst raus.«
    Andy wischte sich das Sweatshirt ab, bückte sich und zog den Lappen durch den verschütteten Tee zu seinen Füßen. Dann richtete er sich auf, warf den Lappen in Richtung Spüle und trampelte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Es kümmerte ihn nicht, ob er Pete dabei weckte. Er hörte ihn wie einen Presslufthammer im vorderen Schlafzimmer schnarchen.
    Er holte das Geld aus der Tasche unter dem Bett hervor, steckte sich davon hundert Pfund in die hintere Hosentasche und ging mit dem Rest wieder hinunter in die Küche. Michelle hatte sich nicht gerührt. Sie wartete.
    Andy legte das Geld auf den Küchentisch.
    »Kann ich jetzt meinen Tee haben?«
    »Woher hast du das?«
    »Du wolltest wissen, was mit der Post gekommen ist. Das ist mit der Post gekommen.«
    Er stellte sich vor sie, bis sie etwas zur Seite wich und ihn vorbeiließ.
    Andy stellte den Kessel wieder an und legte ein weiteres Brot in den Toaster. Er begann zu pfeifen.
    »Ich wusste es.«
    »Du weißt überhaupt nichts.«
    »Hast du das etwa in der Gosse gefunden?«
    »Das ist Lohn. Du wolltest, dass ich dir was bezahle, und ich bezahl dir was. Es sind vierhundert.«
    »Die hast du geklaut.«
    »Hab ich nicht. Ich sag doch, das ist Lohn. Ich hab einen Job erledigt. Ich wurde bezahlt.«
    »Job. O ja, klar doch. Was für einen Job? Erbsenpflücken?«
    Fast hätte er »Autofahren« gesagt. Das kochende Wasser und der anbrennende Toast retteten ihn.
    »Du bist ein Lügner, du hast keinen Job erledigt – und damit meine ich anständige Arbeit, und das weißt du verdammt genau.«
    Oben krachte die Schlafzimmertür gegen die Wand. Pete Tait kam mit schweren Schritten herunter und erschien in der Küchentür, in Unterhemd und Trainingshose.
    »Was, zum Teufel, ist hier los? Könnt ihr mich nicht wenigstens in Ruhe schlafen lassen? Ihr brüllt rum wie die Blöden. Gib mir was von dem Tee. Was denkst du dir eigentlich, Michelle? Ihr zwei seid schlimmer als die Kinder.«
    Andy wartete gespannt darauf, ob

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