Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
weil die Milchzähne ihm ausgefallen seyn. Euren Herr Vater noch weiters mit Schreiben zuersuchen / achte ich vor einen überfluß / werde inwendig ViertelJahres Gelegenheit suchen /mich selbst zustellen / und wann Briefe oder mündliche Ansuchung unsern Vorsaz nicht heben kan / ihren getahnen Vorschlag ins werk zurichten beherzt gnug seyn. Inzwischen lebet wol mein Herz / und versichert euch aller Träue von eurem ergebenen S.M. Prokulus / dem Römer.
Der Herr hat seine Sache nicht allein durch sein selbsteigenes Schreiben sehr wol behauptet / sagte Lukrezie lachend / sondern über das sich sehr wol verantwortet. Aber was vor Zähne / meynet er wol /ihm mein alter Greiser und Leiser nunmehr zuschreiben werde? WindZähne / sagte Sibylla. Es gab ein gemeines Gelächter / aber der Diener lase den andern Brief an Fr. Sibyllen / wie folget:
Mich wundert sehr / mein Fräulein / daß meine Geister mir ihre grosse Liebe gegen mich / nicht vor ihrem AntwortSchreiben geoffenbahret haben; versichere sie hin wiederumb / daß die Lust / Freude und Herligkeit / welche sie noch zur Zeit nur in der Hoffnung hat / gar bald in der Taht erfolgen solle; und weil mir an der Niessung eurer vortreflichen Schönheit sonsten nichts / als der elende Lelianus hinderlich ist / wird seine Seele schier auf der Spitze meines Rauffdegens tanze müssen; werde gleichwol auff Gelegenheit bedacht seyn / ihren Herrn Vater noch einmahl zubegrüssen / und nachdem die Antwort fallen wird / mich weiters wissen zuverhalten / dessen sie versichert Ihrer Liebe ganz ergebener und beständiger Liebhaber S.M. Prokulus.
Nach verlesung fürchtete sich Prokulus / man würde ihn nicht zu Worten kommen lassen / daher er alsbald also anfing: Weil ich dann nun / allergnädigster Käyser dieser beyden Römerinnen / eigenhändigen Beweißtuhm hervor gebracht habe / in welchem sie Sonnenklar zuerkennen gegeben / daß ich mehr von ihnen / als sie von mir zur ehelichen Liebe ersuchet bin / wird und kann nichts mehr übrig seyn / als daß mein gerechtester Richter in dieser Sache die Urtel felle / welche / angesehen der bestendigen Käyserlichen Gerechtigkeit / nit anders / als vor mich und meine auffrichtige träue / wieder die Falscheit dieser beyden Römerinnen stehen mus. Allergerechtester Käyser / fing darauff Fürstin Sibylla an; daß gegenwärtiger Prokulus von etwa einem Schalke oder einer Schälkin frey auffgezogen / und mit abgelesenen ersten Brieffen / welche unser keine nie gesehen / tapffer bey der Nase umbgeführet sey / liegt mehr als zu helle am Tage / massen so wenig ich von dem Lelianus / als meine Fr. Schwester von dem alten Greisen leisen ungeneñeten Buhler ichtwas weis / oder jemahls gehöret habe. Ob nun Prokulus die ertichteten Brieffe beantwortet habe oder nicht / kan uns weder Schaden noch Vortel geben / und müste er ja beständig erweisen / daß ihm die Brieffe von uns zugeschrieben und übergeschicket / auch seine Antwort /davon wir nie etwas gehöret oder gesehen / uns eingelieffert währen. Er bringe die Brieffeträger an den Tag / und lasse sie scharff fragen / dann wird sichs finden / wie weit sein Beweißtuhm reiche. Weil ihm aber vielleicht solches unmöglig seyn wird / und durch diesen possierlichen Auffzug meiner Fr. Schwester und mir durchaus keine böse Nachrede erwachsen kan /wiewol / wann der Anstifter uns kund währe / wir ihn aufs wenigste darüber zurede stellen würden / überdas auch Herr Prokulus durch seines Gehirns blödigkeit mag überschnellet und zur leichtgläubigkeit angetrieben seyn / als gelanget an ihre Käyserl. Hocheit meiner Fr. Schwester und mein demühtigst-untertähnigstes bitten / dieselbe wollen allen ungnädigen Willen gegen Herrn Prokulus fallen lassen / und von dessen Wiz ein mehres nicht fodern als der ungütige Himmel ihm verlihen hat. Daß währe wol eine wunderliche Sache / sagte Prokulus / wann in diesem Gerichte ich unterliegen und den kürzern zihen solte; und dafern diese Schreiben von irgend einem andern / als von den beyden Fräulein herkommen währe / würde ich solches eifern biß an mein Ende. Der Käyser fiel ihm hieselbst ein / und sagete: Ohn allen zweiffel hättestu verdienet / das dein unbesonnenes Vornehmen nicht mit Waffen / sondern mit Hundepeitschen gestraffet würde / und hätten wir solche grobe Narrey nimmermehr hinter dir gesuchet. Es mus aber dieser teuren Fürsten und Fürstinnen vorbitte dir zum besten kommen / mit denen / wegen angelegten Schimpffes abtrag zu machen /
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