Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
befleissige dich ja bald / oder du dürfftest nicht gar lange mehr Prokulus heissen. Dieser kam zur erkäntnis / taht vor dem Käyser einen Fußfall / und baht seiner unbesonnenheit allergnädigste verzeihung; und weil er nicht wuste / wer Baldrich und Siegward wahren / ließ er sich dieselbe zeigen /da ihm Baldrich näher trat / und zu ihm sagete: Ritter / daß ihr meinem geliebten Gemahl in ehren nicht abhold gewesen seid / kan ich euch wol gönnen / wie auch / daß mit den ertichteten Liebes-Brieffen ihr euch bißher erlustiget; aber nunmehr müsset ihr solcher Gedanken müssig gehen / würde auch unritterlich gehandelt seyn / wañ ihr einem andern sein Gemahl zuentwenden euch unterfangen woltet; ich vor mein Häupt möchte euch noch viel eine schönere gönnen; aber daß ihr gleichwol mich habt unter dem Schein einer guten Sache / nicht ohn meine Beschimpfung ausfodern dürffen / müste euch so leicht nicht geschenket seyn / wann es euch nicht leid währe. Jedoch / wie jung ich bin / habe ich doch meines wissens nie keine ausfoderung umbsonst und ohn darstellung angenommen / und mus deßwegen der Kampf durchaus / zum wenigsten mit dem Speer vor sich gehen / um darzutuhn / wer unter uns beyden meiner Lukrezien glüklichster Liebhaber sey. Prokulus sahe ihn so schwank und jung in dünner Kleidung vor sich stehen / und wahr ihm sehr lieb / daß der Streit seinen fortgang gewinnen solte / nahm ihn gerne auff sich /und gab zur Antwort: Ritter / ob ich gleich / mus bekennen / der glüklichste Liebhaber dieser Fräulein nit bin / hoffe ich doch mit dem Speer leicht zuerhalten /daß ich der erste unter uns beyden / und nicht unträu gewesen bin. Nicht unträu? sagte Baldrich; Je was ist daß dann vor eine Träue / daß ihr zugleich umb meine Fr. Schwester / Fürstin Sibyllen habt anwerben durfen? sehet guter Freund / was ihr redet / und kämpfet unter so augenscheinlicher bösen Sache nicht / es dürfte sonst die Träue selbst suchen / sich an euch zu rächen. Meine Träue ist dadurch nicht gebrochen /antwortete er / sondern im fall dieses Fräulein dieselbe nicht hätte erkennen wollen / wahr mein Anschlag auff Frl. Sibyllen hingerichtet. Ey sehet da / ein schöner Anschlag / sagte Sibylla / und mus ich alhie noch schamroht stehen / weil mir ins Gesichte gesaget wird / daß ich habe Noht-bedarff seyn sollen. Das Gelächter hierüber wahr nicht geringe / da der Käyser den beyden Fürstinnen ihre vermeineten Liebes-Brieffe zum lächerlichen angedenken einhändigte / auch auff Baldrichs anhalten den Kampf einwilligte / welcher inwendig der Käyserlichen Burg / da es eine gute Rennebahn gab / solte gehalten werden / weil man ohndas daselbst speisen wolte; machten sich also beyde Kämpfer fertig / welches Baldrich bloß taht /umb eine Kurzweil zu machen. Ihren wurden gleichmässige / aber auff des Käysers befehl / stumpfe Speer gegeben / da Lukrezie ihrem Gemahl ein köstliches Fähnlein dran heftete / worüber sein gutes Herz treflich zunam. So durfte Prokulus nicht weniger sich des Sieges getrösten / und mangelte ihm weder an guten Waffen noch starkem wolgewanten Pferde. Sie schicketen sich beyderseits zum Treffen / und ranten aus allen kräften zusammen; doch hielt Prokulus diesen ersten Stoß aus / wiewol er dem falle sehr nahe wahr / und Baldrich hingegen unbewäget vorüber ging / da er sagte; Hiemit mag Prokulus erwiesen haben / daß er der erste Liebhaber unter uns beyden gewesen sey. Der Käyser sahe daß Prokulus gezwungen ward sich an seines Pferdes Mähne zu halten /weil er Stegreiff-loß gemacht wahr / und wunderte sich nicht wenig / weil ihm dessen Leibeskräfte nicht unbewust wahren; welcher dann des Stosses wol empfand / auch des Schimpfs zu bersten meinete / verwandelte die Herzhaftigkeit in raserey / und ging zum andernmahle loß / unter der Hoffnung / es wieder einzubringen / nach dem sie beyderseits mit neuen Speeren versehen wahren; aber es ging ihm unglüklicher weder vorhin; dann ob er gleich sein Speer auff Baldrichen zum andernmahle brach / vermochte er ihn doch nicht wankend zu machen; da hingegen er nicht allein den Sattel räumen muste / sondern es fuhr ihm auch ein Splitter von seines Gegeners Speer unter dem Helm durch den Hals / daß ihm das Blut über den Harnisch herab lieff / und er als Tod auff dem Platze liegen blieb / welches Baldrichen sehr leid wahr / sprang vom Pferde / lösete ihm den Helm ab /und zog ihm den Splitter aus der Wunde; und als er sahe / daß er sich erhohlete /
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