Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
/ wo ist deine Hülffe? mein Gott / rieff ich / wo ist deine so teur versprochene erbarmung? und finde mich / ey Gott lob! schon auff dem Trocken / ehe ich des Wassers abflus merke; und liege in deinen hülffreichen Vater-Armen / da ich eben meinete zuversinken. O mein Gott /groß sind deine Wunder / die du an uns beweisest; unermäßlich ist deine Liebe / welche du gegen uns trägest / ob du sie gleich eine kurze Zeit / ja kaum ein Augenblik in deinem Herzen verborgen gehalten. Ja Herr / ich habe diese Betlerskleider mit meinen Sünden und ehemaligen weltlichen üppigkeiten wol verdienet / den erlittenen Jammer hoch verschuldet / die empfangenen Schläge und Wunden mir selbst gemacht / und ist mir noch nicht der tausendste Teil der gerechten Straffen auffgelegt / wann du mein Gott mit mir vor Gerichte treten / und nach meinen Werken mir lohnen woltest. Aber Herr / deine Güte hat überwogen / daß meiner Sünde / wegen der gnugtuhung deines Sohns nicht hat müssen gedacht werden. Davor danke ich dir / mein Schöpfer / davor preise ich dich / Herr mein Gott. O so laß nun nach dieser kurzen Walfahrt uns fördet nicht mehr in der Irre gehen / nachdem wir sehr wol gelernet haben / daß wann du Herr züchtigen wilt / ein Fürst leicht an den Bettelstab gerahten; und wann du helffen wilt / der Betler im Augenblik zu Fürstlicher Hochheit wieder gelangen kan / damit HErr dein Wort wahr bleibe / daß du die Gewaltigen vom Stuel stossest / und die niedrigen erhebest. Dir HErr unserm Gott / dir JEsus unserm erbarmer / sey vor deine väterliche Züchtigung / die uns so heilsam; auch vor deine gnädige Hülffe uñ Rettung / die so tröstlich süsse ist /Lob / Ehr / Preiß und Herligkeit von nun an biß zu ewigen Zeiten / Amen / Amen.
Nach volendeter herzlicher Danksagung wurden sie eins / diesen Tag jährlich nicht anders als ihren Geburtstag in beharlicher Danksagung zu Gott / und milder Handreichung den Armen Christen / deren es in Meden viel gäbe / zu feiren. Hernach fragete der Fürst / was vor einen elenden Gefangenen sie auff dem Karren mit sich gefuhret hätte. Da sie zur Antwort gab; eben dieser hätte sie zwar durch gnug kühne Verwegenheit und angewante Kosten von ihrer Dienstbarkeit loßgemachet / daß ohn sein zutuhn sie so bald nicht würde errettet worden seyn; aber durch sein unkeusches beginnen hätte er alle vorige Woltaht verderbet / daher sie willens währe / ihn mit abscheuhlicher Straffe zubelegen; erzählete darauff seine Untaht / und nam hiedurch gelegenheit / Wolfganges über-grosse und fast ungläubliche Träue /Zucht und Auffrichtigkeit zu rühmen / da sie endlich sagete; Es währe kein Mensch auff Erden / dem sie mehr als ihm schuldig währe / dann er hätte Leib und Leben / Hunger und Kummer / Angst und Gefahr /Noht und Tod nichts geachtet / wañ er ihr nur dienen können / deßwegen nach ihren Eltern und Bräutigam sie ihn vor ihren allerliebsten Freund / und ihren Brüdern gleich hielte; müste sich daneben verwundern /daß er sich wegen künftiger gar zu grosser Gnade und erhöhung mehr / als über sein voriges Elend bekümmerte. O so verzeihe mirs der almächtige Gott / antwortete Arbianes / daß seinetwegen ich so mannichen argen Gedanken gefasset / und mir eine uñ andere Träulosigkeit von ihm eingebildet habe / welches / inbetrachtung seines guten anfanges ich billich nicht hätte tuhn sollen; jedoch wird Meden noch so reich seyn / daß ich einem so redlichen Menschen Abtrag wegen meiner ungleichen Gedanken mache. Aber dem Gefangenen / mein werdester Schaz / ob er wol den Tod verschuldet / und mir das liebste in der Welt hat schänden wollen / müssen wir Barmherzigkeit erzeigen / wo er sonst nur wahre Erkäntnis und Räue seiner Ubeltaht ergreiffen / und die Bosheit ablegen kan; dann Gott hat uns Gnade erzeiget / und mit uns den Bogen nicht auff das genaueste gespannet; daher müssen wir uns unsers täglichen Gebehts erinnern / da wir von Gott bitten; du unser himlischer Vater / vergib uns unsere Schuld / als wir vergeben unsern Schuldigern. Dann es versichere sich nur mein Seelichen daß wir uns ehmahls auch an Gott hart vergriffen haben /und wol schwerer als wir wissen oder meinen; und währe es sonst nicht geschehen / so ists freilich unsere ehmahlige heidnische Abgötterey / die von Gott in seinem Worte / wie ich von König Herkules oft gehöret / eine geistliche Unzucht / Hurerey und Ehebruch genennet wird. Der Bube sey euch / mein Schaz /übergeben / antwortete sie / ungeachtet ich
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