Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
aus Pannonien / und hätte bey König Herkules und Ladisla etwas zuwerben; das Angesicht währe an ihm sehr verfallen / sonsten sähe er dem ehemahligen Römischen Lehrmeister Tibullus nicht so gar unähnlich. Herkules sagete; der dürffte es wol seyn / da er noch am Leben ist / weil wir von der Zeit seines hinwegreisens nach Rom ganz keine Zeitung von ihm gehabt haben / uñ würde er sich in Italien sonst bey uns haben gemeldet. Weil ihm dann Herkules sehr gewogen wahr / wolte er die Warheit selbst erfahren / und als ginge er ohn das zur Lust umher /nahete er sich dem SchloßTohr / vor welchem dieser auf Antwort wartete. So bald er ihn sahe / kennete er ihn gleich / ließ sichs doch nicht merken / sondern ging vor ihm vor über; jener folgete ihm von seine /und weil er seines ehwahligen Schülers Angesicht sahe / wahr ihm solches annoch sehr wol bekam / eilete demnach / daß er ihm vorbeugete / und redete ihn also an: Großmächtigster König / gnädigster Herr: Eure Königl. Hocheit bittet ein ehmaliger geträuer Diener untertähnigst / sie wolle denselben mit gnädigen Augen ansehen / ob etwa das außgestandene langwierige Elend denselben nicht aller Dinge unkäntlich /und sein Unglük ihn nicht gar unangenehm gemacht haben möchte. Herkules antwortete ihm freundlich; es kan seyn / mein Freund / daß denselben ich ehmals gekennet habe / weil ich mich aber in der Eile nicht zubesinnen weiß / wird er mir seinen Nahmen zunennen unbeschweret seyn. Eure Hocheit / sagte dieser /sihet ihren alten Diener Tibullus vor sich / welcher hoffet dero Gnaden zu seiner Sicherheit zugeniessen. O mein wahrer Freund / antwortete er / wie sehe ich ihn in so elender Gestalt? wolte ihn damit umfangen; er aber legete sich vor ihm nider seine Knie zu ümarmen; welches er doch nicht geschehen ließ / sondern huhb ihn freundlich auf und versprach ihm / alles sein Begehren nach Mägligkeit zuleisten. Und weil Gallus hinter ihm hertrat / befahl er demselben / ein gutes seidenes Kleid herzuhohlen; Klodius aber muste ihn mit sich in eine Herberge führen / woselbst Tibullus sich eilig putzen ließ / das Kleid anlegete / und mit beiden jeztgedachten nach dem Schlosse ging / woselbst Herkules im Vorhofe noch auff ihn wartete /hieß ihn daselbst auffs freundlichste von neuen wilkomen / und muste er zu seiner Seite mit ihm nach dem Saal gehen / da Herkules zu Ladisla sagete: schaue lieber Bruder / unsern alten getrauen frommen Lehrmeister Tibullus / welchen ich in elender Gestalt ohngefehr angetroffen habe / und verhoffentlich des Vermögens seyn werde / ihm seinen angewanten Fleiß zuvergelten. Mein lieber Freund / sagete Ladisla / da er ihn freundlich empfing / er sey uns allen wilkommen / und versichere sich / daß ich seiner guten Unterweisung / als lange ich leben werde / unvergessen seyn wil. Tibullus demühtigte sich sehr / bedankete sich der hohen Neigung untertåhnigst / und wahr sein Herz mit der inniglichsten Vergnügung erfüllet / weil er sahe / daß sein Unglük nunmehr die Endschafft erreichet hatte / aber er ward wunderlich erfreuet / als er Herrn Fabius / Stathalter von Padua sahe / dessen Angesicht ihm noch bekant wahr / ging zu ihm hin / setzete sich vor ihm nieder auff die Knie / uñ fing also an: Durchleuchtiger Herr / ich bin den Römischen SchuzGöttern alles mein Vermögen / wie schlecht es auch ist / ganz schuldig / nachdem dieselben euer Gn. Angesicht mir noch vor meinem Ende haben wollen sehen lassen; bitte untertähnig / dieselbe wolle ihr geneigtes Herz mir unwirdigen wieder zuwenden / und mich ihren Knecht und Bastart Sohn Tibullus in Dienste nehmen. Was mein Sohn? sagte Fabius /bistu annoch im Leben? ja / bistu meines Herrn Schwieger Sohns Lehrmeister vor diesem gewesen? ja Gn. Herr / antwortete er / die Götter haben mich vor 16 Jahren auff einem Streift wieder die Teutschen / in Feindes Hände gegeben / welche mich zum Leibeigenen gemacht / da ich nachgehends das hohe Glük gehabt / den beiden Großmächtigsten Königen / Herrn Ladisla und Herrn Herkules auffzuwarten / deren Herr Vater und Vetter / der auch Großmächtigste König der Teutschen / Herr Henrich / mir vor ohngefehr 8 Jahren die ädle Freyheit zugestellet / und mich wol begabet nach Hause zihen lassen / bin aber auff den Römischen Grenzen von etlichen Pannonischen Räubern gefangen / vor leibeigen verkauft / und biß daher in überaus grossem Elende hart gestrafet worden /welches alles ich doch gerne vergessen wil / nachdem ich dieselben meine
Weitere Kostenlose Bücher