Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
sein Leibknabe Publius vor den Tisch / und meldete an /es währe ein verwundeter blutiger Reuter in fremder Kleidung haussen vor dem Hof-Tohr / dessen Reden und Seufzen niemand verstehen könte / ohn daß er die Nahmen Wenzesla und Ladisla offt widerhohlete. Der Stathalter hatte dem Wenzesla die Ehre angetahn /und ihn mit zur Mahlzeit gefodert / und sagte Herkules zu ihm: Lieber gehet doch hin / und vernehmet /obs etwan der Herren Gesanten Diener einer sey; dann ich mache mir die Gedanken / sie werden entweder unter sich selbst / oder mit andern in Zänkerey Wunden gewechselt haben. Der Knabe antwortete: es währen ihm der Herren Gesanten Diener alle miteinander sehr wol bekant / dieser aber währe gar ein fremder /und führete zween zimlich schwer beladene Maul Esel an der Hand. Wenzesla ging eilends hinaus / umb die eigentliche Warheit zuvernehmen / und sahe über alles vermuhten in höchster Verwunderung seines Bruders Sohn Neklam vor dem Tohr halten / ganz blutig / schwach und erschrocken / welchen er alsbald fragete / wie dieses zuginge / und was vor Unglük ihn also zugerichtet hätte. Dieser ließ einen tieffen seufzer aus seinem Herzen / schlug die Hände zusammen /und sagete: O Verlust über Verlust / Elend über Elend! fing hiemit an so bitterlich zu weinen und sich zu geberden / daß er kein Wort aussprechen kunte. Wenzesla erzitterte hierüber / dann es wahr ihm Neklams fester Muht und steiffe Hartnäckigkeit wol bekant / redete ihm dannoch ein / das weibische weinen zumässigen / und den schweren unfall zuerzählen; Welcher darauff diese Worte als mit einer stürmenden Fluht heraus brach: Ach ach! ach des Jammers! unser Fräulein Valißka! ach unser Fräulein Valißka ist diesen Morgen gefangen hinweg geführet / und alle ihre Leute erschlagen. Kein Donnerschlag hätte den Alten härter treffen mögen / als diese elende Zeitung / gestaltsam er im Augenblik auff sein Angesicht zur Erden stürzete / und in harter Ohmacht liegen blieb. Der Thorhüter ersahe dieses hohlete eine Schale mit kaltem Wasser / legte ihn auff den Rücken / und netzete ihn unter dem Angesichte; wodurch er sich wieder ermunterte / stund auff / und fragete Neklam / ob er irgend seinen Wiz verlohren hätte. Ja wol verlohren / lieber Vetter / sagte dieser; was ich leider nicht allein mit meinen Augen angesehen / sondern dabey drey zimliche Wunden empfangen habe / kan ich wol bezeugen; und wolte Gott / ich redete aus Aberwitz. Der Alte wuste nicht / was er vor Traurigkeit und Herzensangst taht oder redete / und fragte weiter / wo dann das Fräulein währe. Ach / sagte er / wann ich wüste / wohin sie von den Räubern geführet worden /könte man umb so viel besser jhnen nachsetzen. Wo aber / und wann ist dieses geschehen? fragete Wenzesla weiter. Heut morgen sehr früh / antwortete er /in einem offenen Flecken / vier Meile von hinnen. Wie komt dann das Fräulein daher? sagte der Alte; und antwortete ihm Neklam: Sie ist im Begleitung XL Reuter herüber gereiset / dem Hochzeit Feste ihres Herrn Bruders beyzuwohnen. O ihr Götter / sagte Wenzesla / warum lasset ihr über die volkommenste Blume dieser Welt ein solches Unglük aus? die euch doch nie mit keinem Worte zuwider gelebet. Befahl hierauf dem Tohrhüter alsbald einen Arzt herzuhohlen / damit dieser Reuter / welcher Herrn Ladisla Diener /verbunden / und mit Speise und Trank gelabet würde; Er aber fassete selbst sein Pferd beym Zügel / führete ihn samt den MaulEseln in den Vorhof / und ließ etliche anwesende Diener die Wetscher abheben und auff den Esse-Saal ihm nachtragen / da er vorhin ging tod-bleich und zitternd / als ein verurteileter Mensch /dem der ScharffRichter das Schwert über dem Kopffe hält. Ladisla sahe ihn hinein treten / und sagte: Was Zeitung bringt ihr Wenzesla? wie sehe ich euer Angesicht so bleich und erschrocken? nimmermehr gehet dieses recht zu. O gnädigster; antwortete er; mit welchem Worte er abermahl in Ohmacht fiel / und alle viere von sich streckete. Die Fråulein und andere anwesende entsetzeten sich über alle masse / hiessen die Diener ihn auffheben / und Erquickung beybringen; welche allen fleiß anwendeten / biß sie jhn wieder zurechte brachten. Herkules empfand unsägliche Angst in seiner Seele / und sagte zu Ladisla in Teutscher Sprache: Mein Herz hat mir ohn zweifel vorher angedeutet / welches wir schier vernehmen werden / und fehlet nicht / es muß sich ein sehr schweres Unglük zugetragen haben / welches eigentlich uns angehet; deßwegen
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