Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
auff: Hochwerter Herr / da ich sonder Unhöffligkeit ihm meine herzliebe Frl. Schwester an die Hand bieten darff / nach belieben sie bey sich niederzusetzen oder zum Tanze zufuhren / wil ich dessen nicht länger Auffschub nehmen. Ladisla bedankete sich der Ehren und fing nach Anleitung seiner Liebesbegierden einen sehr zierlichen Tanz mit ihr an / nach dessen Endigung sie zu ihm sagete: Mein Herr / ihr wisset gewißlich nicht minder beym Tanze / als bey dem Kampffe, euch ganz volkommen zu halten. Höchst geliebtes Fräulein / antwortete er; daß mir dann auch der Himmel diese Gutigkeit zufliessen lassen wolte / bey meinem Fräulein können angenehm zu seyn / weil ohn ihre Gunst und Gegenliebe ich ausser allem zweiffel untergehen und verderben muß. Mein Herr / sagte sie / ich bitte sehr / mir dieses Fråulein nahmhafft zu machen / deren Gewogenheit er so embsig suchet; kan ich ihm dann bey derselben den gewünschten Trost erwerben / als dann sol er dabey prüffen / ob ich nicht willig bin / ihm verbeschehene Rettung tråulich zu dienen. Nun merkete sie / daß er mit einer weitlåufftigen Erklärung loßzubrechen willens wahr / welches /weil vieler Augen auff sie gekehret wahren / sie mit diesen worten abwendete: Mein Herr / ich wil noch hinte seine mir vielleicht nicht unbewuste Außlegung sehr willig anhören; aber dafern ihm beliebet / noch einen Tanz mit mir zuhalten / wird dieses Orts solches niemand verdacht. Er gebrauchte sich dieser Anfoderung / bestellete mit einer Handvol Kronen einen Tanz / und befliß sich aller Zierligkeit / damit er ja seinem Fråulein gefallen möchte. Herkules hatte unvermerket gar genaue acht auff alles sein thun; er wuste / daß er von jugend auff dieser Ubung wenig zugetahn wahr / und sahe doch vor Augen / daß die Liebe ihm die Füsse gleichsam beflugelte; gedachte demnach / ihm nach allem vermögen zum gewünschten Zweg zuverhelffen / was ihm auch druber zustossen möchte; nur lag ihm allermeist im Wege / daß auff solche Weise ihr Stand und Wesen müste offenbahr werden / weil so hohe leute mit unbekanten sich zubefreunden / grosses Bedenken tragen würden; jedoch / weil ihm seines Freundes Wille lieber als sein eigener wahr / setzete er alles übrige zurük / und zu Gottes versehung. Der junge Fabius ward auch vermahnet / mit Frl. Ursulen einen Tanz zuverrichten /diese aber / weil ihre Kundschafft und Vertauligkeit schon von zwey Jahrenher viel heimlicher wahr / als die im Tanze bestehet oder gilt / luden sich auff ein Abendgespråch / nach geendigter Gåsterey. Herkules /der im tanzen und springen seines gleichen nicht hatte / saß dannoch lieber stille / als daß er solcher Uppigkeit hätte nachtrachten sollen; so wolte ihn auch niemand wegen empfangener Wunde / zum Tanze nöhtigen; weil aber Ladisla merkete / daß er den andern fleissig zusahe / gab er seinem Fräulein zuverstehen /Er sähe gerne / daß Herkules ein Tanz gebracht würde; die solches zuleisten sich willig anerboht /wann sie nur wissen solte / daß sie es wagen dürffte /uñ es ihm wegen der Wunde nicht beschwerlich währe. Doch führete sie ihm Frl. Helenen zu / da er anfangs sich mit seiner Unwissenheit entschuldigte /und nicht destoweniger solche Schnitsprünge /schrenkungen und andere Zierligkeiten mit seinen leichten und geraden Fussen verrichtete / daß die Zuseher sageten / es müste dieser Herr in dem allerglüklichsten Zeichen des himlischen Gestirns gebohren seyn / weil alle Leibes und Seelen Zierde in so grosser Volkommenheit bey ihm hervorglånzeten. Aber niemand rühmete ihn höher im Herzen als eben seine Neben Tänzerin / dann sie hatte sich dergestalt an ihm vergaffet / daß sie fast sich selber nicht kennete; wie wol der Pfeil umbsonst verschossen wahr / und die Karte an iener Seite schon dergestalt verstecket / daß der guten Fråulein Gedanken sich in eine grundlose See versenketen.
Die schon halb verlauffene Nacht erinnerte nunmehr die Anwesenden / daß es Zeit seyn würde / sich dem Lager zu widmen / daher der junge Fabius es Herkules frey stellete / wie früh oder späht er Ruhe nehmen wolte; der aber seinem Freunde Raum zumachen suchete / seiner Liebe in etwas nachzuhången /weil er sahe / daß ihm nicht gefiel / so zeitig Abscheid zunehmen; daher er sich gegen Fabius vernehmen ließ / da es ihm so geliebete / wolte er noch ein halb stundichen mit ihm sprachen. Dem Stathalter und andern Gästen wahr dieses sehr angenehm / und begunte ein jeder ihm einen Sprachgesellen außzusehen. Die
Weitere Kostenlose Bücher