Des Drachens grauer Atem
er auf einem Kamm, sehr weit entfernt, eine Gruppe Leute, die hintereinander gingen wie Soldaten, die das Gelände durchsuchten. Er hatte auch einen alten Mann getroffen, der ebenfalls mit einem Maultier unterwegs war. Wilkers war stehen geblieben und hatte gegrüßt, auch der Mann hatte angehalten, aber sie hatten sich nicht verständigen können, so war es bei einem gegenseitigen freundlichen Lächeln geblieben, ehe sie weiter gezogen waren.
Auf den Feldern, die das Grün der Täler unterbrachen, waren zuweilen Menschen bei der Arbeit. Wilkers nahm sich bereits am ersten Tag viel Zeit, um das komplizierte System von Kanälen zu betrachten, das eine Reihe von Reisfeldern mit Wasser aus dem kleinen Flüsschen tränkte, an dem er entlangging. Er bewunderte den Einfallsreichtum, der sich in diesen Anlagen zum Überwinden von Höhenunterschieden und zum Stauen des Wassers zeigte. Die Leute, die im Reis arbeiteten, hatten gelächelt, als er einmal mit dem Fuß den schmalen Damm verfehlt hatte und in den Schlamm geglitten war. Eine der Frauen, die Setzlinge verpflanzten, hatte dem Fremden durch Handzeichen verständlich gemacht, er solle sich den Schmutz in einem der kleinen Staubecken abwaschen, an denen es Steinplatten gab, auf die man sich bequem niederlassen konnte. Er beobachtete auch, wie sich die Leute über ihn unterhielten, wie sie einander zulachten, wohl weil sie sich ausmalten, was dieser einsame Fremde mit seinem Maultier in den Bergen wollte und wie schwer das für ihn noch werden würde. Niemals jedoch sah er ein unfreundliches Gesicht, und obwohl er kein Wort von dem verstand, was die Leute redeten, hatte er nie den Verdacht, dass es Unfreundlichkeiten seien, Hohn oder Spott.
Vielleicht werde ich nostalgisch, dachte er belustigt, aber hier scheint im Zusammenleben der Menschen etwas zu fehlen, an das wir in unserer Zivilisation, auf die wir so stolz sind, die uns aber so viel zu schaffen macht, schon gewöhnt sind, nämlich der Abstand des einen zum anderen, das Misstrauen.
Aus einer der Packtaschen holte sich Wilkers eine Büchse mit Fleisch und ein paar Scheiben amerikanisches Trockenbrot, eine Art Knäckebrot, das hart war und stark gesalzen. Er verzichtete darauf, ein Feuer anzumachen und das Fleisch zu wärmen, er trank aus einer der großen Wasserflaschen etwas kalten Tee dazu. Er hatte ihn am Morgen gekocht. Der Bach, an dem er die Nacht verbracht hatte, führte klares Wasser, und Wilkers hatte es nicht einmal mit den Desinfektionstabletten behandelt, weil es danach unweigerlich einen Teergeschmack bekam.
Chieng Dao, dachte Wilkers, während er zu der Stadt hinüberblickte, die greifbar nahe zu sein schien. Warum sollte ich mich dort aufhalten? Er entdeckte auf der Landkarte Wege, die an dem kleinen Ort vorbeiführten, über die Straße nach Fang hinweg. Entlang dieser Straße konnte er einige Kilometer mit seinem Maultier ziehen, dann hatte er einen schmalen Flusslauf zu überwinden, einen der Quellflüsse des Ping, der auf der Karte namenlos war. An diesem Flüsschen würde er weitermarschieren, es bot eine ausgezeichnete Orientierungsmöglichkeit bis etwa fünfzig Kilometer vor Fang. Von dort ab wurde der Weg beschwerlich, denn die Berge begannen sich förmlich aufzutürmen. Das Massiv des Doi Phra Hompok war zu überqueren. Darüber würden zwei Tage vergehen. Also sparen wir uns die Stadt und gehen weiter.
Am Abend rastete er bereits an dem schmalen Flusslauf, der südwärts verlief. Er fand einen Flecken trockener Erde zwischen Büschen und hohem, verdorrtem Gras. Nachdem er etwas gegessen und dem Maultier Wasser gegeben hatte, kroch er in den Schlafsack, zog die Kapuze über den Kopf und war wenig später eingeschlafen. Er hatte kein Feuer angezündet. Die Anstrengungen des Tages und die Gebirgsluft ließen ihn tief schlafen, und er erwachte erfrischt, nur ein wenig steif vom Liegen auf dem harten Boden, als der Tag anbrach. Die empfindliche Kühle der Nacht hatte er nicht gespürt, und jetzt belächelte er sich, als er ein Dutzend Kniebeugen machte, um seine Muskeln zu lockern.
Wilkers war so gut wie absolut sicher, dass ihm in diesem Lande von niemandem Gefahr drohte. Es war ein seltsam friedliches, freundliches Land, fand er. Hier würde man wohl kaum seine Haustür über Nacht verschließen, vorausgesetzt, man hatte überhaupt eine oder ein Schloss. Er führte das Maultier ein paar Dutzend Meter weiter auf den Fluss zu, wo es saftigeres Gras gab, und das Tier weidete schmatzend.
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