Des Drachens grauer Atem
auf mich?"
Der Bursche lachte. „Auf mich, Mister! Ich habe ihr nichts von ihrem Bräutigam erzählt."
„Von dem Studenten in Bangkok?"
Muchathien nickte. „Von eben diesem! Sie ist hemmungslos in ihn verliebt. Ich habe gewiss alles getan, was man tun kann, um sie von ihm abzulenken; es war umsonst."
„Sie gefällt Ihnen?"
Muchathien sagte bedächtig: „Sie hat mir immer gefallen. Als Kind schon, Mister. So wie sie muss eine Frau sein. Als ich zurückkam, hätte ich sie genommen, ohne zu fragen. Aber leider gab es den Studenten."
„Und in Bangkok hat Ihnen keines der unzähligen Mädchen gefallen?
Muchathien leerte erst seine Essschale, bevor er erklärte: „Mister, verzeihen Sie mir, was ich sage, aber in Bangkok sind die Mädchen so, wie sie in anderen Ländern sind. Keine kommt einem mehr vor wie eine Thai."
„Eine harte Feststellung."
„Ja", gab Muchathien zu. „Vielleicht trifft sie nicht auf alle zu. Aber Sie können mir glauben, ich habe mich immer, wenn ich in Bangkok etwas mit einem Mädchen zu tun hatte, in die Berge gewünscht. Hier ist eine Frau noch eine Frau, nicht eine Puppe, die die Bewegungen anderer Puppen nachahmt, die sich die gleichen Striche über die Augen zieht und unter die Augen. Hier hat sie zwei Hände, mit denen sie arbeiten kann, und ein Gesicht, nicht zurechtgemacht, um damit zu lügen."
„Ich verstehe. Aber was werden Sie machen, um eine Frau zu finden?"
Der Soldat lächelte nur. Später, als er mit Satchanasai und Wilkers auf die Mohnfelder hinausging, sagte er: „Vielleicht gehe ich einmal nach Fang. Ich sah dort ein schönes Mädchen, als ich auf dem Rückweg dort ankam, als Entlassener aus der Armee."
Wilkers war versucht, den Kopf zu schütteln, aber er sagte sich, dass seine Logik wohl unter den Bewohnern eines solchen Dorfes nicht nur in diesem einen Falle versagen würde. Man würde lange in dem kleinen Tal mit den Pfahlhäusern zwischen den hoch aufragenden Bergen leben müssen, ehe man die Lebensvorstellungen der Leute voll verstehen konnte.
Ich werde mir jetzt erst die Felder ansehen, dachte er, während er zwischen seinen beiden Begleitern ging, inmitten der anderen Dorfbewohner. Jeder wollte bei der letzten großen Arbeit helfen, bei der Einbringung des geernteten Rohopiums. Für die Leute war der Professor inzwischen zu einem Gast geworden, an dessen Anwesenheit man sich gewöhnte. Selbst die Kinder bestaunten ihn nur kurze Zeit, dann wandten sie sich wieder den Hühnern zu, mit denen sie spielten, oder den kleinen, mit Vogelfedern besetzten Bällen, die sie geschickt mit der Innenseite eines Fußes in die Luft schlugen und wieder auffingen. Ich werde mir eine Vorstellung davon verschaffen, wie Der Anbau und die Ernte vor sich gehen, dachte Wilkers. Dann werde ich einige Tage brauchen, um aufzuschreiben, was die Leute mir erzählt haben. Wort für Wort werde ich es niederschreiben und von ihnen unterzeichnen lassen.
„Wo ist eigentlich dieser Bansammu?" erinnerte er sich plötzlich. „Sinhkat hat mir gesagt, er wäre der Geschäftspartner eures Dorfältesten."
Muchathien schaute sich um. Satchanasai war nicht in der Nähe. Sie half einigen Frauen, die den zusammengetragenen Mohnsaft zu großen Klumpen formten und in die Plastsäcke stopften. „Sie brauchen nicht auf ihn zu warten", sagte er gedämpft. Das tiefbraune, bartlose Gesicht des ehemaligen Soldaten mit den freundlich blickenden dunklen Augen blieb ausdruckslos dabei.
„Was heißt das?"
Muchathien antwortete nicht gleich. Er zerkleinerte Mohnstroh mit dem Haumesser und zerstreute alles über das abgeerntete Feld. Auf diese Weise könnte der Boden für die nächste Saat wenigstens ein bisschen verbessert werden, meinten die Bergbewohner. Über das Häcksel aus Mohnstroh kam eine Schicht Asche, nachdem die letzten Reste der ausgetrockneten Pflanzen verbrannt worden waren. Schließlich sagte er: „Das heißt, Professor, dass Bansammu vermutlich nicht mehr lebt." Auf Wilkers' erstaunten Blick fügte er hinzu: „Satchanasai kann Ihnen das genau erklären. Ich war nicht im Dorf, als es geschah. Sie hat es mit angesehen."
„Was hat sie gesehen?"
Muchathien richtete sich auf, nahm Wilkers am Arm und ging mit ihm zu den Frauen hinüber, die das Rohopium verpackten. Er winkte Satchanasai heran. Muchathien sprach mit ihr. Wilkers beobachtete, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. Ihre Miene wurde verschlossen. Sie sah Wilkers misstrauisch an, über es war keine Feindschaft in dem
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