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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav A Horn
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vielleicht eher als Risiken bezeichnen. Das wird ihrer begrenzten Natur
     am besten gerecht. Es wird ja unterstellt, dass alle systematischen ökonomischen Beziehungen bekannt sind. Es gibt lediglich
     immer wieder unvorhergesehene und unvorhersehbare Ereignisse, die das ökonomische Geschehen beeinflussen. Diese treten aber
     durchaus nicht beliebig auf. Sie folgen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung. An dieser |76| kann man ablesen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ereignis auftreten kann. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung
     ist ebenfalls allen bekannt. In den gängigen Modellen der vorherrschenden Theorien treffen die Akteure alle ihre Entscheidungen
     auf der Basis dieses Erwartungskonzepts. Auf diese Weise werden alle verfügbaren Informationen optimal ausgenutzt. Daher bezeichnet
     man diese Form der Erwartungsbildung als rationale Erwartungen. 27 Ich möchte das an einem Beispiel veranschaulichen.
    Man kann dieses Konzept als ein Kartenspiel unter gleich guten Spielern verstehen. Die Regeln sind allen bekannt und jeder
     der Spieler beherrscht sie mit gleicher Fertigkeit und wird sie daher in einer für sich optimalen Weise nutzen. Damit besteht
     aber noch keine Sicherheit über den Ausgang des Spiels. Die Verteilung der Karten ist zufällig, und so hat jeder Spieler eine
     andere Ausgangslage, auf die er jeweils zwar optimal, aber mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten reagieren wird. Die Risiken
     sind jedoch begrenzt, denn die Gesetzmäßigkeiten der Wahrscheinlichkeitsrechnungen besagen, dass unter den genannten Voraussetzungen
     jeder Spieler auf Dauer, nämlich über alle Spiele, die gleichen Chancen hat und daher auch mit den gleichen Erfolgen oder
     Misserfolgen rechnen kann. Dieses Konzept eines begrenzten Risikos, mit dem alle in rationaler Weise umgehen, kennzeichnet
     die gegenwärtige Generation von gesamtwirtschaftlichen Ansätzen. Man unterstellt damit den wirtschaftlich Handelnden, dass
     sie alle die zugrunde liegenden ökonomischen Beziehungen kennen und ihre Erwartungen so bilden, dass die Gültigkeit dieser
     ökonomischen Gesetzmäßigkeit auch zukünftig zu erwarten ist. Kurz gesagt: Alle kennen das richtige Modell der Wirtschaft und
     verhalten sich in diesem Rahmen optimal. So weit dieses Modell.
    Diese Form der Erwartungsbildung wird nicht nur von Neuklassikern vertreten, die sie in der ökonomischen Wissenschaft etabliert
     haben, sondern inzwischen auch von Neukeynesianern. Diese haben sie in ihrer Reaktion auf die Herausforderungen der Neuklassik
     einfach übernommen. Sie wollten beim Thema Unsicherheit intellektuelle Äquivalenz wahren. Dies ist in gewisser Hinsicht konsequent. |77| Der Umgang mit Unsicherheit scheint auf den ersten Blick nichts mit den von den Neukeynesianern vertretenen und für maßgeblich
     gehaltenen Rigiditäten und Unvollkommenheiten in der Preis- und Lohnbildung zu tun zu haben.
    Er hat aber vor allem nichts mehr mit dem Konzept von Unsicherheit zu tun, das Keynes vertreten hat. Um im Bild des Kartenspiels
     zu bleiben: Keynes geht nicht nur davon aus, dass die Karten zufällig verteilt werden; er sagt sogar, dass auch die Fähigkeiten
     der Spieler unterschiedlich sind und dass nicht einmal bekannt ist, welches Spiel mit den Karten gespielt wird. Und mehr noch
     – höchstwahrscheinlich ändert sich im Lauf der Zeit sogar das Spiel.
    Dies und nicht die geschilderte Mechanik von Konjunkturprogrammen ist die zentrale Botschaft von Keynes: Märkte sind eben
     kein Kartenspiel. Märkte sind Chaos. Hier treffen Menschen mit unterschiedlichem Kenntnisstand und unterschiedlichen Fertigkeiten
     aufeinander. Sie kennen, falls es das überhaupt gibt, das wahre Modell der Ökonomie nicht, sondern handeln in der Regel intuitiv.
    Robert Skidelsky, der bekannteste Biograf von Keynes, macht dies in seinem jüngsten Buch am Beispiel einer Wettervorhersage
     vor einem Spaziergang deutlich. 28 Eine Familie, die einen Spaziergang plant, wird bei unklarer Wetterlage ihre Entscheidung, Schirme gegen einen eventuell
     einsetzenden Regen mitzunehmen, nicht von einer wissenschaftlich ausgearbeiteten Wetterprognose abhängig machen. Sie wird
     sich vielmehr nach ihrem Gefühl entscheiden. Vielleicht nimmt sie sogar bewusst in Kauf, nass zu werden, weil sie dies als
     angenehm empfindet. Dies ist letztlich sogar eine völlig rationale Art und Weise, eine Entscheidung zu fällen. Schließlich
     gibt es keine wissenschaftlich exakte und vor allem sichere lokale

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