Des Teufels Alternative
wir, sondern die Bundesrepublik von den Küstenstaaten, die nach der Sprengung der ›Freya‹ von einer Ölkatastrophe betroffen sind, verklagt würde, müßten wir doch für den Verlust von Schiff, Ladung und Besatzung aufkommen. Das wären etwa vierhundert Millionen Dollar.«
»Die könnten Sie selbstverständlich aufbringen, oder?« fragte Sir Rupert besorgt. Lloyds war mehr als eine Versicherungsgesellschaft, es war eine Institution. Sir Ruperts Abteilung war unter anderem für die Handelsschiffahrt zuständig, und er stellte seine Frage auch aus dienstlichem Interesse.
»O ja, wir könnten sie aufbringen«, sagte Sir Murray. »Uns bliebe gar nichts anderes übrig. Aber diese vierhundert Millionen Dollar würden sich auf die britische Zahlungsbilanz dieses Jahres auswirken – sie würden die unsichtbaren Erträge schmälern. Wahrscheinlich brächten sie uns in die roten Zahlen. Und das ausgerechnet dann, wenn wir einen neuen IWF-Kredit beantragen …«
»Das Ganze ist ein deutsches Problem«, stellte Sir Rupert fest. »Wir haben praktisch nichts damit zu tun.«
»Trotzdem könnte man die Deutschen vielleicht ein bißchen unter Druck setzen. Natürlich sind Flugzeugentführer Verbrecher, aber warum sollte man die beiden Kerle in Berlin nicht ausnahmsweise einfach laufenlassen? Fort mit Schaden!«
»Überlassen Sie die Sache nur mir«, sagte Sir Rupert. »Ich will sehen, was ich tun kann.«
Insgeheim wußte er, daß er nichts tun konnte. Die vertrauliche Mitteilung in seinem Safe besagte, daß Major Fallon und seine Männer die Freya in elf Stunden entern wollten, und die Premierministerin hatte Anweisung gegeben, bis dahin nichts zu unternehmen.
Der deutsche Bundeskanzler erfuhr von dem geplanten Kommandounternehmen im Laufe des Vormittags während einer vertraulichen Unterredung, um die der britische Botschafter gebeten hatte. Was er hörte, besänftigte ihn etwas.
»Das haben Sie also vor«, meinte er, nachdem er sich den Plan hatte erklären lassen. »Warum ist mir das nicht früher mitgeteilt worden?«
»Wir waren uns über die Durchführung des Unternehmens noch nicht im klaren«, antwortete der britische Botschafter, wie es seinen Weisungen aus London entsprach. »Wir haben die ganze Nacht hindurch an dem Plan gearbeitet. Erst in den frühen Morgenstunden konnten wir sicher sein, daß das Vorhaben durchführbar ist.«
»Wie schätzen Sie Ihre Erfolgsaussichten ein?« fragte der Bundeskanzler. Der Botschafter räusperte sich.
»Wir glauben, daß die Chancen drei zu eins für uns stehen«, antwortete er. »Die Sonne geht um neunzehn Uhr dreißig unter. Bis einundzwanzig Uhr ist es völlig dunkel. Unsere Männer entern die ›Freya‹ um zweiundzwanzig Uhr.«
Der Bundeskanzler warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Noch zwölf Stunden. Falls die Briten mit ihrem Kommandounternehmen Erfolg haben sollten, würde man das hauptsächlich ihren Kampfschwimmern zuschreiben – aber auch ihm, weil er die Nerven bewahrt hatte. Schlug das Unternehmen fehl, fiel der Mißerfolg allein auf die Briten zurück.
»Jetzt hängt also alles von diesem Major Fallon ab. Gut, Herr Botschafter, ich bin bereit, meine Rolle in dieser Angelegenheit bis zweiundzwanzig Uhr weiterzuspielen.«
Zur Bewaffnung der Moran gehörten neben ganzen Batterien von Lenkwaffenstartern zwei 12,7-cm-Mehrzweck-Geschütze in Einzellafetten, die sich vorn und achtern auf dem Schiff befanden. Diese Mehrzweck-Schnellfeuergeschütze modernsten Typs waren mit einem Feuerleitradar gekoppelt und wurden von einem Richtcomputer gesteuert.
Beide Geschütze konnten ein komplettes Magazin mit 20 Granaten in rascher Schußfolge verschießen, ohne nachladen zu müssen, wobei die Munitionssorten über den Computer vorgegeben werden konnten.
Die alten Zeiten waren längst vorüber, in denen Munition aus tief im Schiff liegenden Munitionskammern gemannt, durch ein mit Dampf oder Elektrizität betriebenes Förderwerk in den Geschützturm hinaufgebracht und von schwitzenden Geschützbedienungen in die Rohre gerammt werden mußte. Auf der Moran wurden die einzelnen Munitionsarten vom Computer abgerufen, automatisch in die Geschütztürme gefördert und abgeschossen, ohne daß eines Menschen Hand sie berührt hätte.
Die Feuerleitung wurde von einem Radargerät übernommen: Diese bei Tag und Nacht gleichscharfen Augen des Schiffs machten ein Ziel aus, wobei sie Windstärke, Windrichtung, Entfernung und Bewegung des Ziels oder des eigenen Schiffs
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