Des Teufels Alternative
berücksichtigten, und ließen das einmal festgehaltene Objekt erst wieder los, wenn neue Befehle kamen. Der Computer war an das Radargerät angeschlossen und reagierte in Sekundenbruchteilen auf die minimalsten Abweichungen der Moran , des Ziels oder des Windes. War ein Ziel erst einmal erfaßt, mochte es sich beliebig bewegen, und auch die Moran konnte Kursänderungen vornehmen: Die Geschütztürme wurden automatisch nachgeführt, und die Mündungsrohre blieben stets aufs Ziel gerichtet. Schwerer Seegang konnte die Moran stampfen und rollen lassen; das Ziel konnte gieren und schlingern – der Computer würde die Lageänderungen ausgleichen. Selbst die Verteilung der Granaten aufs Ziel konnte im voraus bestimmt werden.
Als zusätzliche Kontrolle war im Vormars des Schiffs eine Kamera eingebaut worden, durch die der Artillerieoffizier das Ziel beobachten konnte, um gegebenenfalls neue Anweisungen an Radar und Computer zu geben.
Kapitän Mike Manning studierte die Freya von seinem Platz an der Reling aus mit grimmiger Konzentration. Der Präsident mußte von einem Fachmann beraten worden sein. Beim Untergang der Freya war die Umwelt von der einen Million Tonnen Rohöl gefährdet, die in den Schiffstanks lagerten. Wurde diese Ladung jedoch in den Tanks oder Sekunden nach der Zerstörung der Freya auf dem Wasser entzündet, würde sie brennen. Sie würde nicht nur brennen – sie würde explodieren!
Normalerweise ist Rohöl nur schwer entflammbar, aber wenn die Hitzeeinwirkung groß genug ist, erreicht es seinen Flammpunkt und fängt Feuer. Die Freya beförderte Mubarraq, die leichteste Ölsorte, und die Leuchtgranaten, deren Magnesia-Basis beim Abbrennen mehr als 1000Grad Hitze entwickelte, würden beim Einschlagen in den Rumpf die Ladung sofort in Brand setzen. Etwa 90 Prozent des Rohöls würden die Wasseroberfläche gar nicht erreichen, sondern in Flammen aufgehen – in einem kilometerhohen Feuerball.
Mike Manning stellte sich vor, was von der Ladung übrigbleiben würde: auf den Wellen treibende Ölschlacken und eine riesige schwarze Rauchwolke, die an jene gemahnte, die einst über Hiroshima gehangen hatte. Von der Freya würden nur noch einzelne Wrackteile zu finden sein. Aber die Umweltkatastrophe wäre auf ein zu bewältigendes Maß beschränkt.
Der Kapitän winkte seinen Artillerieoffizier, Korvettenkapitän Chuck Olsen, zu sich.
»Ich möchte, daß Sie das vordere Geschütz laden und richten«, sagte er ruhig. »Munition: drei Panzersprenggranaten, fünf Leuchtgranaten, zwei Sprenggranaten. Insgesamt zehn. Gleiche Schußfolge wiederholen. Insgesamt zwanzig.«
Olsen hatte sich die Anweisung auf einem Block notiert, den er aus seiner Uniformjacke gezogen hatte.
»Ja, Sir. Drei PS, fünf LG, zwei SG mit Wiederholung. Trefferlage?«
»Erster Schuß ins Ziel, zweiter Schuß zweihundert Meter Abstand, dritter Schuß wieder zweihundert Meter Abstand. Zurück mit Leuchtgranaten in Fünfzigmeterabständen. Danach die Sprenggranaten in Hundertmeterabstand dazwischensetzen.«
Korvettenkapitän Olsen schrieb eifrig mit. Manning starrte zu der in einer Entfernung von fünf Seemeilen ankernden Freya hinüber, deren Bug genau auf die Moran zeigte. Die Trefferfolge, die der Kapitän seinem Artillerieoffizier angegeben hatte, sah drei Granateinschläge in einer Linie zwischen Schiffsbug und Aufbauten vor, den Einsatz der Leuchtgranaten auf derselben Linie in entgegengesetzter Richtung und die Explosion der Sprenggranaten dicht bei den Aufbauten. Die Panzersprenggranaten würden das Tankerdeck aufreißen; die Leuchtgranaten würden die Ölladung in Brand setzen; die Sprenggranaten würden das brennende Rohöl in alle Seitentanks drücken.
»Alles klar, Sir. Aufschlagpunkt für die erste Granate?«
»In der Wand des Vorschiffs, zehn Meter vom Bug der ›Freya‹ entfernt.«
Olsen hielt mitten im Schreiben inne. Er starrte auf seine Notizen und sah dann zur Freya hinüber.
»Captain«, sagte er langsam, »wenn Sie das tun, sinkt sie nicht einfach, gerät nicht einfach in Brand und explodiert nicht einfach. Sie löst sich in ihre Atome auf!«
»Sie haben meinen Befehl gehört«, antwortete Manning ausdruckslos. Der junge Amerikaner schwedischer Abstammung, der neben ihm an der Reling stand, war blaß geworden.
»Dort drüben sind neunundzwanzig skandinavische Seeleute an Bord!«
»Das weiß ich, Mr. Olsen. Sie führen entweder meinen Befehl aus und richten das Geschütz, oder Sie teilen mir mit, daß Sie
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