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Des Teufels Alternative

Des Teufels Alternative

Titel: Des Teufels Alternative Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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blaßblauen Himmel über sich. Bei 150 Knoten hob das Bugfahrwerk ab; eine halbe Sekunde später war auch das Hauptfahrwerk in der Luft, und O’Sullivan holte das komplette Fahrgestell ein.
    Die Maschine ging in einen immer steileren Steigflug über, bis ihre Triebwerksauslässe senkrecht nach unten auf Maryland zeigten. Munro lag auf dem Rücken, während seine Füße in die Luft ragten, und spürte den gleichmäßigen Druck der Lehne gegen sein Rückgrat, als die Black Bird in den Himmel hinaufraste, der bald dunkelblau, dann violett und schließlich schwarz wurde.
    Colonel O’Sullivan mußte auch die Navigation übernehmen: Er befolgte die Anweisungen des Flugzeugcomputers und überprüfte die Werte, die auf einem Bildschirm vor ihm erschienen: Höhe, Geschwindigkeit, Steiggeschwindigkeit, Steuerkurs, Außen- und Innentemperatur, Triebwerks- und Ausströmtemperaturen, Sauerstoffverbrauch und gegenwärtige Machzahl.
    Irgendwo unter der Black Bird blieben Philadelphia und New York wie Spielzeugstädte zurück. Als die Maschine über den Nordrand des Staates New York flog, durchbrach sie die Schallmauer und stieg und beschleunigte weiter. In einer Höhe von 80   000Fuß – acht Kilometer über der Flughöhe der Concorde – stellte Colonel O’Sullivan die Nachbrenner ab und ging in den Geradeausflug über.
    Obwohl die Sonne noch nicht untergegangen war, hatte Munro pechschwarzen Himmel über sich. In dieser Höhe war die Streuung der Luftmoleküle, die das Sonnenlicht reflektierten, so gering, daß der Himmel lichtlos erschien. Aber schon die Reibung zwischen diesen wenigen Molekülen und dem dahinrasenden Flugzeug genügte, um die Titaniumhaut der SR-71 zum Glühen zu bringen. Als unter der Maschine der Bundesstaat Maine und die kanadische Grenze vorbeizogen, hatte die Black Bird ihre Reisegeschwindigkeit erreicht. Sie betrug nahezu Mach 3.
    Im Cockpit herrschte eine angenehme Temperatur.
    »Darf ich reden?« fragte Munro.
    »Klar«, antwortete der Pilot lakonisch.
    »Wo sind wir jetzt?«
    »Über dem Sankt-Lorenz-Golf«, sagte O’Sullivan. »Nach Neufundland unterwegs.«
    »Wie weit ist es nach Moskau?«
    »Von Washington aus sind’s siebentausendachthundertdreizehn Kilometer.«
    »Und wie lange dauert der Flug?«
    »Drei Stunden und fünfzig Minuten.«
    Munro rechnete nach. Sie waren um 18   Uhr Washingtoner Zeit gestartet – um 23   Uhr mitteleuropäischer Zeit. In Moskau war es bereits 1   Uhr morgens. Sie würden gegen 5   Uhr Moskauer Zeit landen.
    Falls Rudin mit dem Plan einverstanden war, konnte die Black Bird vielleicht auch die Strecke nach Berlin fliegen. Auf diese Weise wären zwei Stunden gewonnen, und er würde Berlin bei Tagesanbruch erreichen.
    Nach knapp einer Stunde Flugzeit blieb Cape Harrison, die äußerste Spitze Kanadas, tief unter der SR-71 zurück; die Maschine war nun über dem Nordatlantik und nahm Kurs auf Cape Farewell, die Südspitze Grönlands.
    »Präsident Rudin, bitte, hören Sie mich an!« William Matthews sprach über den sogenannten »heißen Draht«, der trotz dieser Bezeichnung nichts mit einer Telefonleitung gemein hat. Aus dem Lautsprecher auf dem Schreibtisch drang im Augenblick nur leises Murmeln: Die Männer im Ovalen Zimmer hörten den Moskauer Simultandolmetscher, der Rudin die Worte des amerikanischen Präsidenten auf russisch zuflüsterte.
    »Maxim Andrejwitsch, ich glaube, Sie und ich sind zu erfahrene Politiker und haben zu schwer und zu lange daran gearbeitet, unseren Völkern den Frieden zu sichern, als daß wir uns nun unser Werk von einer Mörderbande auf einem Tanker in der Nordsee zerstören lassen.«
    Wieder ließ sich im Lautsprecher einige Sekunden lang das Murmeln vernehmen, dann war Rudins Stimme zu hören. Der sowjetische Staats- und Parteichef sprach russisch, und ein Konferenzdolmetscher aus dem Außenministerium flüsterte Matthews die Übersetzung zu.
    »Wenn Sie das vermeiden wollen, müssen Sie der Erpressung Einhalt gebieten und den Tanker in die Luft sprengen. Ich kann nicht mehr tun, als ich bereits getan habe.«
    Robert Benson warf dem Präsidenten einen warnenden Blick zu. Rudin brauchte nicht zu erfahren, daß der Westen bereits über Iwanenkos Schicksal Bescheid wußte.
    »Wenn ich den Tanker vernichten lasse, wäre das auch mein Ende. Aber vielleicht gibt es doch noch eine andere Lösung. Ich bitte Sie inständig, meinen Abgesandten zu empfangen, der bereits auf dem Luftweg nach Moskau unterwegs ist. Er hat ihnen einen Vorschlag

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