Des Teufels Alternative
Handfläche des Norwegers durchschlagen – die Hand, in der er den Oszillator gehalten hatte – und hatte ihm Metall- und Plastiksplitter ins Fleisch getrieben. Die beiden Männer starrten einander zehn Sekunden lang mit angehaltenem Atem an und warteten darauf, daß eine Serie dumpfer Explosionen das Ende der Freya ankündigte.
Aber die Detonationen blieben aus. Das Geschoß hatte den Mechanismus des Oszillators zertrümmert, bevor der Stromkreis geschlossen war, der per Funksignal die unter Deck angebrachten Sprengladungen hatte zünden können.
Der Ukrainer kam langsam auf die Beine und hielt sich wankend am Tisch fest. Thor Larsen sah fassungslos seine zerschmetterte Hand an, von der Blut auf den Teppichboden tropfte. Dann blickte er dem ächzenden Terroristen in die Augen.
»Ich habe gesiegt, Mr. Swoboda. Ich bin der Sieger! Sie können mein Schiff und meine Besatzung nicht mehr vernichten.«
»Das wissen Sie vielleicht, Kapitän Larsen«, sagte Drake, »und ich weiß es auch. Aber die dort draußen …«
Er zeigte durchs offene Fenster auf die Kriegsschiffe, deren Lichter im Morgendunst verschwammen.
»… die dort draußen wissen nichts davon. Das Spiel geht weiter. Mischkin und Lasareff werden Israel erreichen.«
Kapitel 19
06.00 bis 16.00
Das Westberliner Gefängnis Moabit besteht aus zwei Gebäudekomplexen. Der ältere Teil stammt aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. In den sechziger und zu Anfang der siebziger Jahre, als die Baader-Meinhof-Bande Deutschland mit einer Welle von Terroranschlägen überzog, war ein neuer Flügel errichtet worden. In diesen Trakt hatte man ultramoderne Sicherheitssysteme eingebaut – ausbruchsichere Zellen, Überwachungskameras und elektronisch gesicherte Türen und Gitter.
Am Sonntag, dem 3. April 1983, wurden Dawid Lasareff und Lew Mischkin um 6 Uhr vom Gefängnisdirektor in ihren Einzelzellen geweckt.
»Sie werden entlassen«, erklärte er ihnen knapp, »und heute vormittag nach Israel geflogen. Die Maschine startet um acht Uhr. Seien Sie innerhalb einer Stunde abfahrbereit. Der Transport zum Flughafen hinaus geht um halb acht ab.«
Zehn Minuten später telefonierte der Militärkommandant des Britischen Sektors mit dem Regierenden Bürgermeister.
»Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen«, sagte er höflich, »daß ein Start von dem Flughafen Tegel leider nicht in Frage kommt. Erstens ist die auf Ersuchen der Bundesregierung bereitgestellte Maschine eine zweistrahlige HS hundertfünfundzwanzig der Royal Air Force, die auf unserem Militärflugplatz Gatow besser betankt und gewartet werden kann. Und zweitens versuchen wir, Störungen durch einen Massenandrang von Presseleuten zu vermeiden. Absperrmaßnahmen sind in Gatow leichter durchzuführen als auf dem Flughafen Tegel.«
Der Regierende Bürgermeister war insgeheim erleichtert. Wenn die Briten die Verantwortung für die beiden Flugzeugentführer übernahmen, ging eine etwaige Panne ausschließlich zu ihren Lasten – und auch in Westberlin standen demnächst Wahlen vor der Tür.
»Was sollen wir also tun, General?« fragte er.
»London schlägt vor, daß Sie die beiden Männer vom Gefängnis Moabit aus mit einer starken Polizeieskorte direkt nach Gatow bringen lassen. Ihre Leute können sie uns innerhalb der Umzäunung in aller Ruhe übergeben – selbstverständlich gegen Quittung.«
Die Presse war von dieser Regelung keineswegs begeistert. Seitdem am Abend zuvor in Bonn bekanntgegeben worden war, daß die Flugzeugentführer um 8 Uhr freigelassen werden sollten, kampierten über 400 Reporter und Fotografen vor dem Gefängnis Moabit. Auch auf dem Flughafen Tegel warteten ganze Scharen von Bildreportern und suchten nach dem besten Standort für sich und ihre langen Teleobjektive. Sie alle sollten enttäuscht werden.
Der britische Militärflughafen Gatow hat den Vorteil, in einem abgelegenen, einsamen Winkel Westberlins zu liegen: auf dem Westufer der breiten Havel und dicht an der Grenze zur DDR.
In Gatow herrschte schon seit einigen Stunden rege Betriebsamkeit. Kurz nach 4 Uhr war eine RAF-Dominie – die militärische Ausführung des Passagierflugzeugs HS 125 – gelandet. Die Maschine war aus England gekommen und mit Zusatztanks ausgerüstet, um von Berlin über München, Venedig und Athen nonstop nach Tel Aviv fliegen zu können. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 800 Stundenkilometern würde die Dominie für die 3500Kilometer lange Strecke etwa viereinhalb Stunden
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