Des Teufels Alternative
fotografisches Meisterwerk, aber die Männerschulter im Vordergrund und die auf seine Familie gerichtete abgesägte Schrotflinte waren deutlich genug.
»Falls Sie Alarm schlagen«, erklärte Drake ihm ruhig, »kommt die Polizei hierher, nicht zu Ihnen nach Hause. Bevor die Polizisten in Ihr Büro eindringen, sind Sie tot. In genau sechzig Minuten drückt der Mann, den Sie hier auf dem Foto sehen, ab, falls ich ihn bis dahin nicht angerufen und ihm mitgeteilt habe, daß ich mit dem Geld in Sicherheit bin. Halten Sie das bitte nicht für eine leere Drohung; wir sind beide bereit, unser Leben zu opfern. Wir gehören zur Roten-Armee-Fraktion.«
Pickering schluckte trocken. Unter seinem Schreibtisch, 20 Zentimeter von seinem Knie entfernt, war ein Knopf angebracht, mit dem er unauffällig die Polizei alarmieren konnte. Er betrachtete das Foto erneut und nahm das Knie weg.
»Rufen Sie Ihren Kassierer herein«, wies Drake ihn an. »Er soll das Konto eröffnen, den Scheck gutschreiben und die dreißigtausend Pfund hereinbringen. Sagen Sie ihm, daß Sie mit London telefoniert haben und daß alles in Ordnung ist. Falls er sich über die Barauszahlung wundert, erklären Sie ihm, daß das Geld für eine große Werbekampagne mit Geldpreisen in bar bestimmt ist. Reißen Sie sich zusammen und spielen Sie Ihre Rolle glaubwürdig!«
Der Kassierer war etwas überrascht, aber sein Chef schien ganz ruhig zu sein – vielleicht etwas bedrückt, aber ansonsten normal. Und der Kunde in dem dunkelgrauen Anzug sah unbekümmert und freundlich aus. Beide hatten sogar ein Glas von Pickerings Sherry vor sich stehen. Allerdings hatte der Geschäftsmann seine dünnen Handschuhe anbehalten, was bei so warmem Wetter seltsam war. Ein halbe Stünde später brachte der Kassierer das Geld aus dem Tresor, legte es auf den Schreibtisch des Filialleiters und verließ das Büro.
Drake packte es bedächtig in seinen Aktenkoffer.
»Wir haben noch dreißig Minuten Zeit«, erklärte er Pickering. »In fünfundzwanzig Minuten rufe ich bei Ihnen zu Hause an. Mein Freund läßt Ihre Frau und Ihr Kind unversehrt zurück. Sollten Sie vorher Alarm schlagen, schießt er erst und versucht dann, der Polizei zu entkommen.«
Nachdem Drake gegangen war, saß Pickering eine halbe Stunde lang wie erstarrt da. Drake rief schon nach fünf Minuten von einer Telefonzelle aus in dem Haus des Filialleiters an. Krim nahm den Anruf entgegen, sah grinsend zu der an Händen und Füßen mit Heftpflaster gefesselten Frau hinüber, die auf dem Teppich lag, und verließ das Haus. Weder er noch Drake benützten jetzt den am Tag zuvor gestohlenen Lieferwagen. Krim fuhr mit einem in der Nähe bereitstehenden Motorrad davon. Drake holte einen Sturzhelm aus dem Lieferwagen, um seinen feuerroten Haarschopf zu tarnen, und bestieg ebenfalls ein in der nächsten Straße abgestelltes Motorrad. Beide hatten Sheffield innerhalb von 30 Minuten verlassen. Sie ließen ihre Motorräder im Norden von London stehen und trafen sich in Drakes Wohnung, wo Drake sich die rote Farbe aus dem Haar wusch und die Hornbrille zertrümmerte.
Am nächsten Morgen flog Munro von Aberdeen aus mit der Frühmaschine nach Süden. Nachdem die Plastiktabletts abgeräumt waren, bot die Stewardeß die neuesten Londoner Tageszeitungen an. Munro saß in einer der letzten Reihen, weshalb er auf die Times und den Telegraph verzichten und sich mit dem Daily Express zufriedengeben mußte. Auf der ersten Seite wurde in großer Aufmachung berichtet, daß zwei Unbekannte, wahrscheinlich deutsche RAF-Angehörige, bei einem Bankraub in Sheffield 20 000Pfund erbeutet hatten.
»Verdammte Mistkerle!« sagte neben Munro der englische Arbeiter, der zu seiner Schicht auf einer Nordseebohrinsel mußte. Er tippte auf die Schlagzeile. »Verdammte Kommunisten. Ich würde sie alle aufhängen lassen.«
Munro bestätigte, daß man diesem Gedanken in Zukunft ernstlich nähertreten müsse.
Von Heathrow aus fuhr er mit dem Taxi bis in die Nähe seines Büros. Er wurde sofort in Barry Ferndales Arbeitszimmer geführt.
»Adam, alter Junge, Sie sehen ja wie neu aus.«
Ferndale bot Munro einen Sessel und Kaffee an.
»Und nun zu Ihrem Tonband. Sie kommen sicher schon halb um vor Neugierde, was? Tatsache ist, mein Lieber: Es ist echt. Gar keine Frage. Alles paßt zusammen. Im sowjetischen Landwirtschaftsministerium sind etliche Köpfe gerollt. Sechs oder sieben hohe Funktionäre sind gefeuert worden – darunter vermutlich auch der arme
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