Des Teufels Alternative
überlegte Drake sich, ohne für solche Maßnahmen die Gründe zu kennen. Unter Deck standen Gabelstapler für Istanbul und Landmaschinen für Varna in Bulgarien – Frachtgüter aus Amerika, die in Piräus umgeladen worden waren.
Drake sah, wie sich der Bevollmächtigte des Agenten mit Handschlag von Kapitän Thanos verabschiedete und von Bord ging. Thanos suchte mit den Augen den Kai ab und entdeckte Drake, der, seinen Seesack über der Schulter und einen Koffer in der Hand, eilig zum Schiff ging.
Im Navigationsraum hinter dem Ruderhaus übergab Drake seinen Reisepaß und die Impfbescheinigungen. Er unterschrieb die Schiffsartikel und wurde Mitglied der Decksmannschaft. Während er in seiner Kabine seine Habseligkeiten verstaute, trug Kapitän Thanos ihn in die Besatzungsliste ein. Unmittelbar darauf kam ein griechischer Zollbeamter an Bord. Die beiden Männer setzten sich wie üblich zu einem Glas Schnaps zusammen.
»Diesmal habe ich einen Mann mehr als sonst«, sagte Thanos beiläufig. Der Zollbeamte warf einen Blick auf die Besatzungsliste und die vor ihm liegenden Seefahrtsbücher und Reisepässe. Die meisten Männer an Bord waren Griechen, aber Thanos hatte auch sechs Ausländer angeheuert. Drakes britischer Paß war besonders auffällig. Der Beamte griff danach und blätterte ihn durch. Zwischen den Seiten steckte ein Fünfzigdollarschein.
»Ein Arbeitsloser«, behauptete Thanos, »der in die Türkei und von dort aus weiter nach Indien will. Ich hab mir gedacht, daß ihr vielleicht ganz froh seid, ihn loszuwerden.«
Fünf Minuten später lagen die Ausweise der Besatzungsmitglieder wieder in ihrem Holzkasten, und die Schiffspapiere trugen den Ausreisevermerk. In der Abenddämmerung machte die Sanadria die Leinen los und lief nach Süden, bevor sie auf Nordostkurs ging und die Dardanellen ansteuerte.
Unter Deck hockte die Besatzung in der schmuddeligen Mannschaftsmesse. Einer der Männer hoffte, daß niemand unter seine Matratze sehen werde, weil er darunter ein Gewehr versteckt hatte: ein Sako Hornet 22. In Moskau ließ der Mann, dem der Anschlag galt, sich ein ausgezeichnetes Abendessen schmecken.
Kapitel 7
Während in Politiker- und Geheimdienstkreisen in Washington und Moskau hektische Betriebsamkeit herrschte, stampfte die alte Sanadria unbeirrt nach Nordosten in Richtung Dardanellen und Istanbul.
Am zweiten Tag sah Drake die kahlen braunen Hügel von Gallipoli vorbeigleiten und die Meerenge, die die europäische Türkei von der asiatischen trennt, sich zum Marmarameer erweitern. Kapitän Thanos, der diese Gewässer wie seinen Hinterhof auf Chios kannte, war sein eigener Lotse.
Zwei sowjetische Kreuzer liefen an ihnen vorbei: Sie waren von Sewastopol zum Mittelmeer unterwegs, um Manöver der amerikanischen Sechsten Flotte zu beobachten. Kurz nach Sonnenuntergang kamen die funkelnde Lichterkette von Istanbul und die Bosporusbrücke in Sicht. Die Sanadria blieb während der Nacht vor Anker liegen und lief am nächsten Morgen in den Hafen ein.
Während die Gabelstapler ausgeladen wurden, ließ Andrew Drake sich von Kapitän Thanos seinen Paß geben und ging an Land. Er traf sich wie verabredet mit Miroslaw Kaminski in der Innenstadt und nahm einen großen Packen Lammfell- und Wildlederjacken in Empfang. Thanos zog die Augenbrauen hoch, als der Engländer damit an Bord zurückkam.
»Willst du deine Freundin warmhalten?« erkundigte er sich. Drake schüttelte den Kopf und grinste.
»Die Kameraden haben mir erzählt, daß viele Seeleute damit in Odessa Geld verdienen«, antwortete er. »Deshalb wollte ich eigene Ware mitnehmen.«
Der Kapitän war keineswegs überrascht. Er wußte, daß ein halbes Dutzend seiner Matrosen ähnlich beladen an Bord zurückkommen würde, um die begehrten Jeans und Lederjacken in Odessa für das Fünffache des Kaufpreises an die Schwarzmarktschieber abzugeben.
Dreißig Stunden später tuckerte die Sanadria durch den Bosporus, ließ das Goldene Horn achteraus zurück und nahm mit ihren Landmaschinen Kurs auf Varna.
Genau westlich von Dublin liegt County Kildare mit Curragh, dem irischen Zentrum für Pferderennen, und der verschlafenen Kleinstadt Celbridge. Am Rand von Celbridge steht die größte und schönste Palladio-Villa ganz Irlands: Castletown House. Mit Einverständnis des amerikanischen und des sowjetischen Botschafters hatte die irische Regierung Castletown House als Tagungsort für die Abrüstungsgespräche vorgeschlagen.
Kolonnen von Stukkateuren, Malern,
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