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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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klapprigen Lastwagen, der ihn heute morgen fast überfahren hatte.
    »Buona sera«, sagte der Polizeibeamte zurückhaltend.
    »Buona sera«, murmelte Harry.

    334
    Der Carabiniere hob die Taschenlampe und ließ den Lichtstrahl durchs Fahrerhaus gleiten. Danny, der noch immer Harrys schwarzes Priesterjackett trug, schlief gegen Elena gelehnt weiter.
    Der zweite Carabiniere stand vor Elenas Fenster. Er forderte sie mit einer Handbewegung auf, es herunterzukurbeln.
    Elena ignorierte ihn und sah statt dessen zu dem neben Harry stehenden Beamten hinüber.
    »Wir sind zu einer Beerdigung gefahren«, sagte sie auf italienisch.
    »Wissen Sie das noch?«
    »Ja.«
    »Jetzt fahren wir zurück. Pater Dolgetta«, sie zeigte auf Danny und sprach dann leiser, als wolle sie ihn nicht aufwecken, »ist aus Mailand gekommen, um die Messe zu lesen. Sie sehen, wie dünn er ist.
    Er ist sehr krank gewesen. Er hätte niemals kommen dürfen, aber er hat darauf bestanden. Und er hat prompt einen Rückfall erlitten. Sehen Sie ihn sich bloß an. Wir versuchen jetzt, ihn möglichst schnell ins Bett zu bringen, bevor Schlimmeres passiert.«
    Der Carabiniere stand schweigend da, starrte ins Fahrerhaus und beleuchtete mit seiner Taschenlampe erst Harry und dann wieder Danny.
    »Was sollen wir tun? Aussteigen und herumgehen? Ihn aufwecken?
    Ihn auch herumgehen lassen?« Elenas Augen blitzten zornig. »Wie lange brauchen Sie noch, um Leute, die Sie bereits kennen, passieren zu lassen?«
    Hinter ihnen wurde gehupt. Die wartenden Autofahrer wurden ungeduldig, weil sie sich die Verzögerung nicht erklären konnten. Endlich schaltete der Carabiniere seine Taschenlampe aus, nickte seinem Partner zu, trat von der Fahrertür zurück und winkte sie durch.

    335
    100
    Roscani brach ein Stück Schokolade ab, steckte es in den Mund und klappte die Interpolakte zu.
    Teil eins enthielt auf neunundfünfzig Seiten detaillierte Angaben über siebenundzwanzig Männer und neun Frauen, die in Europa als Terroristen aktiv gewesen waren. Teil zwei bestand aus achtund-zwanzig Seiten mit Angaben über besonders gefährliche Mörder, die bisher nicht gefaßt waren und sich vermutlich in Europa aufhielten: insgesamt vierzehn Gewaltverbrecher, ausschließlich Männer.
    Jeder von ihnen konnte den Reisebus in die Luft gejagt haben. Jeder der Männer konnte der verkohlte Leichnam sein, der irrtümlich für Pater Daniel gehalten worden war – der Unbekannte mit der spanischen Llamapistole. Aber nach Roscanis Einschätzung besaß keiner von ihnen die phantasievolle, fast erotische und rein sadistische Ausstrahlung des blonden Mannes mit dem zerkratzten Gesicht, der mit Eispicker und Rasiermesser mordete.
    Frustriert und über sich selbst wütend, weil er ausgerechnet jetzt das Rauchen aufgegeben hatte, stand er auf, öffnete die Tür seines winzigen Refugiums und trat wieder in den Ballsaal der Villa Lorenzi hinaus.
    Dies war kein Spiel, das er allein hätte spielen wollen, indem er mit der Einstellung seines Vaters die Fahndung allein übernahm, als sei nur er imstande, diesen Fall zu lösen. Hier brauchte man Hunderte von Beamten, die hellwach und mit offenen Augen jeden Quadratmeter der Umgebung absuchten. Nur so war garantiert, daß die Falle zuschnappte, bevor die Flüchtigen ein weiteres Schlupfloch finden konnten.
    Bellagio, St.-Chiara-Kirche.
    22.15 Uhr
    Harry saß mit Danny in dem unbeleuchteten Lastwagen und wartete auf Elena. Sie war seit über einer halben Stunde fort, und er fühlte, wie sein Unbehagen wuchs.

    336
    Auf der gegenüberliegenden Straßenseite zogen lachend und lärmend einige Jugendliche vorbei, von denen einer auf seiner Gitarre klimperte. Erst vor kurzem war dort ein älterer Mann gegangen, der eine Melodie vor sich hingesummt hatte, während er seine beiden kleinen Hunde spazierengeführt hatte. Jetzt verhallte der Lärm der Jugendlichen, und die erneut herrschende Stille verstärkte bei Harry das Gefühl der Einsamkeit, seine Besorgnis und die Angst, gefaßt zu werden.
    Er drehte den Kopf leicht zur Seite und betrachtete Danny, der auf dem Beifahrersitz schlief und seine Beine in den blauen Verbänden in fetaler Position unter seinem Körper angezogen hatte. Unschuldig und ahnungslos, wie ein Kind geschlafen hätte. Bei diesem Anblick hatte er das Bedürfnis, eine Hand auszustrecken, Danny zu berühren und ihm zu versichern, alles werde gut werden.
    Harry wandte sich ab und sah wieder zu der Kirche hinauf, weil er hoffte, Elena den Hügel

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