Des Teufels Kardinal
Danny und konnte nur hoffen, daß Danny diesmal den Mund halten würde. Irgendwo unter ihm klingelte das Telefon erneut.
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Adrianna rief zurück.
Das Klingeln war laut, schrill. Es klang fast, als komme es aus einem Lautsprecher. Harry bemühte sich verzweifelt, es in der Dunkelheit unter seinem Körper zu finden. Aber es hatte sich irgendwo zwischen seinem Hemd und Danny und dem Autositz verhakt. Er zog die Arme an und bemühte sich, das Geräusch mit seinem Körper zu dämpfen. Hoffentlich konnten die Polizisten es mit aufgesetzten Sturzhelmen und wegen des Lärms ihrer Motorräder nicht hören.
Eine Ewigkeit verstrich, bevor das Klingeln aufhörte. Danach herrschte Stille. Harry hätte gern den Kopf gehoben, um zu sehen, ob die Polizisten weitergefahren waren, aber das wagte er nicht. Er konnte das Pochen seines Herzens hören, das Hämmern seines Puls-schlags.
Plötzlich wurde energisch ans Seitenfenster geklopft. Ihm lief ein kalter Schauder über den Rücken. Er fühlte sich wie gelähmt. Das Klopfen wiederholte sich. Lauter.
Schließlich hob Harry angstvoll resigniert den Kopf.
Draußen stand Elena. Sie wurde von einem Priester begleitet, der einen Rollstuhl mitgebracht hatte.
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101
Eine attraktive Frau, die einen blauen Leinenblazer und einen breitkrempigen Strohhut trug, saß in der Bar des Hotels Firenze allein an einem Tisch in der Nähe des auf die Straße hinausführenden großen Fensters. Von dort aus konnte sie die Uferpromenade und die Anlegestelle der Tragflügelboote überblicken. Und sie sah die Kriminalbeamten der Gruppo Cardinale, die am Fahrkartenschalter und an der Anlegestelle alle auf das nächste Boot wartenden Fahrgäste beobachteten.
Sie wandte sich leicht von den übrigen Gästen ab, holte ein Mobiltelefon aus ihrer Handtasche und wählte eine Nummer in Mailand, von wo aus der Anruf zu einer anderen Nummer in der Küstenstadt Civitavecchia und schließlich zu einer nicht im Telefonbuch stehenden Nummer in Rom weitergeleitet wurde.
»Si«, meldete sich eine Männerstimme.
»Hier ist S «, sagt Thomas Kind.
»Uno momento.«
Eine kurze Pause.
»Ja?« Das war eine andere Männerstimme, elektronisch verzerrt, um nicht identifizierbar zu sein. Das restliche Gespräch wurde auf französisch geführt.
S: Die Zielperson lebt. Möglicherweise ist sie verwundet. Und sie ist leider entkommen.
Männerstimme: Ja, ich weiß.
S: Was soll ich jetzt tun? Wenn Sie wollen, gebe ich den Auftrag zurück.
Männerstimme: Nein. Ich weiß Ihre Erfahrung und Zielstre-bigkeit zu schätzen. Die Polizei weiß, daß Sie dort sind, und fahndet nach Ihnen, aber sie hat bisher keine Ahnung, wer Sie sind.
S: Davon bin ich ausgegangen.
Männerstimme: Können Sie von dort weg?
S: Mit etwas Glück.
Männerstimme: Dann möchte ich, daß Sie herkommen.
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S: Ich könnte die Zielperson trotz der Polizei weiter von hier aus verfolgen.
Männerstimme: Gewiß, aber wozu, wenn die Motte aus ihrem Schlaf erwacht ist und in die Flamme gelockt werden kann?
Kardinal Palestrina drückte auf einen Knopf des Kästchens neben seinem Telefon und übergab den Hörer Farel, der ihn auflegte. Dann saß der Sekretär des Auswärtigen für lange Augenblicke schweigend in seinem spärlich beleuchteten Arbeitszimmer mit der reichen Mar-morausstattung und betrachtete die Gemälde, Skulpturen und Regale mit kostbaren alten Büchern, diese Zeugen vergangener Jahrhunderte, die ihn in seiner Residenz in dem von Papst Sixtus V. erbauten Palast ein Stockwerk unter den päpstlichen Gemächern umgaben.
Der Heilige Vater schlief jetzt nach einem anstrengenden Tag, geistig und körperlich erschöpft und darauf vertrauend, daß seine Berater die Geschäfte des Vatikans weiter in seinem Sinne führten.
»Wenn Sie gestatten, Eminenz«, räusperte sich Farel.
Palestrina sah zu ihm hinüber. »Sagen Sie schon, was Sie auf dem Herzen haben, Jakow.«
»Der Priester macht mir Sorgen. Thomas Kind kann ihn anscheinend so wenig stoppen wie Roscani mit seiner ganzen Armee. Er gleicht einer Katze, die ihre Leben noch nicht aufgebraucht hat. Wir können ihn zwar in eine Falle locken, aber was ist, wenn er vorher auspackt?«
»Sie befürchten, ein einziger Mann könnte uns ganz China kosten?«
»Ja. Und dagegen könnten wir nicht das geringste machen. Außer alles abzustreiten. Aber China wäre trotzdem verloren, und der Verdacht würde sich Jahrhunderte lang halten.«
Palestrina drehte sich langsam mit seinem Sessel nach der
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