Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
Vom Netzwerk:
den zweiten See ansetzen würde.

    365
    108
    Lugano.
    Mittwoch, den 15. Juli, mittags
    Elena hatte Harry kaum richtig angesehen, seit sie ihm geholfen hatte, Danny anzuziehen und in den Kleinbus zu schaffen. Harry vermutete, daß es ihr peinlich war, zu ihm gekommen zu sein und ihm ihre geheimsten Gedanken anvertraut zu haben, und daß sie jetzt nicht wußte, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Am meisten überraschte ihn jedoch, wie sehr ihn ihr Gespräch bewegt hatte und weiterhin bewegte. Elena war eine intelligente, schöne, mutige und sensible Frau, die sich plötzlich selbst gefunden hatte und die Freiheit wollte, sich selbst auszudrücken. Und daß sie nachts barfuß in seine Zelle gekommen war und ihm ihr Geheimnis anvertraut hatte, ließ seiner Ansicht nach nur den Schluß zu, daß sie den Wunsch hatte, er solle ihr dazu verhelfen.
    Das Problem war nur, daß Harry sich sofort gesagt hatte, dies sei nicht der rechte Zeitpunkt für etwas, das ihn derart emotional berühr-te. Während sie jetzt nach Lugano hinein fuhren, der Viale Castagno-la folgten, den Cassarate überquerten und dann die Via Serafino Ba-lestra hinauffuhren, um zu dem einstöckigen Privathaus in der Via Monte Ceneri siebenundachtzig zu gelangen, konzentrierte er sich deshalb bewußt auf das, was als nächstes getan werden mußte.
    Eine Tatsache stand fest: Sie konnten nicht weiter als steckbrieflich gesuchte Verbrecher von einem Ort zum anderen reisen und darauf hoffen, daß irgend jemand ihnen irgendwie helfen würde. Danny brauchte einen sicheren Zufluchtsort, an dem er sich ausruhen und sich soweit erholen konnte, daß er mit Harry vernünftig und zusammenhängend über die Ermordung des Kardinalvikars von Rom sprechen konnte. Außerdem, und das war fast ebenso wichtig, brauchten sie einen erstklassigen Rechtsanwalt. Und nur damit durfte Harry sich im Augenblick beschäftigen.
    »Sind wir da?« fragte Danny mit schwacher Stimme, als Pater Renato die Handbremse anzog und den Motor abstellte.

    366
    »Ja, Pater Daniel.« Pater Renato lächelte schwach. »Gott sei Dank!«
    Als Elena ausstieg, stellte sie fest, daß Harry kurz zu ihr hinüber-blickte, bevor er die Schiebetür des Fahrzeugs öffnete und sich dann Pater Natalini zuwandte, der den Rollstuhl aus dem Laderaum geholt hatte. Pater Daniel hatte unterwegs kaum ein Wort gesagt, sondern nur aus dem Fenster auf die draußen vorbeiziehende Landschaft gestarrt. Elena wußte, daß er von den Ereignissen der vergangenen achtundvierzig Stunden noch immer völlig erschöpft war. Er mußte etwas essen und sich dann gründlich ausschlafen.
    Sie trat zur Seite und beobachtete, wie Harry und Pater Natalini Danny in den Rollstuhl hoben und die Treppe hinauf in den ersten Stock des Hauses in der Via Monte Ceneri trugen. Was letzte Nacht passiert war, machte sie verlegen, ohne ihr wirklich peinlich zu sein.
    In ihrem emotionalen Überschwang, der sie zu Harry geführt hatte, hatte sie mehr von sich und ihren Gefühlen offenbart, als sie vorge-habt hatte. Zumindest weit mehr, als gut war, solange sie noch an ihr Keuschheitsgelübde gebunden war. Aber sie hatte es trotzdem getan und konnte nichts davon zurücknehmen. Die Frage war nur, wie sie sich jetzt verhalten sollte. Deshalb hatte sie Harry den ganzen Vormittag kaum ansehen und nur die notwendigsten Worte mit ihm wechseln können. Sie wußte einfach nicht, wie es weitergehen sollte.
    Vor ihnen wurde die Wohnungstür im ersten Stock geöffnet, und ihre Gastgeberin erschien auf der Schwelle.
    »Schnell herein mit euch!« sagte Véronique Vaccaro und trat beiseite, um ihnen Platz zu machen.
    Sobald ihre Gäste eingetreten waren, schloß sie die Tür hinter ihnen und betrachtete einen nach dem anderen prüfend. Véronique, eine zierliche, temperamentvolle Mittfünfzigerin, war eine Malerin und Bildhauerin, die ihre Sätze in einer verwirrenden Mischung aus Französisch, Englisch und Italienisch heraussprudelte. Sie wandte sich an Pater Renato.
    » Merci. Aber jetzt müssen Sie gehen. Capisce ?«
    Kein Angebot, sich auszuruhen, die Toilette zu benutzen oder auch nur ein Glas Wasser zu trinken. Nein, Pater Natalini und er mußten schnellstens verschwinden.

    367
    »Das Fahrzeug einer Kirche in Bellagio, das in Lugano vor einem Privathaus parkt? Da können Sie gleich die Polizei anrufen und ihr sagen, wo die anderen sind.«
    Pater Renato nickte lächelnd. Sie hatte recht. Als er mit Pater Natalini gehen wollte, überraschte Danny alle, indem er

Weitere Kostenlose Bücher