Des Teufels Kardinal
hinüber. »Lassen Sie uns bitte einen Augenblick allein, Schwester?« forderte er sie auf italienisch auf.
»Natürlich, Pater.« Nach einem kurzen Blick zu Harry hinüber verließ Elena den Raum.
Sobald das Türschloß eingeschnappt war, wandte Danny sich an seinen Bruder.
»Kardinal Marsciano ist krank. Ich muß dringend nach Rom zu-rück. Ich brauche deine Hilfe.«
»Nach Rom?« fragte Harry ungläubig.
»Ja.«
»Warum?«
»Das habe ich dir eben gesagt.«
»Nein, du hast nur erwähnt, daß Kardinal Marsciano krank ist, aber das sagt mir nichts.« Harry funkelte seinen Bruder an. Sie waren plötzlich wieder mitten in dem Gespräch, das sie abgebrochen hatten.
»Ich habe dir schon mal erklärt, daß ich darüber nicht reden kann.«
»Okay, dann nicht. Versuchen wir es mit etwas anderem: Woher hat Pater Bardoni gewußt, daß du hier bist?«
»Schwester Elenas Mutter Oberin…«
»Ja? Bitte weiter.«
»Nichts weiter«, sagte Danny ausdruckslos. »Ich muß nach Rom, das ist alles. Ich kann nicht gehen, komme nicht mal ohne Hilfe aufs Klo.«
»Warum bist du nicht mit Pater Bardoni gefahren?«
»Weil er es sehr eilig hat. Er fliegt von Mailand aus zurück. Ich darf mich auf keinem Flughafen blicken lassen, stimmt’s, Harry?«
Harry fuhr sich mit dem Handrücken über seinen Mund. Danny war nicht nur bei klarem Verstand, sondern offenbar fest entschlossen, irgendwie nach Rom zu gelangen.
»Danny, die Leute kennen uns aus dem Fernsehen, aus jeder Zeitung. Wie weit würden wir deiner Meinung nach in Italien kommen?«
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»Wir haben es nach Lugano geschafft, wir können es nach Rom schaffen.«
Harry studierte seinen Bruder, um so vielleicht die Antwort zu bekommen, die der ihm verweigerte. »Erst vor kurzem hast du mich aufgefordert, von hier zu verschwinden, wenn mir mein Leben lieb ist. Jetzt verlangst du von mir, daß ich wieder in den Feuerofen springe. Woher kommt dieser Sinneswandel?«
»Vor kurzem habe ich die Lage noch nicht gekannt.«
»Was ist denn die Lage?«
Danny gab keine Antwort.
Harry ließ nicht locker. »Im Vatikan, meine ich. Was zum Teufel geht dort vor?«
Danny schwieg weiter hartnäckig.
»Marsciano hat mir und allen anderen einreden wollen, du seist tot«, stellte Harry fest. »Er hat versucht, dich zu schützen. ›Sie werden beide liquidiert‹, hat er mir erklärt. ›Ihr Bruder, weil er zuviel weiß, und Sie, weil man vermuten wird, er habe es Ihnen erzählt.‹
Das gilt jetzt natürlich auch für Elena. Wenn du willst, daß ich mein Leben und deines und ihres aufs Spiel setze, will ich wenigstens alles erfahren, verdammt noch mal!«
»Ich darf nicht.« Dannys Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
»Sag mir den Grund dafür«, verlangte Harry energisch.
»Ich…« Danny zögerte noch immer.
»Ich will den Grund dafür wissen!«
Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen, bis Danny antwortete: »In deiner Branche gibt es das Anwaltsgeheimnis, Harry. In meiner gilt das Beichtgeheimnis. Verstehst du jetzt?«
»Marsciano hat bei dir gebeichtet?« Harry war verblüfft. An diese Möglichkeit hatte er nie gedacht.
»Ich habe nicht gesagt, wer mir was gebeichtet hat, Harry. Ich habe dir nur erklärt, warum ich nicht darüber reden darf.«
Harry wandte sich ab und starrte aus dem Fenster über Lugano.
Zum erstenmal in ihrem Erwachsenenleben hatte er den Wunsch, Danny solle genügend Vertrauen zu ihm haben, um ihm die Wahrheit zu sagen. Aber jetzt war klar, daß er das nicht konnte.
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»Harry«, sagte Danny ruhig. »Kardinal Marsciano wird im Vatikan gefangengehalten. Wenn ich nicht komme, bringen sie ihn um.«
Harry drehte sich nach ihm um. »Wer ist ›sie‹? Farel?«
»Der vatikanische Sekretär des Auswärtigen. Kardinal Palestrina.«
»Warum?« wiederholte Harry leise.
Sein Bruder schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf. »Darf ich nicht sagen.«
Harry baute sich vor Danny auf. »Sie wollen dich im Tausch gegen Marsciano, das ist der Deal, stimmt’s?«
»Ja. Aber da täuschen sie sich«, sagte Danny. »Pater Bardoni und ich holen den Kardinal da raus. Deshalb ist er allein zurückgereist –
um die nötigen Vorbereitungen zu treffen und weil wir nicht riskieren durften, gemeinsam zu reisen und gemeinsam geschnappt zu werden.«
»Ihr beide wollt Marsciano aus dem Vatikan rausholen?« Harry starrte seinen Bruder ungläubig an. »Zwei Männer, einer davon im Rollstuhl, gegen Farel und den Staatssekretär des Auswärtigen?
Danny, da kämpft ihr nicht
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