Des Teufels Kardinal
nur gegen zwei mächtige Männer, sondern gegen ein ganzes Land!«
Danny nickte. »Ja, ich weiß.«
»Du bist verrückt.«
»Nein, ich gehe methodisch vor. Ich plane alles ganz genau. Das ist zu schaffen. Vergiß nicht, daß ich bei der Marineinfanterie gewesen bin. Beim Militär habe ich ein paar Tricks gelernt…«
»Nein«, sagte Harry bestimmt.
»Nein, was?« fragte Danny besorgt.
»Nein, Punktum!« antwortete Harry nachdrücklich. »Ich habe dich damals nicht wie versprochen aus Maine rausgeholt, aber das mache ich jetzt wieder gut – von New York nach Rom nach Como nach Bellagio und nach Lugano. Nun, jetzt bin ich hier. Und ich werde dafür sorgen, daß du hier rauskommst. Aber nicht nach Rom, sondern nach Genf. Ich sehe zu, daß wir dort hinkommen, damit wir uns dem Internationalen Roten Kreuz stellen können. Und ich kann nur hoffen, daß möglichst großes Aufsehen uns ein vernünftiges Maß an persönlicher Sicherheit garantiert.«
386
Harry wandte sich ab und ging zur Tür. Seine Hand lag auf der Klinke, als er sich zu Danny umwandte. »Der ganze Rest ist mir völlig egal, Bruderherz, solange ich nur dich nicht verliere. Nicht für Marsciano oder den Heiligen Stuhl, nicht für Farel oder Palestrina oder sonst jemand.« Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab.
»Ich habe nicht vor, dich an sie zu verlieren, wie ich damals Madeline ans Eis verloren habe.«
Harry schaute Danny sekundenlang an, um sich zu vergewissern, daß er verstanden worden war. Dann öffnete er die Tür und wollte den Raum verlassen.
»Wer ich bin ist ich!« Die laute Stimme hinter ihm traf Harry wie ein Messerstich zwischen die Schultern. Er blieb wie angenagelt stehen. Als er sich langsam umdrehte, sah er Dannys Blick auf sich gerichtet.
»Erinnerst du dich an deinen dreizehnten Geburtstag? Da hast du diese mit Kreide geschriebenen Worte auf einem Felsen gesehen, als du auf dem Heimweg von der Schule den langen Umweg gemacht hast, den du immer gegangen bist, wenn du nicht heimkommen wolltest. Und an diesem Tag hast du es mit dem Heimkommen erst recht nicht eilig gehabt.«
Harry merkte, daß er weiche Knie bekam. »Das hast du geschrieben?«
»Das ist mein Geschenk gewesen, Harry. Das einzige, das ich für dich hatte. Du solltest Selbstvertrauen gewinnen, weil nur das uns weiterhelfen konnte. Und du hast es gewonnen. Du bist damit aufgewachsen. Du hast dein Leben darauf aufgebaut. Und du bist damit verdammt erfolgreich gewesen.« Nach kurzer Pause sprach Danny eindringlich weiter. »Ich muß unbedingt nach Rom zurück, Harry.
Diesmal brauche ich ein Geschenk, und du bist der einzige, der mir helfen kann.«
Harry stand fast eine Minute lang unbeweglich da. Danny hatte seinen Trumpf ausgespielt, den einzigen, den er besaß. Zuletzt kam Harry in den Raum zurück und schloß die Tür hinter sich.
»Wie zum Teufel sollen wir nach Rom kommen?«
»Damit.«
387
Danny nahm einen langen braunen Umschlag vom Nachttisch und ließ etwas herausgleiten: zwei weiße Autokennzeichen mit der schwarzen Beschriftung SCV 13.
»Autokennzeichen aus Vatikanstadt, Harry. Diplomatenkennzeichen mit sehr niedriger Nummer. Ein Wagen mit dieser Nummer wird nirgends angehalten oder kontrolliert.«
Harry sah langsam auf.
»Welcher Wagen?« fragte er.
388
113
17.25 Uhr
Der Rabbiner-Look war out, statt dessen war Harry wieder Pater Jonathan Arthur Roe von der Georgetown University, der im nachmittäglichen Berufsverkehr durch Lugano unterwegs war und nach dem grauen Mercedes Ausschau hielt, den Pater Bardoni für sie gemietet und in der hinter dem Bahnhof ansteigenden Via Tomaso abgestellt hatte.
Véroniques Wegbeschreibung folgend, fuhr er mit der Seilbahn zur Piazza della Stazione hinauf, überquerte den Platz und betrat das Bahnhofsgebäude. Er hielt seinen Kopf gesenkt und bemühte sich, möglichst niemanden anzusehen, während er sich auf der Suche nach der zur Via Tomaso hinaufführenden Treppe durch die wartenden Reisenden schlängelte.
Seine Gedanken waren mit der Frage beschäftigt, wie sie nach Rom gelangen sollten, ohne geschnappt zu werden. Und was mit Elena geschehen sollte. In seinem Gefühlsaufruhr traf ihn völlig unerwartet, was er plötzlich vor sich hatte, als er um eine Ecke bog.
Uniformierte Polizisten, gleich ein halbes Dutzend, tauchten vor ihm aus der Menge auf und marschierten zielbewußt zu einem gerade einfahrenden Zug. Den wahren Schock lösten jedoch nicht die Polizisten, sondern die von ihnen eskortierten
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