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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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nun nicht mehr an die kaiserliche Tafel geladen. Dienstboten brachten mir die Mahlzeiten in meine Gemächer, die mir gleichzeitig als Laboratorien dienten; manchmal erfuhr ich von einem etwas von dem Klatsch bei Hofe. Sonst besuchte mich keine Menschenseele mehr.
    Der Missachtung und Gleichgültigkeit müde, welche mir bei Hofe entgegenschlug, stahl ich mich eines Tages davon, um meine Verbitterung in Branntwein zu ertränken. In einer Schenke mit dem Namen »Der Schwarze Adler« (sie existiert bis heute und verfügt noch immer über einen gewissen Ruf in unlauteren Kreisen) sprach ich dem gepanschten Wein derart heftig zu, dass ich zuletzt meinem Unmut Worte verlieh.
    Während ich lautstark des Kaisers Launen verfluchte, trat ein junger Mann mit rotblondem Haar an meinen Tisch. »Ihr kommt
vom Hradschin?«, fragte er mich. Und er lächelte, als ich bejahte. »Nennt mich Lišek«, sagte er und nahm an meinem Tisch Platz. In jener Nacht fand ich meinen ersten Freund in Prag. Nachdem sich meine Tiraden gegen Kaiser und Hofgesellschaft erschöpft hatten, warnte Lišek mich sanft. »Ihr wandelt auf gefährlichen Pfaden, mein Herr. Was, wenn ich nun ein Höfling wäre, der nichts anderes im Sinn hätte, als dem Kanzler Lobkovicz von Euren Schmähreden zu berichten?«
    Doch ich antwortet: »Wenn ich hängen sollte, was kümmert es mich! Wer will schon in einer Welt leben, in der wir den Narren nicht beim Namen nennen dürfen.«
    Daraufhin raunte mir Lišek zu, dass ich am nächsten Abend wiederkommen sollte und er mir seine Freunde vorstellen würde.
    Mit gemischten Gefühlen betrat ich anderntags den »Schwarzen Adler«. Mein Groll fußte schließlich allein in verletztem Ehrempfinden. Keineswegs stand mir der Sinn danach, in umstürzlerischen Kreisen zu verkehren. Dennoch ließ ich es zu, dass Lišek sich freundschaftlich bei mir einhakte und mich durch verschiedenste Gassen und Hinterhöfe in einen Keller führte, in dem sich in spärlichem Kerzenschein bereits einige Herren versammelt hatten.
    »Seht, des Kaisers vergessener Alchemist«, begrüßt mich einer, den ich als den jüngsten Herrn zu Šternberg erkannte. Beklommen verneigte ich mich tief. Ein gutes Dutzend feiner Herren hatte sich um die Tafel eingefunden. Kaum einer von ihnen war mir unbekannt: Die meisten sah ich täglich bei Hofe.
    »Keine Scheu, uns alle verbindet ein gemeinsamer Feind«, raunte mir Lišek zu. Ein stämmiger Herr in farbenfrohen Beinkleidern hob seinen Becher: »Brüder!«, rief er, und das Treffen begann.
     
    Lišek und die Seinen planten die Revolution; so viel hatte ich begriffen, als ich Stunden später erschöpft zur Burg zurückkehrte. Von Aufbegehren und Unfreiheit hatten sie gesprochen, von einem
Böhmen, das nicht länger Land der Knechte, Land der Schwachen genannt werden sollte. Und schöne Worte waren es gewesen! Selbst ich, der ich doch nur Fremder war, hatte voll Inbrunst das Lied der Freiheit mit meinen neuen Brüdern gesungen.
    Woran es diesen revolutionären Geistern jedoch ganz offensichtlich mangelte, war die Gabe, Ideen in Taten zu wandeln! Wochen, Monate zogen ins Land. Bei jedem Treffen – zu denen ich mittlerweile regelmäßig geladen wurde – besprachen wir die neuesten Eskapaden des kaiserlichen Hofs, wo maßlos geprasst und verschwendet wurde. Immer wieder riefen wir uns die Notwendigkeit eines böhmischen Herrschers über Böhmen in Erinnerung. Doch darüber hinaus taten wir nicht sonderlich viel.
    Eines Tages lud Šternberg uns alle zu einem Fest in sein Palais. Zahlreiche Herren von Adel und die schönsten, vornehmsten Damen Prags würden zugegen sein, versicherte er mir nicht ohne Stolz. Ich nahm die Gelegenheit, in die Prager Gesellschaft eingeführt zu werden, mit der ich in den vergangenen Wochen und Monaten so schändlich wenig in Berührung gekommen war, dankend wahr.
    Im Laufe jenes Abends beobachtete ich Lišek sehr genau, bewunderte ich aufs Neue seine Gewandtheit und Eleganz: Obwohl er weder gut aussehend war – allzu schlank war er, mit nahezu hagerem Gesicht, in dem hellgraue, wache Augen blitzten – noch einen großen Namen trug, schienen ihm doch die meisten Damen und auch einige der jüngeren Herren geradezu verfallen zu sein. Er selbst tat, als ob er es nicht bemerkte.
    Nun war er Mittelpunkt einer erhitzten Unterhaltung geworden. Ich näherte mich vorsichtig, um zu erfahren, was vorgefallen war: Lišek hatte sich darüber mokiert, dass sich alle Personen von Stand in schlechtem

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