Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
Vom Netzwerk:
einziges Haar zu sehen war, nicht auf dem Kopf und auch nicht an den Brauen. Während die vier jungen Leute mit sich beschäftigt waren, lauschte allein dieser alte Mann den Worten Hans Mergels. Und der war wieder einmal so sehr in seinem Element, dass er die Ankunft Annas überhaupt nicht bemerkte.
    Erst als Anna sich räusperte und fragte, ob sie sich dazusetzen dürfte, schaute Mergel auf und strahlte über das ganze alte, liebenswürdige Gesicht.
    »Anna, was machst du denn hier? Hast du mich vermisst?«
    »Und ob ich das habe. Dachte schon, du willst einfach gehen, ohne mir Lebewohl zu sagen.«
    »Niemals, Anna, niemals. Würde mich doch nicht davon-stehlen! Und wenn ich ginge, dann doch nur mit dir, nach dem, was wir alles miteinander erlebt haben.«
    Mergel genoss es sichtlich, vor der ganzen Runde den Anschein zu erwecken, dass er sich in der ständigen Begleitung einer solch jungen Frau befand, und es war ihm offensichtlich nicht unangenehm, dass die Qualität ihrer Verbindung für spekulationen offen blieb.
    »Das ist übrigens ein guter Kamerad aus alten Landsknechttagen, Hein Jansen von der schönen Insel sylt. Eigentlich müssTE der sich bei den Schweden rumtreiben, habe ihn aber hier bei den Kaiserlichen angetroffen. Was man nicht so alles macht, um am Leben zu bleiben, nicht wahr, Hein?«
    »Jo, jo.«
    Mehr sagte der andere Alte nicht, und das schien Mergel mehr als recht zu sein, blieb doch dadurch genügend Zeit für die eigenen Worte, von denen er bekanntlich mehr als genug auf Lager hatte.
    »Ja, den Hein habe ich kennengelernt, das war nach der schlacht von Wimpfen. Ist damals vom Mansfeld zu Tilly übergelaufen, der Hein. Da waren wir noch ein bisschen jünger, aber auch nur ein bisschen. Schon damals alte Knochen. Wie man sieht, währt das Alte am längsten. sind halt zäh wie Zunder, solche Methusalems wie wir. Denen kann Krieg, Kälte, Hunger und Pest nichts anhaben, während die Jungen wie die Fliegen sterben. Nicht wahr, Hein?«
    Hein nickte.
    »Willst du mich nach Hause holen, Anna?«, fragte Mergel, sich an seine Begleiterin wendend.
    »Nein, du kannst natürlich machen, was du willst. Aber nach dem Rechten wollte ich schon einmal sehen. Muss doch wissen, ob es dir gut geht. Du weißt ja …«, und Anna zeigte auf sein fehlendes Bein.
    »Ja, das muss ich dir auch noch erzählen, Hein, das mit meinem Bein. Wollte nicht mehr bei mir bleiben, ist einfach auf und davon. Wache auf, und es ist weg. Ja, und das Ganze kam so …«
    Anna merkte, dass es keinen Sinn hatte, auf den Alten zu warten. Sie unterbrach ihn nur noch ein einziges Mal, um ihn zu fragen, wann sie denn einmal kurz unter vier Augen mit ihm reden könne. Und da Hans Mergel es genoss, den Anschein zu erwecken, Geheimnisse mit Anna zu haben, brach er seine Erzählung sofort ab und bat Anna, ihm aufzuhelfen, damit sie sich hinter dem Zelt in Ruhe besprechen könnten.
    »Was gibt es denn so Wichtiges, Anna?«, fragte Mergel und machte es sich auf einem umgedrehten Holztrog bequem.
    Und dann sprudelte es aus Anna heraus: »Das Morden geht weiter, schon lange. Es hat nie aufgehört. Ich habe schon mit Kaspar und sogar mit Bracht darüber gesprochen. Beide haben es bestätigt. Auch in unserem Dorf hat es bereits einen Fall gegeben, ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Ich will dich nicht beunruhigen, weil du doch so an Liese gehangen hast, aber jetzt, wo Kaspar tot ist, wüsste ich niemanden, der sich sonst für mich umhören könnte. Und ich will, dass das endlich ein Ende hat.«
    »Wieso rollst du das immer wieder auf, Anna? Lass es gut sein.« Hans Mergel wurde ernst. »Es hat keinen sinn. Du hast selbst gesehen, wohin das bei Liese geführt hat, und auch wir sind nur um Haaresbreite davongekommen. Manchmal ist es besser, die Augen zu verschließen, Anna. Lass es sein, ich bitte dich darum.«
    »Du willst mir also nichts dazu sagen.«
    »Ich weiß nichts, und ich will auch nichts wissen.«
    »Ich habe aber mit eigenen Augen gesehen, wie er die Rosi, die Magd aus unserem Dorf, wie er sie getötet hat. Er war es. Das weiß ich genau, weil Rosi eine sanduhr bekommen hat, einen Tag vor ihrem Tod.«
    Hans Mergel zog die Augenbrauen hoch und biss sich auf die Lippen.
    »Komm, wir gehen wieder nach vorn, und dann erzähle ich ein paar lustige Geschichten, die der schweigsame Hein und ich so erlebt haben.«
    Er wollte also ganz und gar nicht. Anna musste sich damit abfinden. Sie verabschiedete sich und ließ sich von Mergel noch das

Weitere Kostenlose Bücher