Des Teufels Werk
meine Eltern anriefen, nervös zusammen und schaute abends, wenn es dunkel wurde, argwöhnisch aus den Fenstern. Zum ersten Mal seit meiner Ankunft war mir nicht wohl so allein, und meine Mutter bekam das eines Abends mit, als ich am Telefon beharrlich schweigend darauf wartete, dass sie zuerst etwas sagen würde. »Was ist los?«, fragte sie.
Ich sagte ihr die Wahrheit, weil ich nicht wollte, dass sie sich Schlimmeres einbildete. Sie war durchaus fähig, Dorset mit irakischen Rebellen und El-Kaida-Terroristen zu bevölkern. Nachdem sie mir zugehört hatte, ohne mich zu unterbrechen, sagte sie nur: »Du fühlst dich einsam, hm? Sollen Dad und ich nächstes Wochenende runterkommen?«
»Ich dachte, ihr wolltet nach Brighton.«
»Das können wir absagen.«
»Nein«, sagte ich. »Tut das nicht. Ende des Monats kommt ihr sowieso. Bis dahin schaffe ich's schon.«
Sie zögerte einen Moment. »Ich liege wahrscheinlich völlig verkehrt, Connie«, sagte sie dann, »das kennt man ja von mir, aber so wie du es schilderst, ist Jess dir eine bessere Freundin als Madeleine. Erinnerst du dich an Geraldine Summers – Geraldine und Reggie –, sie hatten zwei Söhne ungefähr in deinem Alter, die zum Studium nach Amerika gegangen sind?«
»Düster. Ist das die Dicke, die immer mit Riesentorten aufkreuzte, die keiner aß?«
»Genau. Sie wohnten knapp fünfzig Kilometer von uns entfernt. Reggie war Tabakpflanzer, und Geraldine war vor der Ehe Lehrerin. Die beiden hatten sich in England kennen gelernt, als er dort Urlaub machte, und nach zwei Monaten waren sie verheiratet. Es war ein entsetzlicher Fehler. Reggie hatte nie in seinem Leben ein Buch gelesen, und Geraldine hatte keine Ahnung, wie einsam die Farm lag. Sie glaubte, sie würde mitten in einer größeren Gemeinde leben und könnte dort eine Anstellung als Lehrerin finden – und musste dann feststellen, dass sie allenfalls von Reggie und vom Radio ein wenig Unterhaltung erhoffen konnte.«
»Ich erinnere mich jetzt an ihn«, sagte ich erbittert. »So ein feister Kerl, der sich mit Gin voll laufen ließ und dreckige Witze erzählte.«
Meine Mutter lachte. »Richtig. Er wurde noch schlimmer, als die Jungen kamen. Die hatten Geraldines Intelligenz mitbekommen, und er hatte Mühe, mit ihnen Schritt zu halten. Er hat noch mehr getrunken, weil er sich einbildete, im Suff wäre er geistreich.« Sie hielt nachdenklich inne. »Er hat mir immer ein bisschen Leid getan. Mit einer Kuhmagd und zwei strammen Jungs, die am liebsten auf dem Traktor hocken, wäre er glücklicher geworden.«
Ich hätte gern gewusst, warum sie mir diese Geschichte erzählte. »Was ist aus den beiden geworden? Sind sie noch zusammen? Leben sie noch in Simbabwe?«
»Reggie und Geraldine? Sie sind nach Südafrika gegangen. Reggie ging es offenbar nicht gut. Geraldine schrieb mir in einem Brief zu Weihnachten, er sei das vergangene Jahr über immer wieder im Krankenhaus gewesen. Ich habe ihr zurückgeschrieben, aber bis jetzt keine Antwort bekommen.« Sie kehrte zum Thema zurück. »Ich wollte eigentlich sagen, dass Geraldine mich anfangs ganz verrückt gemacht hat. Sie sah deinen Vater und mich als Kontrastprogramm zu Reggie an und saß ständig bei uns herum, weil sie zu Hause so unglücklich war. Mir blieb schließlich nichts andres übrig, als ihr knallhart zu sagen, dass es uns zu viel sei. Das war ziemlich schwierig, und sie hat's auch ganz schlecht vertragen.«
»Wieso, was hat sie getan?«
»Na ja, allzu schlimm war es nicht. Ich bekam ungefähr eine Woche später einen bösen Brief ohne Unterschrift und ein paar komische Anrufe. Danach habe ich sie zwei Jahre lang nicht mehr gesehen – sie bekam ihr erstes Kind und arrangierte sich wohl irgendwie mit ihrem Leben. Die Arme. Dann trafen wir uns zufällig auf einer Party in Bulawayo wieder. Es war ihr entsetzlich peinlich. Sie konnte gar nicht mehr aufhören, sich dafür zu entschuldigen, dass sie uns lästig gefallen war, und gestand sogar, dass sie hinter dem Brief und den Anrufen gesteckt hatte.«
»Und was hast du gesagt?«
»Dass eigentlich ich mich für meine Lieblosigkeit entschuldigen müsste. Sie könne sich nicht vorstellen, wie Leid es mir getan habe, sie zurückgestoßen zu haben – auch wenn ihre Besuche manchmal wirklich lästig gewesen seien. Geraldine war so begeistert über diesen glücklichen Ausgang der Dinge, dass sie gleich wieder anfing, uns auf die Nerven zu gehen – und diesmal mussten wir es uns gefallen lassen. Aber
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